Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

nige besonders bewohnten, ist ein Ungeheuer von Bauwerk in Be¬
tracht der Größe. Ringsum stützen ihn Pfeiler. In diesem Gebäude
lagen bis zum Jahre 1610, wo Sigismund Hi. die Residenz von
Krakau nach Warschau verlegte, die Reichsinstgiuen; in ihm hatten
bis zu dieser Zeit auch die Krönungen stattgefunden.

Ehedem hat dieser riesenhafte Palast von Pracht gestrotzt; jeder
der alten polnischen Könige hatte ihn mit architektonischen oder an¬
deren Kostbarkeiten bereichert. Von denen freilich ist gegenwärtig
nur hier und dort noch die Spur zu finden. Feuersbrünste haben
einige Kostbarkeiten, von denen uns die Geschichte berichtet, geraubt,
durch die Fremdherrschaft aber sind alle verloren gegangen.

Ehe Oesterreich die Stadt Krakau überkam (vor dem Jahre
1796), schmückten herrliche Marmorstuccaturen das Schloßgebäude,
in den Gemächern der alten Könige hingen kostbare Gemälde --
ausschließlich von italienischen Meistern, -- wundervoll gewirkte Sei¬
dentapeten bekleideten die Wände, Marmorstatuen verzierten die Ge¬
simse der Kamine und Thüren lind die Nischen in den Fenstermauern,
an den Decken hafteten herrliche Stuccaturstücke, zwischen denen die
reichsten Goldverzierungen blitzten, und zwischen den prachtvollen
Decken und den schönen Marmorfußbüdcn hingen Kronleuchter von
Gold, Silber und Krystall, die sowohl in der Künstlichkeit ihres
Baues, als in ihrer Masse einen kaum berechenbaren Werth besaßen.

Von allen diesen Reichthümern und Kostbarkeiten, welche die alten
Könige Polens umgeben hatten, fand ich jetzt nichts mehr. Wäh¬
rend der Zeit von 1796 bis 1809, in welcher Krakau in der Hand
Oesterreichs war, sind dieselben dem alten polnischen Königsschlosse
entnommen und, wie man in Krakau hört, nach Wien gebracht
worden.

Diese Attribute des alten Königthumes waren den national¬
stolzen, in Vaterlandsliebe fast schwärmerischen Polen unendlich viel
werth, sie waren ihnen verehrte Denkmäler, Heiligthümer, und so
würde man ihretwegen auf Oesterreich zürnen mögen, beachtete man
nicht, daß durch dasselbe den Polen doch auch unendlich viel Gutes
gestiftet worden ist. Denn daß Krakau sammt jenem Theile Polens
unter der dreizehnjährigen Herrschaft Oesterreichs mehr gewonnen
hat, als in den ganzen vorhergehenden zwei Jahrhunderten, das ist


nige besonders bewohnten, ist ein Ungeheuer von Bauwerk in Be¬
tracht der Größe. Ringsum stützen ihn Pfeiler. In diesem Gebäude
lagen bis zum Jahre 1610, wo Sigismund Hi. die Residenz von
Krakau nach Warschau verlegte, die Reichsinstgiuen; in ihm hatten
bis zu dieser Zeit auch die Krönungen stattgefunden.

Ehedem hat dieser riesenhafte Palast von Pracht gestrotzt; jeder
der alten polnischen Könige hatte ihn mit architektonischen oder an¬
deren Kostbarkeiten bereichert. Von denen freilich ist gegenwärtig
nur hier und dort noch die Spur zu finden. Feuersbrünste haben
einige Kostbarkeiten, von denen uns die Geschichte berichtet, geraubt,
durch die Fremdherrschaft aber sind alle verloren gegangen.

