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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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Einige, die indessen sicher irren, wollen die Angelegenheit der
Deutschkatholiken uns die bei dieser Gelegenheit getroffenen Maßre¬
geln mit dem Streite in Verbindung bringen, in welchem unser
Magistrat sich mit dem Vorstande der römisch-katholischen Gemeinde
einerseits, und mit der bischöflichen Behörde zu Limburg andrerseits
befindet. Die eine dieser Angelegenheiten ist bekanntlich diese: Die
römisch-katholische Gemeinde macht Ansprüche auf, von dem Verkaufe
verschiedener, wahrend der französischen Revolution eingezogener Stif¬
ter herkommende Gelder, und hat sich, da sie vom Senate avschläg-
lich beschicken ward, an den Bundestag gewendet, dem die Sache
gegenwartig vorliegt. Der Streit mit der bischöflichen Behörde in
Limburg, in Beziehung auf die Ausweisung des Kaplans Roos, ist
ebenfalls allgemein bekannt. Es ist in dieser Sache von Seiten der
bischöflichen Partei vor Kurzem eine Broschüre in Mainz erschienen,
welche darzuthun sucht, daß ein Zurcdcstellen des Priesters über das,
was derselbe im Beichtstuhl gesprochen, eine Verletzung des Beicht¬
geheimnisses involoirte, und daß dadurch das wesentlichste Moment
der freien Religionsübung aufgehoben würde; daß ferner der von Frank¬
furter Seite allegirte h. 13 des zwischen Nassau und Frankfurt ge¬
schlossenen Uebereinkommens wegen der Besetzung des Bisthums Lim¬
burg vom Jahre 1819 und IWl), in der der bischöflichen Behörde
vorliegenden Copie, nichts von dem Rechte sage, daß Frankfurt einen
Kaplan zurückweisen könne, und der Bischof, im Falle diese Klausel
eristire, von den beiden Machten betrogen worden sei.

Obschon nun die bischöfliche Behörde in ihrem amtlichen Schlu߬
schreiben erklärt, daß ihr kein Mittel gegeben sei, der Ausweisung
zu begegnen, daß sie der Gewalt weichen müsse, so scheint eS doch,
daß dieselbe sich gegenwärtig zur Wahrung ihrer Rechte an den Bun¬
destag gewendet hat; auch hat sie bis jetzt noch keinen andern Kaplan
an die Stelle des ausgewiesenen Roos gesandt, so daß sehr häufig
eine gewisse, sonst häufig besuchte Messe um 11 Uhr in der Lieb-
frauenkirche nicht gehalten wird.

Daß die so entstandene Differenz zwischen der weltlichen und
geistlichen Macht eine höchst bedauerliche ist, kann wohl nicht in Ab¬
rede gestellt werden, indessen ist doch wohl auf keine Weise anzuneh¬
men, daß die Richtung des Senates dadurch eine feindselige gegen
die Katholiken überhaupt geworden, wenn anch die Letzteren es gerne
so darstellen, als ob sie durch die Uebermacht der Andersgläubigen
erdrückt würden. Es befinden sich mehrere Katholiken von Einfluß
im Senate, und es kann auf keine Weise dargethan werden, daß
von dieser Behörde aus irgend etwas Feindseliges gegen diese Confes-
sion und ihre AnHanger als solche beschlossen worden sei.

Indessen glauben die Eifriger immerhin sich bedroht und haben


Grc"ji"-den, Isis. IV. 22

Einige, die indessen sicher irren, wollen die Angelegenheit der
Deutschkatholiken uns die bei dieser Gelegenheit getroffenen Maßre¬
geln mit dem Streite in Verbindung bringen, in welchem unser
Magistrat sich mit dem Vorstande der römisch-katholischen Gemeinde
einerseits, und mit der bischöflichen Behörde zu Limburg andrerseits
befindet. Die eine dieser Angelegenheiten ist bekanntlich diese: Die
römisch-katholische Gemeinde macht Ansprüche auf, von dem Verkaufe
verschiedener, wahrend der französischen Revolution eingezogener Stif¬
ter herkommende Gelder, und hat sich, da sie vom Senate avschläg-
lich beschicken ward, an den Bundestag gewendet, dem die Sache
gegenwartig vorliegt. Der Streit mit der bischöflichen Behörde in
Limburg, in Beziehung auf die Ausweisung des Kaplans Roos, ist
ebenfalls allgemein bekannt. Es ist in dieser Sache von Seiten der
bischöflichen Partei vor Kurzem eine Broschüre in Mainz erschienen,
welche darzuthun sucht, daß ein Zurcdcstellen des Priesters über das,
was derselbe im Beichtstuhl gesprochen, eine Verletzung des Beicht¬
geheimnisses involoirte, und daß dadurch das wesentlichste Moment
der freien Religionsübung aufgehoben würde; daß ferner der von Frank¬
furter Seite allegirte h. 13 des zwischen Nassau und Frankfurt ge¬
schlossenen Uebereinkommens wegen der Besetzung des Bisthums Lim¬
burg vom Jahre 1819 und IWl), in der der bischöflichen Behörde
vorliegenden Copie, nichts von dem Rechte sage, daß Frankfurt einen
Kaplan zurückweisen könne, und der Bischof, im Falle diese Klausel
eristire, von den beiden Machten betrogen worden sei.

