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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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Anwaltsversammlung, und das Finale dieses erbaulichen Concerts
war die freiwillige Aufgabe der zugestutztem Concession Seiten des
Mainzer Comites.

Die sächsische Staatsregierung hatte damals ihren Anwälten
den Besuch der Mainzer Versammlung nicht untersagt, und als da¬
her einzelne deutsche Sachwalter sich zur Zeit deS ausgeschriebenen
Tages privatim in Mainz zusammenfanden und besprachen, in wie
weit man die Hoffnung, dieses traurige Erbtheil der harrenden
Deutschen auf das spätere Gelingen deö in seinem Keime erstickten
Unternehmens festzuhalten habe, da wurde von mehreren anwesen¬
den sächsischen Anwälten auf die aus dem NichtVerbote zu abstrahi-
rende Liberalität ihrer Negierung hingewiesen, und die örtliche Mög-
lichkeit einer spätern deutschen Anwaltsversammlung nach Sachsen
gelegt. Leipzig, den großen Markt des intellektuellen Verkehrs durch
die Presse hatte man als Sitz der Versammlung ausersehen; allein
es geschah Nichts zu einer Ausführung deS Unternommenen, bis
endlich der Dresdner Advokatenverein die lose flatternden Fäden
aufgriff, um nicht das Ganze in den Schooß der Vergessenheit sin¬
ken zu lassen. Wohl fühlte dieser Verein, daß zu einer nach Sach¬
sen zu berufenden Versammlung der deutschen Anwälte zuvörderst
eine Basis in dem sächsischen Advokatenstande selbst insofern fehlte,
als er bis jetzt zu einem Ganzen sich noch nicht constituirt hatte.
ES ward daher beschlossen, vor Allem eine Versammlung der säch¬
sischen Anwälte zu berufen, und bei derselben zugleich zu berathen,
in welcher Weise die Ausschreibung eines allgemeinen deutschen An-
waltStages nach Sachsen für die nächste Zeit ermöglicht werden
könne. Bei den Vereinshandlungen hierüber und über die Statt-
haftigkeit der Versammlung überhaupt war man darüber einverstan¬
den, daß es der Einholung einer Genehmigung der Negierung nicht
bedürft, daß man sich vielmehr nur mit der Anzeige zu begnügen
habe. Die öffentliche Einladung, in welcher zugleich die Berathungs¬
gegenstände kürzlich angedeutet waren, ward erlassen, allein noch
bevor die Versammlungstage herangerückt waren, erging an den
Vorstand des Vereins ein Erlaß der Kreisdirektion zu Dresden,
nach welchem das Ministerium des Innern in Ansehung der beab¬
sichtigten Besprechung über Veranstaltung einer allgemeinen deutschen
Anwaltversammlung die Gestattung einer solchen im Königreiche


Anwaltsversammlung, und das Finale dieses erbaulichen Concerts
war die freiwillige Aufgabe der zugestutztem Concession Seiten des
Mainzer Comites.

