Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.Emissäre sogar bis nach Spanien, um dort completirende und verlo¬ Auf diese Bienenemsigkeit, auf dieses Herbeischleppen und Auf¬ *) Ein belgischer Gelehrter von bedeutender Stellung und ausgebreite¬
tem Rufe, den ich aus Schonung wegen seiner sonstigen Verdienste hier nicht beim Namen nennen will, sagt in einer gelehrten "1>!(>divo vlisilv" Quint:" "In Deutschland ist Carl V. noch immer eine fast fabelhafte Per¬ son (!). Das Volk erzählt sich, daß er in einer Höhle des Schwarzwaldes Emissäre sogar bis nach Spanien, um dort completirende und verlo¬ Auf diese Bienenemsigkeit, auf dieses Herbeischleppen und Auf¬ *) Ein belgischer Gelehrter von bedeutender Stellung und ausgebreite¬
tem Rufe, den ich aus Schonung wegen seiner sonstigen Verdienste hier nicht beim Namen nennen will, sagt in einer gelehrten „1>!(>divo vlisilv« Quint:" „In Deutschland ist Carl V. noch immer eine fast fabelhafte Per¬ son (!). Das Volk erzählt sich, daß er in einer Höhle des Schwarzwaldes <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0118" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271379"/> <p xml:id="ID_277" prev="#ID_276"> Emissäre sogar bis nach Spanien, um dort completirende und verlo¬<lb/> ren gegangene Dokumente aufzuspüren.</p><lb/> <p xml:id="ID_278" next="#ID_279"> Auf diese Bienenemsigkeit, auf dieses Herbeischleppen und Auf¬<lb/> schichten des historischen Materials beschränkt sich aber auch das<lb/> Verdienst der meisten Geschichtögelehrten Belgiens. Die Kunst des<lb/> Anordnens, der wissenschaftlichen Jneinanderfügung, der pragmati¬<lb/> schen Darstellung, fehlt noch. Doch müssen wir hiervon drei bis<lb/> vier ausgezeichnete Arbeiten ausnehmen, die jeder Nation zur Ehre<lb/> gereichen würden. Zuerst das oft citirte Werk Nothomb'ö: l^ssiü<lb/> I>i«tori«ni«Z et nolitujuv sur tu rvvvlution bot^c! (deutsch von Mi¬<lb/> chaelis). Nothomb, eins der ausgezeichnetsten staatsmännischen<lb/> Talente der Gegenwart, ist häufig mit Thiers verglichen worden,<lb/> mit dem seine Lebensgeschichte, seine großen Qualitäten und seiue<lb/> großen Fehler in der That eine frappante Achnlichkeit besitzen. Als<lb/> Schriftsteller setzt ihn sogar die französische Kritik hoher als Thiers;<lb/> sie rühmt ihm mehr Tiefe, Feuer und selbst einen bessern Styl nach.<lb/> Nothomb ist ohne Widerrede der beste Schriftsteller Belgiens, und<lb/> jetzt wo er aus der ministeriellen Thätigkeit auf den beschaulichen<lb/> Gesandtschaftsposten nach Berlin versetzt ist, wird er hoffentlich den<lb/> Faden literarischer Arbeit wieder aufnehmen, der seit 1834 seiner<lb/> Hand entschlüpfte. Nothomb, der jetzt erst 40 Jahre zählt, kann<lb/> als Schriftsteller für sein Vaterland nicht minder folgereich werden<lb/> wie als Legislator und Staatsmann. Denn er ist einer der sehr<lb/> wenigen Gelehrten Belgiens, die in deutscher Sprache und Wissen¬<lb/> schaft nicht minder heimisch sind als in der französischen. Denn<lb/> der Mangel an Vertrautheit mit Allem, was die deutsche For¬<lb/> schung auf dem Gebiete der Geschichte hervorgebracht hat, ist ein<lb/> Hauptgrund der Ohnmacht belgischer Historiker, die sich immer um<lb/> sich selbst drehen und gar keine Ahnung haben, was für Lichter der<lb/> deutsche Fleiß über die geschichtlichen Epochen und Helden, die sie<lb/> die ihrigen nennen und die doch größtenteils auch die unserigen<lb/> sind/) verbreitet hat. Dieser Vorwurf trifft sogar das zweite sihlo-</p><lb/> <note xml:id="FID_9" place="foot" next="#FID_10"> *) Ein belgischer Gelehrter von bedeutender Stellung und ausgebreite¬<lb/> tem Rufe, den ich aus Schonung wegen seiner sonstigen Verdienste hier nicht<lb/> beim Namen nennen will, sagt in einer gelehrten „1>!(>divo vlisilv«<lb/> Quint:" „In Deutschland ist Carl V. noch immer eine fast fabelhafte Per¬<lb/> son (!). Das Volk erzählt sich, daß er in einer Höhle des Schwarzwaldes</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0118]
Emissäre sogar bis nach Spanien, um dort completirende und verlo¬
ren gegangene Dokumente aufzuspüren.
