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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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"er Beleuchtung der bedauerlichen Mainzer Angelegenheit beschäftigte,
und Andeutungen über ein ferneres Verhalten in dieser Sache gab.
Als endlich -- noch war eine halbe Stunde Zeit übrig -- die De¬
batte hierüber eröffnet werden sollte, erklärte ver Präsident, daß er
durch die oben mitgetheilte Kreisdirectorialvcrordnung sie zu gestatten
behindert sei. Wir wollen hier jedem Leser die Selbstbeantwortung
der Frage überlassen, ob die Regierungsbehörde gegen die über jenen
Gegenstand vorzunehmenden Berathungen eine anticipirende Censur
oder vielmehr ein Verbot des noch nicht gesprochenen Wortes zu er¬
lassen befugt gewesen war, wobei wir darauf hindeuten wollen, daß
der Dresdener Advokatenverein von der wohl zu rechtfertigenden An¬
sicht ausgegangen war, daß es einer Genehmigung zu der Versamm¬
lung und zu den Berathungen derselben überhaupt gar nicht bedürfe --
wir wollen, wie gesagt, mit dem Hinweis auf das unbestreitbare
Recht der gemeinsamen Besprechung von Standesinteressen unter
Standesgenossen, die Beantwortung jener Frage einem Jeden an¬
heimgegeben sein lassen; so viel ist aber gewiß, daß die Debatte
darüber nicht abgeschnitten werden konnte, welche Mittel der Verein
gegen jenes Berathungsverbot der Regierungsbehörde zur Wahrung
seiner Interessen zu ergreifen habe, ob der Weg der Beschwerdefüh¬
rung beschütten, oder sich mit einer einfachen, zu Protokoll nieder¬
zulegenden Verwahrung begnügt werden solle. Nach wenigen be¬
züglichen Bemerkungen und Anträgen ward das letztere beschlossen;
aber unverkennbar war die Versammlung durch diese Wendung der
Dinge so betreten und betroffen, daß sie sich in einer fühlbaren Mi߬
stimmung auflöste, und der Schluß einen Schlagschatten auf das
Ganze warf.

"Trotz alledem und alledem" ist aber jedenfalls durch die Cor.
stituirung des allgemeinen, sächsischen Advokatenvereins ein wichtiger
Schritt für den Stand geschehen, ein Grund gelegt, auf welchen sich
weiter süßen läßt. Als Ort der nächsten, allgemeinen Versammlung
des künftigen Jahres ward durch Stimmenmehrheit Leipzig erwählt,
und hoffentlich -- denn Hoffnung bleibt ja doch einmal das Loo-
sungswort -- sind bis dahin Maßnahmen ergriffen, durch welche
die der Berathung über eine allgemeine, deutsche AnwaltSversamm-
lung vorgeschobenen Schlagbäume beseitigt sind.


»er Beleuchtung der bedauerlichen Mainzer Angelegenheit beschäftigte,
und Andeutungen über ein ferneres Verhalten in dieser Sache gab.
Als endlich — noch war eine halbe Stunde Zeit übrig — die De¬
batte hierüber eröffnet werden sollte, erklärte ver Präsident, daß er
durch die oben mitgetheilte Kreisdirectorialvcrordnung sie zu gestatten
behindert sei. Wir wollen hier jedem Leser die Selbstbeantwortung
der Frage überlassen, ob die Regierungsbehörde gegen die über jenen
Gegenstand vorzunehmenden Berathungen eine anticipirende Censur
oder vielmehr ein Verbot des noch nicht gesprochenen Wortes zu er¬
lassen befugt gewesen war, wobei wir darauf hindeuten wollen, daß
der Dresdener Advokatenverein von der wohl zu rechtfertigenden An¬
sicht ausgegangen war, daß es einer Genehmigung zu der Versamm¬
lung und zu den Berathungen derselben überhaupt gar nicht bedürfe —
wir wollen, wie gesagt, mit dem Hinweis auf das unbestreitbare
Recht der gemeinsamen Besprechung von Standesinteressen unter
Standesgenossen, die Beantwortung jener Frage einem Jeden an¬
heimgegeben sein lassen; so viel ist aber gewiß, daß die Debatte
darüber nicht abgeschnitten werden konnte, welche Mittel der Verein
gegen jenes Berathungsverbot der Regierungsbehörde zur Wahrung
seiner Interessen zu ergreifen habe, ob der Weg der Beschwerdefüh¬
rung beschütten, oder sich mit einer einfachen, zu Protokoll nieder¬
zulegenden Verwahrung begnügt werden solle. Nach wenigen be¬
züglichen Bemerkungen und Anträgen ward das letztere beschlossen;
aber unverkennbar war die Versammlung durch diese Wendung der
Dinge so betreten und betroffen, daß sie sich in einer fühlbaren Mi߬
stimmung auflöste, und der Schluß einen Schlagschatten auf das
Ganze warf.