Die sächsische Staatsregierung hatte damals ihren Anwälten
den Besuch der Mainzer Versammlung nicht untersagt, und als da¬
her einzelne deutsche Sachwalter sich zur Zeit deS ausgeschriebenen
Tages privatim in Mainz zusammenfanden und besprachen, in wie
weit man die Hoffnung, dieses traurige Erbtheil der harrenden
Deutschen auf das spätere Gelingen deö in seinem Keime erstickten
Unternehmens festzuhalten habe, da wurde von mehreren anwesen¬
den sächsischen Anwälten auf die aus dem NichtVerbote zu abstrahi-
rende Liberalität ihrer Negierung hingewiesen, und die örtliche Mög-
lichkeit einer spätern deutschen Anwaltsversammlung nach Sachsen
gelegt. Leipzig, den großen Markt des intellektuellen Verkehrs durch
die Presse hatte man als Sitz der Versammlung ausersehen; allein
es geschah Nichts zu einer Ausführung deS Unternommenen, bis
endlich der Dresdner Advokatenverein die lose flatternden Fäden
aufgriff, um nicht das Ganze in den Schooß der Vergessenheit sin¬
ken zu lassen. Wohl fühlte dieser Verein, daß zu einer nach Sach¬
sen zu berufenden Versammlung der deutschen Anwälte zuvörderst
eine Basis in dem sächsischen Advokatenstande selbst insofern fehlte,
als er bis jetzt zu einem Ganzen sich noch nicht constituirt hatte.
ES ward daher beschlossen, vor Allem eine Versammlung der säch¬
sischen Anwälte zu berufen, und bei derselben zugleich zu berathen,
in welcher Weise die Ausschreibung eines allgemeinen deutschen An-
waltStages nach Sachsen für die nächste Zeit ermöglicht werden
könne. Bei den Vereinshandlungen hierüber und über die Statt-
haftigkeit der Versammlung überhaupt war man darüber einverstan¬
den, daß es der Einholung einer Genehmigung der Negierung nicht
bedürft, daß man sich vielmehr nur mit der Anzeige zu begnügen
habe. Die öffentliche Einladung, in welcher zugleich die Berathungs¬
gegenstände kürzlich angedeutet waren, ward erlassen, allein noch
bevor die Versammlungstage herangerückt waren, erging an den
Vorstand des Vereins ein Erlaß der Kreisdirektion zu Dresden,
nach welchem das Ministerium des Innern in Ansehung der beab¬
sichtigten Besprechung über Veranstaltung einer allgemeinen deutschen
Anwaltversammlung die Gestattung einer solchen im Königreiche


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[0246] Anwaltsversammlung, und das Finale dieses erbaulichen Concerts war die freiwillige Aufgabe der zugestutztem Concession Seiten des Mainzer Comites. Die sächsische Staatsregierung hatte damals ihren Anwälten den Besuch der Mainzer Versammlung nicht untersagt, und als da¬ her einzelne deutsche Sachwalter sich zur Zeit deS ausgeschriebenen Tages privatim in Mainz zusammenfanden und besprachen, in wie weit man die Hoffnung, dieses traurige Erbtheil der harrenden Deutschen auf das spätere Gelingen deö in seinem Keime erstickten Unternehmens festzuhalten habe, da wurde von mehreren anwesen¬ den sächsischen Anwälten auf die aus dem NichtVerbote zu abstrahi- rende Liberalität ihrer Negierung hingewiesen, und die örtliche Mög- lichkeit einer spätern deutschen Anwaltsversammlung nach Sachsen gelegt. Leipzig, den großen Markt des intellektuellen Verkehrs durch die Presse hatte man als Sitz der Versammlung ausersehen; allein es geschah Nichts zu einer Ausführung deS Unternommenen, bis endlich der Dresdner Advokatenverein die lose flatternden Fäden aufgriff, um nicht das Ganze in den Schooß der Vergessenheit sin¬ ken zu lassen. Wohl fühlte dieser Verein, daß zu einer nach Sach¬ sen zu berufenden Versammlung der deutschen Anwälte zuvörderst eine Basis in dem sächsischen Advokatenstande selbst insofern fehlte, als er bis jetzt zu einem Ganzen sich noch nicht constituirt hatte. ES ward daher beschlossen, vor Allem eine Versammlung der säch¬ sischen Anwälte zu berufen, und bei derselben zugleich zu berathen, in welcher Weise die Ausschreibung eines allgemeinen deutschen An- waltStages nach Sachsen für die nächste Zeit ermöglicht werden könne. Bei den Vereinshandlungen hierüber und über die Statt- haftigkeit der Versammlung überhaupt war man darüber einverstan¬ den, daß es der Einholung einer Genehmigung der Negierung nicht bedürft, daß man sich vielmehr nur mit der Anzeige zu begnügen habe. Die öffentliche Einladung, in welcher zugleich die Berathungs¬ gegenstände kürzlich angedeutet waren, ward erlassen, allein noch bevor die Versammlungstage herangerückt waren, erging an den Vorstand des Vereins ein Erlaß der Kreisdirektion zu Dresden, nach welchem das Ministerium des Innern in Ansehung der beab¬ sichtigten Besprechung über Veranstaltung einer allgemeinen deutschen Anwaltversammlung die Gestattung einer solchen im Königreiche

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/246>, abgerufen am 05.02.2025.