Ehe Oesterreich die Stadt Krakau überkam (vor dem Jahre
1796), schmückten herrliche Marmorstuccaturen das Schloßgebäude,
in den Gemächern der alten Könige hingen kostbare Gemälde —
ausschließlich von italienischen Meistern, — wundervoll gewirkte Sei¬
dentapeten bekleideten die Wände, Marmorstatuen verzierten die Ge¬
simse der Kamine und Thüren lind die Nischen in den Fenstermauern,
an den Decken hafteten herrliche Stuccaturstücke, zwischen denen die
reichsten Goldverzierungen blitzten, und zwischen den prachtvollen
Decken und den schönen Marmorfußbüdcn hingen Kronleuchter von
Gold, Silber und Krystall, die sowohl in der Künstlichkeit ihres
Baues, als in ihrer Masse einen kaum berechenbaren Werth besaßen.

Von allen diesen Reichthümern und Kostbarkeiten, welche die alten
Könige Polens umgeben hatten, fand ich jetzt nichts mehr. Wäh¬
rend der Zeit von 1796 bis 1809, in welcher Krakau in der Hand
Oesterreichs war, sind dieselben dem alten polnischen Königsschlosse
entnommen und, wie man in Krakau hört, nach Wien gebracht
worden.

Diese Attribute des alten Königthumes waren den national¬
stolzen, in Vaterlandsliebe fast schwärmerischen Polen unendlich viel
werth, sie waren ihnen verehrte Denkmäler, Heiligthümer, und so
würde man ihretwegen auf Oesterreich zürnen mögen, beachtete man
nicht, daß durch dasselbe den Polen doch auch unendlich viel Gutes
gestiftet worden ist. Denn daß Krakau sammt jenem Theile Polens
unter der dreizehnjährigen Herrschaft Oesterreichs mehr gewonnen
hat, als in den ganzen vorhergehenden zwei Jahrhunderten, das ist


