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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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Royer-Collard.



Der so eben verstorbene französische Deputirte Nover-Collard ist
ein schlagender Beweis für die Nichtigkeit des menschlichen Ruhmes
in Uebergangsepochen, in jenen Zeiten, in welchen die alte Ordnung
der Dinge nicht mehr und die neue noch nicht eristirt, in jenen Zei¬
ten, wo Alles -- Menschen und Dinge -- nur versucht wird, wo
nichts Stich hält, nichts dauert, wo für einen Namen, welcher fort¬
lebt, für einen Debanken, welcher bleibt, tausend Gedanken, tausend
Namen auftauchen, einen Tag lang glänzen und dann verlöschen:
Rover-Collard hat länger als einen Tag geglänzt, Rover - Collard
war einige Jahre hindurch der mächtigste Redner der Kammer und
der beliebteste Anhänger der Monarchie in ganz Frankreich. In dem
Augenblicke, in welchem sieben Wahlcollegicn sich um die Ehre strit¬
ten, ihm ihre Vollmacht zu übergeben, trugen die Weiber der Halle
seine Köchin im Triumphe herum, hallte die französische Presse von
Lobpreisungen desselben wieder. Was blieb von allein diesem Lärm
übrig? ein Echo, welches von Tag zu Tag schwächer wurden einige
schöne Reden, verscharrt in dem Moniteur, jenem ungeheuern Kirch¬
hofe, den blos fleischfressende Thiere durchwühlen, welche man Bio¬
graphen nennt. Und doch gehört Rover-Collard der Geschichte an,
denn er ist enge verknüpft mit allen Erinnerungen an eine Epoche,
die nicht ohne eine gewisse Größe war.

Pierre Paul Rover-Collard wurde zu Sompuis in der Cham¬
pagne am 21. Juni 1763 geboren und stammte aus einer in ihrer
Gegend sehr angesehenen Familie von ackerbauenden Grundbesitzern.


Royer-Collard.



Der so eben verstorbene französische Deputirte Nover-Collard ist
ein schlagender Beweis für die Nichtigkeit des menschlichen Ruhmes
in Uebergangsepochen, in jenen Zeiten, in welchen die alte Ordnung
der Dinge nicht mehr und die neue noch nicht eristirt, in jenen Zei¬
ten, wo Alles — Menschen und Dinge — nur versucht wird, wo
nichts Stich hält, nichts dauert, wo für einen Namen, welcher fort¬
lebt, für einen Debanken, welcher bleibt, tausend Gedanken, tausend
Namen auftauchen, einen Tag lang glänzen und dann verlöschen:
Rover-Collard hat länger als einen Tag geglänzt, Rover - Collard
war einige Jahre hindurch der mächtigste Redner der Kammer und
der beliebteste Anhänger der Monarchie in ganz Frankreich. In dem
Augenblicke, in welchem sieben Wahlcollegicn sich um die Ehre strit¬
ten, ihm ihre Vollmacht zu übergeben, trugen die Weiber der Halle
seine Köchin im Triumphe herum, hallte die französische Presse von
Lobpreisungen desselben wieder. Was blieb von allein diesem Lärm
übrig? ein Echo, welches von Tag zu Tag schwächer wurden einige
schöne Reden, verscharrt in dem Moniteur, jenem ungeheuern Kirch¬
hofe, den blos fleischfressende Thiere durchwühlen, welche man Bio¬
graphen nennt. Und doch gehört Rover-Collard der Geschichte an,
denn er ist enge verknüpft mit allen Erinnerungen an eine Epoche,
die nicht ohne eine gewisse Größe war.

Pierre Paul Rover-Collard wurde zu Sompuis in der Cham¬
pagne am 21. Juni 1763 geboren und stammte aus einer in ihrer
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[0024] Royer-Collard. Der so eben verstorbene französische Deputirte Nover-Collard ist ein schlagender Beweis für die Nichtigkeit des menschlichen Ruhmes in Uebergangsepochen, in jenen Zeiten, in welchen die alte Ordnung der Dinge nicht mehr und die neue noch nicht eristirt, in jenen Zei¬ ten, wo Alles — Menschen und Dinge — nur versucht wird, wo nichts Stich hält, nichts dauert, wo für einen Namen, welcher fort¬ lebt, für einen Debanken, welcher bleibt, tausend Gedanken, tausend Namen auftauchen, einen Tag lang glänzen und dann verlöschen: Rover-Collard hat länger als einen Tag geglänzt, Rover - Collard war einige Jahre hindurch der mächtigste Redner der Kammer und der beliebteste Anhänger der Monarchie in ganz Frankreich. In dem Augenblicke, in welchem sieben Wahlcollegicn sich um die Ehre strit¬ ten, ihm ihre Vollmacht zu übergeben, trugen die Weiber der Halle seine Köchin im Triumphe herum, hallte die französische Presse von Lobpreisungen desselben wieder. Was blieb von allein diesem Lärm übrig? ein Echo, welches von Tag zu Tag schwächer wurden einige schöne Reden, verscharrt in dem Moniteur, jenem ungeheuern Kirch¬ hofe, den blos fleischfressende Thiere durchwühlen, welche man Bio¬ graphen nennt. Und doch gehört Rover-Collard der Geschichte an, denn er ist enge verknüpft mit allen Erinnerungen an eine Epoche, die nicht ohne eine gewisse Größe war. Pierre Paul Rover-Collard wurde zu Sompuis in der Cham¬ pagne am 21. Juni 1763 geboren und stammte aus einer in ihrer Gegend sehr angesehenen Familie von ackerbauenden Grundbesitzern.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/24>, abgerufen am 05.02.2025.