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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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tern, und nahm von ihnen, im Vorgefühle, daß er sie nicht wie¬
dersehen werde, für diesseits des Grabes Abschied.

Er ging nach Baiern und übernahm bei dem Landgerichte Ro-
senheim eine Stelle als Schreiber und Gehilfe, gab diese Stelle aber
bald wieder auf und, nachdem er in Landshut, wo eine Preisab¬
handlung von ihm "Ueber die Eintheilung der Philosophie in prak¬
tische und theoretische" eben gekrönt worden war, die Doctorwürde
in der philosophischen Facultät empfangen hatte, trat er eine Haus¬
lehrerstelle in München an, wo er zugleich die nöthigen Vorberei¬
tungen zu einem künftigen festen Lebensberufe zu treffen suchte. Seine
Neigung zum Lehrfache, sowie das Zurathen des Philosophen Hein¬
rich Jakobi, welcher ihn seines Umganges würdigte, veranlaßten ihn,
sich um eine Anstellung bei einer höheren wissenschaftlichen Lehran-
stalt zu bewerben. Von der Studiensection, bei welcher sich zwei
Freunde und Gönner Jordans, die Oberstudienrnthe Hauptmann
und Hobmann mit dem durch seine schon früher bewerkstelligten An<
ordnungen zur Verbesserung des Unterrichts, und Erziehungswesens
und zur Beförderung der Volkswohlfahrt in Baiern wohl verdienten
nachmaligen Justizminister v. Zentner als damaligen Vorstände an
der Spitze befanden, wurde ihm jedoch der wohlgemeinte Rath zu
Theil, statt dessen lieber das begonnene Studium der Rechtswissen¬
schaft zu vollenden, und ihm in diesem Falle eine Unterstützung aus
öffentlichen Mitteln durch Ertheilung eines Stipendiums in sichere
Aussicht gestellt. Mit einem jährlichen Stipendium von I40Gulden aus¬
gerüstet, bezog er denn auch von neuem im Winterhalbjahr I8jH die
Universität Landshut. Der allgemeinen Erregung, welche damals
durch die Universitäten Deutschlands ging und die Studirenden mit
Begeisterung für die Wiederherstellung eines einigen, freien und ge¬
waltigen Deutschlands erfüllte, Mb er fremd und fern; er zog eS
vor, sich mit einer zu der Richtung des Tages in schroffem Wider¬
spruche stehenden Selbstständigkeit auf seinen eigenen Gedankenkreis
zu beschränken. -- Im Sommer 1817 war seine Universitätszeit be¬
endet, er wurde Doctor der Rechte und trat die gerichtliche Praris
bei dem Landgerichte zu Landshut an, bei welcher ihm die verschie¬
denartigsten Geschäfte aus allen Fächern der Gerichtsverwaltung
übertragen wurden; außerdem beschäftigte er sich mit Fertigung ju¬
ristischer Schriften im Austrage eines dortigen Advocaten und fort-


tern, und nahm von ihnen, im Vorgefühle, daß er sie nicht wie¬
dersehen werde, für diesseits des Grabes Abschied.