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0212" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271473"/>
            <p xml:id="ID_572" prev="#ID_571"> nige besonders bewohnten, ist ein Ungeheuer von Bauwerk in Be¬<lb/>
tracht der Größe. Ringsum stützen ihn Pfeiler. In diesem Gebäude<lb/>
lagen bis zum Jahre 1610, wo Sigismund Hi. die Residenz von<lb/>
Krakau nach Warschau verlegte, die Reichsinstgiuen; in ihm hatten<lb/>
bis zu dieser Zeit auch die Krönungen stattgefunden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_573"> Ehedem hat dieser riesenhafte Palast von Pracht gestrotzt; jeder<lb/>
der alten polnischen Könige hatte ihn mit architektonischen oder an¬<lb/>
deren Kostbarkeiten bereichert. Von denen freilich ist gegenwärtig<lb/>
nur hier und dort noch die Spur zu finden. Feuersbrünste haben<lb/>
einige Kostbarkeiten, von denen uns die Geschichte berichtet, geraubt,<lb/>
durch die Fremdherrschaft aber sind alle verloren gegangen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_574"> Ehe Oesterreich die Stadt Krakau überkam (vor dem Jahre<lb/>
1796), schmückten herrliche Marmorstuccaturen das Schloßgebäude,<lb/>
in den Gemächern der alten Könige hingen kostbare Gemälde &#x2014;<lb/>
ausschließlich von italienischen Meistern, &#x2014; wundervoll gewirkte Sei¬<lb/>
dentapeten bekleideten die Wände, Marmorstatuen verzierten die Ge¬<lb/>
simse der Kamine und Thüren lind die Nischen in den Fenstermauern,<lb/>
an den Decken hafteten herrliche Stuccaturstücke, zwischen denen die<lb/>
reichsten Goldverzierungen blitzten, und zwischen den prachtvollen<lb/>
Decken und den schönen Marmorfußbüdcn hingen Kronleuchter von<lb/>
Gold, Silber und Krystall, die sowohl in der Künstlichkeit ihres<lb/>
Baues, als in ihrer Masse einen kaum berechenbaren Werth besaßen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_575"> Von allen diesen Reichthümern und Kostbarkeiten, welche die alten<lb/>
Könige Polens umgeben hatten, fand ich jetzt nichts mehr. Wäh¬<lb/>
rend der Zeit von 1796 bis 1809, in welcher Krakau in der Hand<lb/>
Oesterreichs war, sind dieselben dem alten polnischen Königsschlosse<lb/>
entnommen und, wie man in Krakau hört, nach Wien gebracht<lb/>
worden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_576" next="#ID_577"> Diese Attribute des alten Königthumes waren den national¬<lb/>
stolzen, in Vaterlandsliebe fast schwärmerischen Polen unendlich viel<lb/>
werth, sie waren ihnen verehrte Denkmäler, Heiligthümer, und so<lb/>
würde man ihretwegen auf Oesterreich zürnen mögen, beachtete man<lb/>
nicht, daß durch dasselbe den Polen doch auch unendlich viel Gutes<lb/>
gestiftet worden ist. Denn daß Krakau sammt jenem Theile Polens<lb/>
unter der dreizehnjährigen Herrschaft Oesterreichs mehr gewonnen<lb/>
hat, als in den ganzen vorhergehenden zwei Jahrhunderten, das ist</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0212] nige besonders bewohnten, ist ein Ungeheuer von Bauwerk in Be¬ tracht der Größe. Ringsum stützen ihn Pfeiler. In diesem Gebäude lagen bis zum Jahre 1610, wo Sigismund Hi. die Residenz von Krakau nach Warschau verlegte, die Reichsinstgiuen; in ihm hatten bis zu dieser Zeit auch die Krönungen stattgefunden. Ehedem hat dieser riesenhafte Palast von Pracht gestrotzt; jeder der alten polnischen Könige hatte ihn mit architektonischen oder an¬ deren Kostbarkeiten bereichert. Von denen freilich ist gegenwärtig nur hier und dort noch die Spur zu finden. Feuersbrünste haben einige Kostbarkeiten, von denen uns die Geschichte berichtet, geraubt, durch die Fremdherrschaft aber sind alle verloren gegangen. Ehe Oesterreich die Stadt Krakau überkam (vor dem Jahre 1796), schmückten herrliche Marmorstuccaturen das Schloßgebäude, in den Gemächern der alten Könige hingen kostbare Gemälde — ausschließlich von italienischen Meistern, — wundervoll gewirkte Sei¬ dentapeten bekleideten die Wände, Marmorstatuen verzierten die Ge¬ simse der Kamine und Thüren lind die Nischen in den Fenstermauern, an den Decken hafteten herrliche Stuccaturstücke, zwischen denen die reichsten Goldverzierungen blitzten, und zwischen den prachtvollen Decken und den schönen Marmorfußbüdcn hingen Kronleuchter von Gold, Silber und Krystall, die sowohl in der Künstlichkeit ihres Baues, als in ihrer Masse einen kaum berechenbaren Werth besaßen. Von allen diesen Reichthümern und Kostbarkeiten, welche die alten Könige Polens umgeben hatten, fand ich jetzt nichts mehr. Wäh¬ rend der Zeit von 1796 bis 1809, in welcher Krakau in der Hand Oesterreichs war, sind dieselben dem alten polnischen Königsschlosse entnommen und, wie man in Krakau hört, nach Wien gebracht worden. Diese Attribute des alten Königthumes waren den national¬ stolzen, in Vaterlandsliebe fast schwärmerischen Polen unendlich viel werth, sie waren ihnen verehrte Denkmäler, Heiligthümer, und so würde man ihretwegen auf Oesterreich zürnen mögen, beachtete man nicht, daß durch dasselbe den Polen doch auch unendlich viel Gutes gestiftet worden ist. Denn daß Krakau sammt jenem Theile Polens unter der dreizehnjährigen Herrschaft Oesterreichs mehr gewonnen hat, als in den ganzen vorhergehenden zwei Jahrhunderten, das ist

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/212
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/212>, abgerufen am 05.02.2025.