Auf diese Bienenemsigkeit, auf dieses Herbeischleppen und Auf¬
schichten des historischen Materials beschränkt sich aber auch das
Verdienst der meisten Geschichtögelehrten Belgiens. Die Kunst des
Anordnens, der wissenschaftlichen Jneinanderfügung, der pragmati¬
schen Darstellung, fehlt noch. Doch müssen wir hiervon drei bis
vier ausgezeichnete Arbeiten ausnehmen, die jeder Nation zur Ehre
gereichen würden. Zuerst das oft citirte Werk Nothomb'ö: l^ssiü
I>i«tori«ni«Z et nolitujuv sur tu rvvvlution bot^c! (deutsch von Mi¬
chaelis). Nothomb, eins der ausgezeichnetsten staatsmännischen
Talente der Gegenwart, ist häufig mit Thiers verglichen worden,
mit dem seine Lebensgeschichte, seine großen Qualitäten und seiue
großen Fehler in der That eine frappante Achnlichkeit besitzen. Als
Schriftsteller setzt ihn sogar die französische Kritik hoher als Thiers;
sie rühmt ihm mehr Tiefe, Feuer und selbst einen bessern Styl nach.
Nothomb ist ohne Widerrede der beste Schriftsteller Belgiens, und
jetzt wo er aus der ministeriellen Thätigkeit auf den beschaulichen
Gesandtschaftsposten nach Berlin versetzt ist, wird er hoffentlich den
Faden literarischer Arbeit wieder aufnehmen, der seit 1834 seiner
Hand entschlüpfte. Nothomb, der jetzt erst 40 Jahre zählt, kann
als Schriftsteller für sein Vaterland nicht minder folgereich werden
wie als Legislator und Staatsmann. Denn er ist einer der sehr
wenigen Gelehrten Belgiens, die in deutscher Sprache und Wissen¬
schaft nicht minder heimisch sind als in der französischen. Denn
der Mangel an Vertrautheit mit Allem, was die deutsche For¬
schung auf dem Gebiete der Geschichte hervorgebracht hat, ist ein
Hauptgrund der Ohnmacht belgischer Historiker, die sich immer um
sich selbst drehen und gar keine Ahnung haben, was für Lichter der
deutsche Fleiß über die geschichtlichen Epochen und Helden, die sie
die ihrigen nennen und die doch größtenteils auch die unserigen
sind/) verbreitet hat. Dieser Vorwurf trifft sogar das zweite sihlo-
*) Ein belgischer Gelehrter von bedeutender Stellung und ausgebreite¬
tem Rufe, den ich aus Schonung wegen seiner sonstigen Verdienste hier nicht
beim Namen nennen will, sagt in einer gelehrten „1>!(>divo vlisilv«
Quint:" „In Deutschland ist Carl V. noch immer eine fast fabelhafte Per¬
son (!). Das Volk erzählt sich, daß er in einer Höhle des Schwarzwaldes
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