Er ging nach Baiern und übernahm bei dem Landgerichte Ro-
senheim eine Stelle als Schreiber und Gehilfe, gab diese Stelle aber
bald wieder auf und, nachdem er in Landshut, wo eine Preisab¬
handlung von ihm „Ueber die Eintheilung der Philosophie in prak¬
tische und theoretische" eben gekrönt worden war, die Doctorwürde
in der philosophischen Facultät empfangen hatte, trat er eine Haus¬
lehrerstelle in München an, wo er zugleich die nöthigen Vorberei¬
tungen zu einem künftigen festen Lebensberufe zu treffen suchte. Seine
Neigung zum Lehrfache, sowie das Zurathen des Philosophen Hein¬
rich Jakobi, welcher ihn seines Umganges würdigte, veranlaßten ihn,
sich um eine Anstellung bei einer höheren wissenschaftlichen Lehran-
stalt zu bewerben. Von der Studiensection, bei welcher sich zwei
Freunde und Gönner Jordans, die Oberstudienrnthe Hauptmann
und Hobmann mit dem durch seine schon früher bewerkstelligten An<
ordnungen zur Verbesserung des Unterrichts, und Erziehungswesens
und zur Beförderung der Volkswohlfahrt in Baiern wohl verdienten
nachmaligen Justizminister v. Zentner als damaligen Vorstände an
der Spitze befanden, wurde ihm jedoch der wohlgemeinte Rath zu
Theil, statt dessen lieber das begonnene Studium der Rechtswissen¬
schaft zu vollenden, und ihm in diesem Falle eine Unterstützung aus
öffentlichen Mitteln durch Ertheilung eines Stipendiums in sichere
Aussicht gestellt. Mit einem jährlichen Stipendium von I40Gulden aus¬
gerüstet, bezog er denn auch von neuem im Winterhalbjahr I8jH die
Universität Landshut. Der allgemeinen Erregung, welche damals
durch die Universitäten Deutschlands ging und die Studirenden mit
Begeisterung für die Wiederherstellung eines einigen, freien und ge¬
waltigen Deutschlands erfüllte, Mb er fremd und fern; er zog eS
vor, sich mit einer zu der Richtung des Tages in schroffem Wider¬
spruche stehenden Selbstständigkeit auf seinen eigenen Gedankenkreis
zu beschränken. — Im Sommer 1817 war seine Universitätszeit be¬
endet, er wurde Doctor der Rechte und trat die gerichtliche Praris
bei dem Landgerichte zu Landshut an, bei welcher ihm die verschie¬
denartigsten Geschäfte aus allen Fächern der Gerichtsverwaltung
übertragen wurden; außerdem beschäftigte er sich mit Fertigung ju¬
ristischer Schriften im Austrage eines dortigen Advocaten und fort-


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[0346] tern, und nahm von ihnen, im Vorgefühle, daß er sie nicht wie¬ dersehen werde, für diesseits des Grabes Abschied. Er ging nach Baiern und übernahm bei dem Landgerichte Ro- senheim eine Stelle als Schreiber und Gehilfe, gab diese Stelle aber bald wieder auf und, nachdem er in Landshut, wo eine Preisab¬ handlung von ihm „Ueber die Eintheilung der Philosophie in prak¬ tische und theoretische" eben gekrönt worden war, die Doctorwürde in der philosophischen Facultät empfangen hatte, trat er eine Haus¬ lehrerstelle in München an, wo er zugleich die nöthigen Vorberei¬ tungen zu einem künftigen festen Lebensberufe zu treffen suchte. Seine Neigung zum Lehrfache, sowie das Zurathen des Philosophen Hein¬ rich Jakobi, welcher ihn seines Umganges würdigte, veranlaßten ihn, sich um eine Anstellung bei einer höheren wissenschaftlichen Lehran- stalt zu bewerben. Von der Studiensection, bei welcher sich zwei Freunde und Gönner Jordans, die Oberstudienrnthe Hauptmann und Hobmann mit dem durch seine schon früher bewerkstelligten An< ordnungen zur Verbesserung des Unterrichts, und Erziehungswesens und zur Beförderung der Volkswohlfahrt in Baiern wohl verdienten nachmaligen Justizminister v. Zentner als damaligen Vorstände an der Spitze befanden, wurde ihm jedoch der wohlgemeinte Rath zu Theil, statt dessen lieber das begonnene Studium der Rechtswissen¬ schaft zu vollenden, und ihm in diesem Falle eine Unterstützung aus öffentlichen Mitteln durch Ertheilung eines Stipendiums in sichere Aussicht gestellt. Mit einem jährlichen Stipendium von I40Gulden aus¬ gerüstet, bezog er denn auch von neuem im Winterhalbjahr I8jH die Universität Landshut. Der allgemeinen Erregung, welche damals durch die Universitäten Deutschlands ging und die Studirenden mit Begeisterung für die Wiederherstellung eines einigen, freien und ge¬ waltigen Deutschlands erfüllte, Mb er fremd und fern; er zog eS vor, sich mit einer zu der Richtung des Tages in schroffem Wider¬ spruche stehenden Selbstständigkeit auf seinen eigenen Gedankenkreis zu beschränken. — Im Sommer 1817 war seine Universitätszeit be¬ endet, er wurde Doctor der Rechte und trat die gerichtliche Praris bei dem Landgerichte zu Landshut an, bei welcher ihm die verschie¬ denartigsten Geschäfte aus allen Fächern der Gerichtsverwaltung übertragen wurden; außerdem beschäftigte er sich mit Fertigung ju¬ ristischer Schriften im Austrage eines dortigen Advocaten und fort-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/346>, abgerufen am 05.02.2025.