Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.findet, wenn er irgend einen bekannten französischen Autor nachdruckt. Einige Männer, die Stellung genug haben, um nicht fürchten findet, wenn er irgend einen bekannten französischen Autor nachdruckt. Einige Männer, die Stellung genug haben, um nicht fürchten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0106" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271367"/> <p xml:id="ID_251" prev="#ID_250"> findet, wenn er irgend einen bekannten französischen Autor nachdruckt.<lb/> Warum sollte er sich in ein Risico mit einem Originalbuch einlassen,<lb/> wenn er aus einem vollen Fasse ohne alles Risico schöpfen kann?<lb/> Der Autor kann noch von Glück sagen, wenn er Ruf und Kon¬<lb/> nexionen genug hat, um sein Buch gratis gedruckt zu sehen; von<lb/> einem Honorare ist in zwanzig Fällen kaum ein Mal die Rede.<lb/> Jener wohlthätige und spornende Impuls, den der Buchhandel in<lb/> Deutschland, Frankreich und England ausübt, indem er den besten<lb/> Geistern der Nation einen Lohn für jahrelangen Fleiß und Arbeit<lb/> in Aussicht stellt, fällt hier vollständig weg. Um in Belgien litera¬<lb/> rischen Arbeiten sich hin zu geben, muß man ein reicher Mann sein.<lb/> Der ärmere Gelehrte muß die Hände in den Schooß sinken lassen,<lb/> weil er die Mittel nicht erschwingen kann, die Früchte seines Fleißes<lb/> auf eigene Kosten zu verlegen. Zwar tritt die Regierung häusig<lb/> genug vermittelnd ein. Bei dem größten Theil der seit 183V in<lb/> Belgien erschienenen Bücher hat das Gouvernement .,pour eiicoiir»-<lb/> A«r los lettres" dem Autor ein subsidium bezahlt oder was gleich¬<lb/> bedeutend ist, auf zwanzig bis hundert Eremplare seines Buches<lb/> subscribirt. Allein hieraus hat sich wieder ein neuer Mißbeftand<lb/> ergeben.</p><lb/> <p xml:id="ID_252" next="#ID_253"> Einige Männer, die Stellung genug haben, um nicht fürchten<lb/> zu müssen, vom Minister eine abschlägige Antwort zu erhallen, haben<lb/> auf dieses „eiicoiiri^vmvttt" hin, welches die Nation den Schrift¬<lb/> stellern bewilligt, eine Industrie gebaut. Eine Buchmacherei der<lb/> allerunfruchtbarsten Art saugt die Summen aus, welche das Mini¬<lb/> sterium zu vertheilen hat. Man nimmt aus dem ersten besten Archive<lb/> irgend eine Scharteke, läßt sie abdrucken, schreibt eine Vorrede dazu<lb/> und überreicht sie dem Herrn Minister, um ein subsidium für den<lb/> Druck und einiges Honorar zu verlangen. Der Minister kann nicht<lb/> gut eine abschlägige Antwort ertheilen, denn der Verfasser hat Einfluß<lb/> bei dieser oder jener Parthei, dieser oder jener wichtige Deputirre<lb/> verwendet sich für ihn. Das Buch wird gedruckt und aus Staats¬<lb/> mitteln bezahlt, ohne daß es irgend jemand einen Nutzen gewährt<lb/> als dem Verfasser, der dafür so und so viel hundert Franken erhalten<lb/> hat. Es ist empörend, wenn man die mäßige Liste von Original¬<lb/> schriften übersieht, die seit den letzten Jahren in Belgien erschienen<lb/> sind, welch' eine Masse von elendem Wust, von unnützen, undurch-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0106]
findet, wenn er irgend einen bekannten französischen Autor nachdruckt.
Warum sollte er sich in ein Risico mit einem Originalbuch einlassen,
wenn er aus einem vollen Fasse ohne alles Risico schöpfen kann?
Der Autor kann noch von Glück sagen, wenn er Ruf und Kon¬
nexionen genug hat, um sein Buch gratis gedruckt zu sehen; von
einem Honorare ist in zwanzig Fällen kaum ein Mal die Rede.
Jener wohlthätige und spornende Impuls, den der Buchhandel in
Deutschland, Frankreich und England ausübt, indem er den besten
Geistern der Nation einen Lohn für jahrelangen Fleiß und Arbeit
in Aussicht stellt, fällt hier vollständig weg. Um in Belgien litera¬
rischen Arbeiten sich hin zu geben, muß man ein reicher Mann sein.
Der ärmere Gelehrte muß die Hände in den Schooß sinken lassen,
weil er die Mittel nicht erschwingen kann, die Früchte seines Fleißes
auf eigene Kosten zu verlegen. Zwar tritt die Regierung häusig
genug vermittelnd ein. Bei dem größten Theil der seit 183V in
Belgien erschienenen Bücher hat das Gouvernement .,pour eiicoiir»-
A«r los lettres" dem Autor ein subsidium bezahlt oder was gleich¬
bedeutend ist, auf zwanzig bis hundert Eremplare seines Buches
subscribirt. Allein hieraus hat sich wieder ein neuer Mißbeftand
ergeben.
Einige Männer, die Stellung genug haben, um nicht fürchten
zu müssen, vom Minister eine abschlägige Antwort zu erhallen, haben
auf dieses „eiicoiiri^vmvttt" hin, welches die Nation den Schrift¬
stellern bewilligt, eine Industrie gebaut. Eine Buchmacherei der
allerunfruchtbarsten Art saugt die Summen aus, welche das Mini¬
sterium zu vertheilen hat. Man nimmt aus dem ersten besten Archive
irgend eine Scharteke, läßt sie abdrucken, schreibt eine Vorrede dazu
und überreicht sie dem Herrn Minister, um ein subsidium für den
Druck und einiges Honorar zu verlangen. Der Minister kann nicht
gut eine abschlägige Antwort ertheilen, denn der Verfasser hat Einfluß
bei dieser oder jener Parthei, dieser oder jener wichtige Deputirre
verwendet sich für ihn. Das Buch wird gedruckt und aus Staats¬
mitteln bezahlt, ohne daß es irgend jemand einen Nutzen gewährt
als dem Verfasser, der dafür so und so viel hundert Franken erhalten
hat. Es ist empörend, wenn man die mäßige Liste von Original¬
schriften übersieht, die seit den letzten Jahren in Belgien erschienen
sind, welch' eine Masse von elendem Wust, von unnützen, undurch-
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