Obschon nun die bischöfliche Behörde in ihrem amtlichen Schlu߬
schreiben erklärt, daß ihr kein Mittel gegeben sei, der Ausweisung
zu begegnen, daß sie der Gewalt weichen müsse, so scheint eS doch,
daß dieselbe sich gegenwärtig zur Wahrung ihrer Rechte an den Bun¬
destag gewendet hat; auch hat sie bis jetzt noch keinen andern Kaplan
an die Stelle des ausgewiesenen Roos gesandt, so daß sehr häufig
eine gewisse, sonst häufig besuchte Messe um 11 Uhr in der Lieb-
frauenkirche nicht gehalten wird.

Daß die so entstandene Differenz zwischen der weltlichen und
geistlichen Macht eine höchst bedauerliche ist, kann wohl nicht in Ab¬
rede gestellt werden, indessen ist doch wohl auf keine Weise anzuneh¬
men, daß die Richtung des Senates dadurch eine feindselige gegen
die Katholiken überhaupt geworden, wenn anch die Letzteren es gerne
so darstellen, als ob sie durch die Uebermacht der Andersgläubigen
erdrückt würden. Es befinden sich mehrere Katholiken von Einfluß
im Senate, und es kann auf keine Weise dargethan werden, daß
von dieser Behörde aus irgend etwas Feindseliges gegen diese Confes-
sion und ihre AnHanger als solche beschlossen worden sei.

Indessen glauben die Eifriger immerhin sich bedroht und haben


Grc»ji»-den, Isis. IV. 22
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[0177] Einige, die indessen sicher irren, wollen die Angelegenheit der Deutschkatholiken uns die bei dieser Gelegenheit getroffenen Maßre¬ geln mit dem Streite in Verbindung bringen, in welchem unser Magistrat sich mit dem Vorstande der römisch-katholischen Gemeinde einerseits, und mit der bischöflichen Behörde zu Limburg andrerseits befindet. Die eine dieser Angelegenheiten ist bekanntlich diese: Die römisch-katholische Gemeinde macht Ansprüche auf, von dem Verkaufe verschiedener, wahrend der französischen Revolution eingezogener Stif¬ ter herkommende Gelder, und hat sich, da sie vom Senate avschläg- lich beschicken ward, an den Bundestag gewendet, dem die Sache gegenwartig vorliegt. Der Streit mit der bischöflichen Behörde in Limburg, in Beziehung auf die Ausweisung des Kaplans Roos, ist ebenfalls allgemein bekannt. Es ist in dieser Sache von Seiten der bischöflichen Partei vor Kurzem eine Broschüre in Mainz erschienen, welche darzuthun sucht, daß ein Zurcdcstellen des Priesters über das, was derselbe im Beichtstuhl gesprochen, eine Verletzung des Beicht¬ geheimnisses involoirte, und daß dadurch das wesentlichste Moment der freien Religionsübung aufgehoben würde; daß ferner der von Frank¬ furter Seite allegirte h. 13 des zwischen Nassau und Frankfurt ge¬ schlossenen Uebereinkommens wegen der Besetzung des Bisthums Lim¬ burg vom Jahre 1819 und IWl), in der der bischöflichen Behörde vorliegenden Copie, nichts von dem Rechte sage, daß Frankfurt einen Kaplan zurückweisen könne, und der Bischof, im Falle diese Klausel eristire, von den beiden Machten betrogen worden sei. Obschon nun die bischöfliche Behörde in ihrem amtlichen Schlu߬ schreiben erklärt, daß ihr kein Mittel gegeben sei, der Ausweisung zu begegnen, daß sie der Gewalt weichen müsse, so scheint eS doch, daß dieselbe sich gegenwärtig zur Wahrung ihrer Rechte an den Bun¬ destag gewendet hat; auch hat sie bis jetzt noch keinen andern Kaplan an die Stelle des ausgewiesenen Roos gesandt, so daß sehr häufig eine gewisse, sonst häufig besuchte Messe um 11 Uhr in der Lieb- frauenkirche nicht gehalten wird. Daß die so entstandene Differenz zwischen der weltlichen und geistlichen Macht eine höchst bedauerliche ist, kann wohl nicht in Ab¬ rede gestellt werden, indessen ist doch wohl auf keine Weise anzuneh¬ men, daß die Richtung des Senates dadurch eine feindselige gegen die Katholiken überhaupt geworden, wenn anch die Letzteren es gerne so darstellen, als ob sie durch die Uebermacht der Andersgläubigen erdrückt würden. Es befinden sich mehrere Katholiken von Einfluß im Senate, und es kann auf keine Weise dargethan werden, daß von dieser Behörde aus irgend etwas Feindseliges gegen diese Confes- sion und ihre AnHanger als solche beschlossen worden sei. Indessen glauben die Eifriger immerhin sich bedroht und haben Grc»ji»-den, Isis. IV. 22

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/177>, abgerufen am 05.02.2025.