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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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konnte, welcher inzwischen einem Rufe an die neu begründete Uni¬
versität Bonn gefolgt war. Auch der weitere Nachweis, welchen
Jordan von seiner wissenschaftlichen Befähigung durch seine gleich¬
zeitig in Landshut herausgegebene Schrift "über die Auslegung der
Strafgesetze mit besonderer Rücksicht aus das gemeine Recht" gege¬
ben hatte, vermochte den ihm feindlichen Widerstand nicht zu be¬
wältigen. Man bestand darauf, daß sich Jordan einer Prüfung bei
dem Lyceum zu München unterwerfen sollte, und diese Anforderung
beleidigte seinen Stolz als Doctor zweier Facultäten. Er nahm die
Bedingung nicht an und verzichtete dadurch auf den gewünschten
Lehrstuhl. Aber gleich darauf eröffnete sich ihm eine andere Aus¬
sicht zur Erreichung seines Zweckes. Von dem badischen Staats¬
rathe Eichrodt wurde ihm die Hoffnung auf Verleihung einer der
nächsten zur Erledigung gelangenden Professuren an der Universität
Freiburg im Breisgau eröffnet und Veranlassung gegeben, bis da¬
hin einstweilen auf der anderen badischen Universität zu Heidelberg
als Privatdocent der Rechtswissenschaft aufzutreten. Er begab sich
nach Heidelberg, wo er am 14. Sept. 1820 anlangte und mit dem
Beginn des Wintersemesters seine Vorlesungen an der dastgen Uni¬
versität eröffnete, nachdem er durch eine öffentliche Vorlesung, eine
öffentliche Disputation über streitige Rechtssätze und ein Programm
den dazu erforderlichen academischen Förmlichkeiten in hergebrachter
Weise Genüge geleistet hatte.

Unter andern ihm werthvollen Bekanntschaften machte er dort
die des churhessischen Geh, Cabinetsrathcs Dr. Ullrich Friedrich
Kopp, welcher damals als Privatmann in Mannheim lebte. Durch
die Vermittelung dieses Mannes, mit welchem er aufs innigste be¬
freundet wurde, erhielt Jordan im darauffolgenden Jahre einen Ruf
als außerordentlicher Professor der Rechte an die churhcssische Lan¬
desuniversität zu Marburg mit 400 Thalern Gehalt und Vergütung
der Umzugskosten mit 50 Thalern. Da zur Erfüllung der von dem
badischen Staatsrathe Eichrodt ihm gemachten Hoffnung auf eine
Professur bei der Universität Freiburg damals gerade keine nahelie¬
gende Aussicht offen stand, so folgte Jordan demselben, und bereits
am 27. September 182.1 langte er behufs deö Antrittes seiner neuen
Stelle in Marburg an.

Nun säumte Jordan auch nicht länger, seinem Glücke die er-


konnte, welcher inzwischen einem Rufe an die neu begründete Uni¬
versität Bonn gefolgt war. Auch der weitere Nachweis, welchen
Jordan von seiner wissenschaftlichen Befähigung durch seine gleich¬
zeitig in Landshut herausgegebene Schrift „über die Auslegung der
Strafgesetze mit besonderer Rücksicht aus das gemeine Recht" gege¬
ben hatte, vermochte den ihm feindlichen Widerstand nicht zu be¬
wältigen. Man bestand darauf, daß sich Jordan einer Prüfung bei
dem Lyceum zu München unterwerfen sollte, und diese Anforderung
beleidigte seinen Stolz als Doctor zweier Facultäten. Er nahm die
Bedingung nicht an und verzichtete dadurch auf den gewünschten
Lehrstuhl. Aber gleich darauf eröffnete sich ihm eine andere Aus¬
sicht zur Erreichung seines Zweckes. Von dem badischen Staats¬
rathe Eichrodt wurde ihm die Hoffnung auf Verleihung einer der
nächsten zur Erledigung gelangenden Professuren an der Universität
Freiburg im Breisgau eröffnet und Veranlassung gegeben, bis da¬
hin einstweilen auf der anderen badischen Universität zu Heidelberg
als Privatdocent der Rechtswissenschaft aufzutreten. Er begab sich
nach Heidelberg, wo er am 14. Sept. 1820 anlangte und mit dem
Beginn des Wintersemesters seine Vorlesungen an der dastgen Uni¬
versität eröffnete, nachdem er durch eine öffentliche Vorlesung, eine
öffentliche Disputation über streitige Rechtssätze und ein Programm
den dazu erforderlichen academischen Förmlichkeiten in hergebrachter
Weise Genüge geleistet hatte.

