Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.Censur in Oestreich öder in Rußland an." -- Michel, du bist un¬ Censur in Oestreich öder in Rußland an." — Michel, du bist un¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0237" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271498"/> <p xml:id="ID_667" prev="#ID_666" next="#ID_668"> Censur in Oestreich öder in Rußland an." — Michel, du bist un¬<lb/> vergleichlich! — Censur ist dir schon zum Bedürfniß geworden; sie<lb/> ist ein integrirender, wichtiger Theil des Pupillen-Collegiums, welchem<lb/> du wohl nie und nimmer entwächsest. — Viele halten die geschärften<lb/> Cmsurinstructioncn für einen Bescheid auf die Petitionen um Pre߬<lb/> freiheit, welche von vielen rheinischen Städten unserm letzten Land¬<lb/> tage überreicht wurden. Nun, Gedanken und Meinungen sind zoll¬<lb/> frei; wir können nicht behaupten, daß sie Recht haben, eben so wenig<lb/> aber auch das Gegentheil. — Unter schönen Auspizien wird Herr<lb/> Brüggemann, welcher, wie bekannt, Herrn Karl Ändree bei der<lb/> Redaktion der kölnischen Zeitung ersetzt, bei dergestalteter Sache sein<lb/> neues Amt antreten. Wir wollen hoffen, daß er einen guten Ma¬<lb/> gen hat, denn er wird bei uns gar Manches und Mancherlei zu ver¬<lb/> dauen kriegen; haben doch die Münchner politischen Blätter und ihre<lb/> Coda das Anathema schon über Herrn I. Dumont ausgesprochen,<lb/> weil er so gottlos ist, einem Manne, welcher die Adresse der sogenannten<lb/> Lichtfreunde mit zu unterzeichnen sich unterfangen, einen Theil der Re¬<lb/> daction der Cölnischen Zeitung zu übertragen. Niedrige Persönlich¬<lb/> keit, hämische Bosheit und blasser Neid sprudeln ihren Geifer<lb/> in den Blättern, welche sich mit dem Titel der Kämpfer für das<lb/> wahre Christenthum, für die apostolisch-katholische Kirche brüsten, über<lb/> ihn aus. Warum? Weildie Cölnische Zeitung I Auflage hat und nicht<lb/> mit in ihr Horn stoßen will. Sie finden mit ihren Kapuzinaden und<lb/> Diatriben aber hier in Cöln keine Sympathien, es sei denn im Cle¬<lb/> mens-August-Verein, der aus Männern besteht, welche alle würdig, in<lb/> Huttcns L>>iz>nur.>ze.-c. zu figuriren. Aber auch diese Dinge nehmen sich<lb/> aus der Ferne immer schwärzer und ärger aus als sie in der Wirk¬<lb/> lichkeit sind. Es ist in der That bei uns so schlimm nicht, wenn<lb/> auch in unsern Mauern der Rheinische Beobachter erscheint, und mit<lb/> jedem Tage ein neuer Verein unter den Auspizien eines Kirchen¬<lb/> patrons in's Leben tritt, ja sogar der Verein des h. Carolus Bor¬<lb/> romäus einen Direktorialsitz bei uns hat. Was man auch thut,<lb/> welche Mittel auch versucht werden, wie man auch schlau und fein<lb/> zu benebeln und zu fanatisircn bemüht ist, der eigentliche blinde Ab¬<lb/> solutismus und Ultramontanismus werden hier nie Wurzel fassen,<lb/> dafür ist man hier zu lebensfroh und zu gesund an der Seele, wie<lb/> sich dies bei jeder Gelegenheit kund giebt, wo der Eine oder Andere<lb/> sich einen Uebergriff erlaubt,'und auf die Masse im ultramontanistischen<lb/> Geiste einwirken will. So war vor weniger Zeit wieder ein gewisser<lb/> Moritz Beust hier, der sich Doktor nennt und am Rhein vor<lb/> etwa zwei Jahren in Religion spekulirte. Nämlich, da er ein Jude<lb/> und wenn wir nicht irren, ein Frankfurter war, so versuchte er,<lb/> nachdem es mit seiner literarischen Industrie-Ritterschaft nicht mehr<lb/> fort wollte, nachdem er auf andere Namen gepumpt und geborgt und</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0237]
