Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.kein Zutrauen mehr zu mir! Sie "vollen sich nicht ferner von Ih¬ Während dieser Rede war des Paters Auge wirklich naß ge¬ kein Zutrauen mehr zu mir! Sie »vollen sich nicht ferner von Ih¬ Während dieser Rede war des Paters Auge wirklich naß ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0267" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271528"/> <p xml:id="ID_765" prev="#ID_764"> kein Zutrauen mehr zu mir! Sie »vollen sich nicht ferner von Ih¬<lb/> rem Vater belehren lassen! Sie verschließen mit Absicht Ihr Herz<lb/> vor dem ewigen Gott, der sie gnädig in unsere Mitte geführt! —<lb/> Gut! So kann und null ich Sie nicht mehr zurückhalten. All meine<lb/> Mühen und Gebete sind an Ihrem Starrsinn leider gescheitert. Mö¬<lb/> gen Sie wenigstens so viel Kraft haben, daß Sie im Gewühle der<lb/> verderbten Welt ein guter christlicher Mann wcrvcn. Ich habe Sie<lb/> geliebt, wie keinen Zögling, und meine Liebe folgt Ihnen noch ins<lb/> Vaterland, obwohl Sie mir treulos geworden sind. — Schreiben<lb/> Sie noch in dieser Stunde an Ihre Eltern! Sobald die Antwort<lb/> kommt, sind Sie der Verpflichtung gegen diese Anstalt entbunden.<lb/> Bis dahin gilt die alte Hausordnung. — Was Ihren Aufsatz be¬<lb/> trifft, so enihält er viel Falsches und Freisinniges, das man leider<lb/> bei Ihnen zu Hans auch der katholischen Jugend lehrt. Darum<lb/> sieht es dort so schlimm ->us mit unserer heiligen Religion. Uebri-<lb/> gens führen Sie schon eine gewandte Feder. Hüten Sie sich, daß<lb/> Ihnen dieselbe nicht einst zur ewigen Verdammniß gereiche, und alö<lb/> Ihr Kläger auftrete vor dem Richterstuhl des ewigen Gottes! —<lb/> Ich gehe jetzt, eine schwere Pflicht zu erfüllen, denn ich muß unserm<lb/> hochwürdigsten General anzeigen, daß wir Sie wirklich verloren<lb/> haben. Seit ich Ihre Schrift gelesen, ist mir diese Pflicht doppelt<lb/> schwer geworden. Gern entließ ich manchen andern Zögling, könnte<lb/> ich dafür Sie wieder zurückkaufen. Aber Ihr Herz ist so hart, als<lb/> Ihr Verstand unersättlich, und die Thräne eines Vaters vermag Sie<lb/> nicht mehr zu rühren."</p><lb/> <p xml:id="ID_766" next="#ID_767"> Während dieser Rede war des Paters Auge wirklich naß ge¬<lb/> worden, und ich bin überzeugt, es flössen hier keine Thränen der<lb/> Verstellung über seine greise Wange hinab. Pater Landes kämpfte<lb/> im Ernst für eine Weltordnung, welche er als die allein wahre und<lb/> wohlthuende erkannte. Seinem heiligsten Glauben nach stand ich<lb/> wirklich an einem Abgrunde, und seine Worte hatten nichts gemein<lb/> mit jenen eines Egoisten oder unehrlichen Kupplers. Er meinte es<lb/> in der That aufrichtig nach seinen Begriffen von Religion und<lb/> Duldsamkeit. Ich habe ihm deshalb meine Achtung im Herzen nie<lb/> versagen können, und sie folgte ihm vor zwei Jahren auch aus der<lb/> Ferne nach ins Grab, denn es starb in ihm ein ausgeprägter Cha¬<lb/> rakter, ein ganzer Mann, der stets im Leben bereit war, Gut und</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0267]
kein Zutrauen mehr zu mir! Sie »vollen sich nicht ferner von Ih¬
rem Vater belehren lassen! Sie verschließen mit Absicht Ihr Herz
vor dem ewigen Gott, der sie gnädig in unsere Mitte geführt! —
Gut! So kann und null ich Sie nicht mehr zurückhalten. All meine
Mühen und Gebete sind an Ihrem Starrsinn leider gescheitert. Mö¬
gen Sie wenigstens so viel Kraft haben, daß Sie im Gewühle der
verderbten Welt ein guter christlicher Mann wcrvcn. Ich habe Sie
geliebt, wie keinen Zögling, und meine Liebe folgt Ihnen noch ins
Vaterland, obwohl Sie mir treulos geworden sind. — Schreiben
Sie noch in dieser Stunde an Ihre Eltern! Sobald die Antwort
kommt, sind Sie der Verpflichtung gegen diese Anstalt entbunden.
Bis dahin gilt die alte Hausordnung. — Was Ihren Aufsatz be¬
trifft, so enihält er viel Falsches und Freisinniges, das man leider
bei Ihnen zu Hans auch der katholischen Jugend lehrt. Darum
sieht es dort so schlimm ->us mit unserer heiligen Religion. Uebri-
gens führen Sie schon eine gewandte Feder. Hüten Sie sich, daß
Ihnen dieselbe nicht einst zur ewigen Verdammniß gereiche, und alö
Ihr Kläger auftrete vor dem Richterstuhl des ewigen Gottes! —
Ich gehe jetzt, eine schwere Pflicht zu erfüllen, denn ich muß unserm
hochwürdigsten General anzeigen, daß wir Sie wirklich verloren
haben. Seit ich Ihre Schrift gelesen, ist mir diese Pflicht doppelt
schwer geworden. Gern entließ ich manchen andern Zögling, könnte
ich dafür Sie wieder zurückkaufen. Aber Ihr Herz ist so hart, als
Ihr Verstand unersättlich, und die Thräne eines Vaters vermag Sie
nicht mehr zu rühren."
Während dieser Rede war des Paters Auge wirklich naß ge¬
worden, und ich bin überzeugt, es flössen hier keine Thränen der
Verstellung über seine greise Wange hinab. Pater Landes kämpfte
im Ernst für eine Weltordnung, welche er als die allein wahre und
wohlthuende erkannte. Seinem heiligsten Glauben nach stand ich
wirklich an einem Abgrunde, und seine Worte hatten nichts gemein
mit jenen eines Egoisten oder unehrlichen Kupplers. Er meinte es
in der That aufrichtig nach seinen Begriffen von Religion und
Duldsamkeit. Ich habe ihm deshalb meine Achtung im Herzen nie
versagen können, und sie folgte ihm vor zwei Jahren auch aus der
Ferne nach ins Grab, denn es starb in ihm ein ausgeprägter Cha¬
rakter, ein ganzer Mann, der stets im Leben bereit war, Gut und
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