„Trotz alledem und alledem" ist aber jedenfalls durch die Cor.
stituirung des allgemeinen, sächsischen Advokatenvereins ein wichtiger
Schritt für den Stand geschehen, ein Grund gelegt, auf welchen sich
weiter süßen läßt. Als Ort der nächsten, allgemeinen Versammlung
des künftigen Jahres ward durch Stimmenmehrheit Leipzig erwählt,
und hoffentlich — denn Hoffnung bleibt ja doch einmal das Loo-
sungswort — sind bis dahin Maßnahmen ergriffen, durch welche
die der Berathung über eine allgemeine, deutsche AnwaltSversamm-
lung vorgeschobenen Schlagbäume beseitigt sind.


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[0249] »er Beleuchtung der bedauerlichen Mainzer Angelegenheit beschäftigte, und Andeutungen über ein ferneres Verhalten in dieser Sache gab. Als endlich — noch war eine halbe Stunde Zeit übrig — die De¬ batte hierüber eröffnet werden sollte, erklärte ver Präsident, daß er durch die oben mitgetheilte Kreisdirectorialvcrordnung sie zu gestatten behindert sei. Wir wollen hier jedem Leser die Selbstbeantwortung der Frage überlassen, ob die Regierungsbehörde gegen die über jenen Gegenstand vorzunehmenden Berathungen eine anticipirende Censur oder vielmehr ein Verbot des noch nicht gesprochenen Wortes zu er¬ lassen befugt gewesen war, wobei wir darauf hindeuten wollen, daß der Dresdener Advokatenverein von der wohl zu rechtfertigenden An¬ sicht ausgegangen war, daß es einer Genehmigung zu der Versamm¬ lung und zu den Berathungen derselben überhaupt gar nicht bedürfe — wir wollen, wie gesagt, mit dem Hinweis auf das unbestreitbare Recht der gemeinsamen Besprechung von Standesinteressen unter Standesgenossen, die Beantwortung jener Frage einem Jeden an¬ heimgegeben sein lassen; so viel ist aber gewiß, daß die Debatte darüber nicht abgeschnitten werden konnte, welche Mittel der Verein gegen jenes Berathungsverbot der Regierungsbehörde zur Wahrung seiner Interessen zu ergreifen habe, ob der Weg der Beschwerdefüh¬ rung beschütten, oder sich mit einer einfachen, zu Protokoll nieder¬ zulegenden Verwahrung begnügt werden solle. Nach wenigen be¬ züglichen Bemerkungen und Anträgen ward das letztere beschlossen; aber unverkennbar war die Versammlung durch diese Wendung der Dinge so betreten und betroffen, daß sie sich in einer fühlbaren Mi߬ stimmung auflöste, und der Schluß einen Schlagschatten auf das Ganze warf. „Trotz alledem und alledem" ist aber jedenfalls durch die Cor. stituirung des allgemeinen, sächsischen Advokatenvereins ein wichtiger Schritt für den Stand geschehen, ein Grund gelegt, auf welchen sich weiter süßen läßt. Als Ort der nächsten, allgemeinen Versammlung des künftigen Jahres ward durch Stimmenmehrheit Leipzig erwählt, und hoffentlich — denn Hoffnung bleibt ja doch einmal das Loo- sungswort — sind bis dahin Maßnahmen ergriffen, durch welche die der Berathung über eine allgemeine, deutsche AnwaltSversamm- lung vorgeschobenen Schlagbäume beseitigt sind.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/249>, abgerufen am 05.02.2025.