Censur in Oestreich öder in Rußland an." — Michel, du bist un¬
vergleichlich! — Censur ist dir schon zum Bedürfniß geworden; sie
ist ein integrirender, wichtiger Theil des Pupillen-Collegiums, welchem
du wohl nie und nimmer entwächsest. — Viele halten die geschärften
Cmsurinstructioncn für einen Bescheid auf die Petitionen um Pre߬
freiheit, welche von vielen rheinischen Städten unserm letzten Land¬
tage überreicht wurden. Nun, Gedanken und Meinungen sind zoll¬
frei; wir können nicht behaupten, daß sie Recht haben, eben so wenig
aber auch das Gegentheil. — Unter schönen Auspizien wird Herr
Brüggemann, welcher, wie bekannt, Herrn Karl Ändree bei der
Redaktion der kölnischen Zeitung ersetzt, bei dergestalteter Sache sein
neues Amt antreten. Wir wollen hoffen, daß er einen guten Ma¬
gen hat, denn er wird bei uns gar Manches und Mancherlei zu ver¬
dauen kriegen; haben doch die Münchner politischen Blätter und ihre
Coda das Anathema schon über Herrn I. Dumont ausgesprochen,
weil er so gottlos ist, einem Manne, welcher die Adresse der sogenannten
Lichtfreunde mit zu unterzeichnen sich unterfangen, einen Theil der Re¬
daction der Cölnischen Zeitung zu übertragen. Niedrige Persönlich¬
keit, hämische Bosheit und blasser Neid sprudeln ihren Geifer
in den Blättern, welche sich mit dem Titel der Kämpfer für das
wahre Christenthum, für die apostolisch-katholische Kirche brüsten, über
ihn aus. Warum? Weildie Cölnische Zeitung I Auflage hat und nicht
mit in ihr Horn stoßen will. Sie finden mit ihren Kapuzinaden und
Diatriben aber hier in Cöln keine Sympathien, es sei denn im Cle¬
mens-August-Verein, der aus Männern besteht, welche alle würdig, in
Huttcns L>>iz>nur.>ze.-c. zu figuriren. Aber auch diese Dinge nehmen sich
aus der Ferne immer schwärzer und ärger aus als sie in der Wirk¬
lichkeit sind. Es ist in der That bei uns so schlimm nicht, wenn
auch in unsern Mauern der Rheinische Beobachter erscheint, und mit
jedem Tage ein neuer Verein unter den Auspizien eines Kirchen¬
patrons in's Leben tritt, ja sogar der Verein des h. Carolus Bor¬
romäus einen Direktorialsitz bei uns hat. Was man auch thut,
welche Mittel auch versucht werden, wie man auch schlau und fein
zu benebeln und zu fanatisircn bemüht ist, der eigentliche blinde Ab¬
solutismus und Ultramontanismus werden hier nie Wurzel fassen,
dafür ist man hier zu lebensfroh und zu gesund an der Seele, wie
sich dies bei jeder Gelegenheit kund giebt, wo der Eine oder Andere
sich einen Uebergriff erlaubt,'und auf die Masse im ultramontanistischen
Geiste einwirken will. So war vor weniger Zeit wieder ein gewisser
Moritz Beust hier, der sich Doktor nennt und am Rhein vor
etwa zwei Jahren in Religion spekulirte. Nämlich, da er ein Jude
und wenn wir nicht irren, ein Frankfurter war, so versuchte er,
nachdem es mit seiner literarischen Industrie-Ritterschaft nicht mehr
fort wollte, nachdem er auf andere Namen gepumpt und geborgt und
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