Unter andern ihm werthvollen Bekanntschaften machte er dort
die des churhessischen Geh, Cabinetsrathcs Dr. Ullrich Friedrich
Kopp, welcher damals als Privatmann in Mannheim lebte. Durch
die Vermittelung dieses Mannes, mit welchem er aufs innigste be¬
freundet wurde, erhielt Jordan im darauffolgenden Jahre einen Ruf
als außerordentlicher Professor der Rechte an die churhcssische Lan¬
desuniversität zu Marburg mit 400 Thalern Gehalt und Vergütung
der Umzugskosten mit 50 Thalern. Da zur Erfüllung der von dem
badischen Staatsrathe Eichrodt ihm gemachten Hoffnung auf eine
Professur bei der Universität Freiburg damals gerade keine nahelie¬
gende Aussicht offen stand, so folgte Jordan demselben, und bereits
am 27. September 182.1 langte er behufs deö Antrittes seiner neuen
Stelle in Marburg an.

Nun säumte Jordan auch nicht länger, seinem Glücke die er-


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[0348] konnte, welcher inzwischen einem Rufe an die neu begründete Uni¬ versität Bonn gefolgt war. Auch der weitere Nachweis, welchen Jordan von seiner wissenschaftlichen Befähigung durch seine gleich¬ zeitig in Landshut herausgegebene Schrift „über die Auslegung der Strafgesetze mit besonderer Rücksicht aus das gemeine Recht" gege¬ ben hatte, vermochte den ihm feindlichen Widerstand nicht zu be¬ wältigen. Man bestand darauf, daß sich Jordan einer Prüfung bei dem Lyceum zu München unterwerfen sollte, und diese Anforderung beleidigte seinen Stolz als Doctor zweier Facultäten. Er nahm die Bedingung nicht an und verzichtete dadurch auf den gewünschten Lehrstuhl. Aber gleich darauf eröffnete sich ihm eine andere Aus¬ sicht zur Erreichung seines Zweckes. Von dem badischen Staats¬ rathe Eichrodt wurde ihm die Hoffnung auf Verleihung einer der nächsten zur Erledigung gelangenden Professuren an der Universität Freiburg im Breisgau eröffnet und Veranlassung gegeben, bis da¬ hin einstweilen auf der anderen badischen Universität zu Heidelberg als Privatdocent der Rechtswissenschaft aufzutreten. Er begab sich nach Heidelberg, wo er am 14. Sept. 1820 anlangte und mit dem Beginn des Wintersemesters seine Vorlesungen an der dastgen Uni¬ versität eröffnete, nachdem er durch eine öffentliche Vorlesung, eine öffentliche Disputation über streitige Rechtssätze und ein Programm den dazu erforderlichen academischen Förmlichkeiten in hergebrachter Weise Genüge geleistet hatte. Unter andern ihm werthvollen Bekanntschaften machte er dort die des churhessischen Geh, Cabinetsrathcs Dr. Ullrich Friedrich Kopp, welcher damals als Privatmann in Mannheim lebte. Durch die Vermittelung dieses Mannes, mit welchem er aufs innigste be¬ freundet wurde, erhielt Jordan im darauffolgenden Jahre einen Ruf als außerordentlicher Professor der Rechte an die churhcssische Lan¬ desuniversität zu Marburg mit 400 Thalern Gehalt und Vergütung der Umzugskosten mit 50 Thalern. Da zur Erfüllung der von dem badischen Staatsrathe Eichrodt ihm gemachten Hoffnung auf eine Professur bei der Universität Freiburg damals gerade keine nahelie¬ gende Aussicht offen stand, so folgte Jordan demselben, und bereits am 27. September 182.1 langte er behufs deö Antrittes seiner neuen Stelle in Marburg an. Nun säumte Jordan auch nicht länger, seinem Glücke die er-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/348>, abgerufen am 05.02.2025.