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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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mischen Presse und an alle deutschen Zeitungen versandten Correspon-
denzen, als in einer großen Anzahl von Adressen kund gab, die aus
den verschiedenen Städten oder Landdistrikten an die damals in Itzehoe
versammelten holsteinischen Stände eingingen und diese zum lautesten
Protest gegen jegliche, aus dem Ussingschen Antrag hervorgehen kom¬
mende Folge aufforderten. Kiel ging in dieser Beziehung voraus und
reichte die erste Adresse ein, die freilich so entschieden abgefaßt, so
gründlich motivirt war, daß sie ein geschichtliches Aktenstück für unser
Land geworden ist, die jedoch leider dadurch an ihrem Werth verlor,
daß sie nur von einem Theil unsrer Bevölkerung, von der soge¬
nannten Intelligenz, (wie sich dieselbe in der "Harmonie," einer
sehr erclusiven Gesellschaft zusammenfindet), ausging und unterschrieben
ward. Sie vereinigte so zwar viele Namen, die im Lande einen gu¬
ten Klang haben, eine Menge von Professoren, städtischen Beamten,
Advocaten, Geistlichen u. s. w., dagegen war der Bürgerstand, mit
Ausnahme einzelner zu jener Gesellschaft gehörenden Kaufleute, nicht
vertreten. Nichts desto weniger machte das Erscheinen dieser Adresse
einen bedeutenden Eindruck, ihr folgten eine Menge anderer von allen
Seiten des Landes, aus Schleswig nicht minder, wie aus Holstein,
die alle die höchste Indignation über das Ussingsche Unternehmen aus-
sprachen, und in deren einigen zugleich die Gelegenheit benutzt war,
manchen zeitgemäßen Wunsch, namentlich den nach einer freieren Ver¬
fassung, auszusprechen. Die holsteinischen Stände, ihrer wichtigen
Stellung sich bewußt, erließen nun eine Adresse an den König, die
das tüchtige, wenn auch hvpcraristokratische, aber eben daher auf die
Selbständigkeit des Herzogthums vor Allem eifersüchtig wachende Stande¬
mitglied Graf R e ve n et vo - P re n ez abfaßteHin welcher eine eben so
freimüthige, als sachgemäße Sprache waltet und durch welche der Kö¬
nig von der wahren Stimmung seiner deutschen Unterthanen, von ihrer
Anhänglichkeit an ihren angestammten Königherzog, aber auch von
ihrer Liebe zur Selbständigkeit und von ihrer festen Entschlossenheit in
der Wahrung ihrer Rechte unterrichtet wird. Gewiß wird diese Adresse
einen entschiedenen Einfluß auf den etwaigen Entschluß des Königs
über die von den Roeskilder Standen in Folge des Ussingschen An¬
trages, nach langen Debatten, in bedeutend modcurter Weise gemachte
Eingabe ausüben. -- Daß unter solchen Umständen die Spannung
zwischen Dänen und Schleswigholsteinern sich immer mehr steigerte,
läßt sich denken. Es fehlte nicht an den ungehörigsten Bethätigungen
dieser Mißstimmung, zu denen namentlich eine skandalöse Prügelschlacht
gehört, die in der halb dänischen, halb deutschen Stadt Hadersleben,
in einem öffentlichen Wirthshauslocal geliefert ward, deren Entstehungs¬
grund einzig und allein politische Differenzen waren und in welcher
Peter Hjort Lorenzen eine Hauptrolle spielte. -- Aber auch die
Presse beider Parteien setzte bei dieser Gelegenheit ihren Beruf weit


mischen Presse und an alle deutschen Zeitungen versandten Correspon-
denzen, als in einer großen Anzahl von Adressen kund gab, die aus
den verschiedenen Städten oder Landdistrikten an die damals in Itzehoe
versammelten holsteinischen Stände eingingen und diese zum lautesten
Protest gegen jegliche, aus dem Ussingschen Antrag hervorgehen kom¬
mende Folge aufforderten. Kiel ging in dieser Beziehung voraus und
reichte die erste Adresse ein, die freilich so entschieden abgefaßt, so
gründlich motivirt war, daß sie ein geschichtliches Aktenstück für unser
Land geworden ist, die jedoch leider dadurch an ihrem Werth verlor,
daß sie nur von einem Theil unsrer Bevölkerung, von der soge¬
nannten Intelligenz, (wie sich dieselbe in der „Harmonie," einer
sehr erclusiven Gesellschaft zusammenfindet), ausging und unterschrieben
ward. Sie vereinigte so zwar viele Namen, die im Lande einen gu¬
ten Klang haben, eine Menge von Professoren, städtischen Beamten,
Advocaten, Geistlichen u. s. w., dagegen war der Bürgerstand, mit
Ausnahme einzelner zu jener Gesellschaft gehörenden Kaufleute, nicht
vertreten. Nichts desto weniger machte das Erscheinen dieser Adresse
einen bedeutenden Eindruck, ihr folgten eine Menge anderer von allen
Seiten des Landes, aus Schleswig nicht minder, wie aus Holstein,
die alle die höchste Indignation über das Ussingsche Unternehmen aus-
sprachen, und in deren einigen zugleich die Gelegenheit benutzt war,
manchen zeitgemäßen Wunsch, namentlich den nach einer freieren Ver¬
fassung, auszusprechen. Die holsteinischen Stände, ihrer wichtigen
Stellung sich bewußt, erließen nun eine Adresse an den König, die
das tüchtige, wenn auch hvpcraristokratische, aber eben daher auf die
Selbständigkeit des Herzogthums vor Allem eifersüchtig wachende Stande¬
mitglied Graf R e ve n et vo - P re n ez abfaßteHin welcher eine eben so
freimüthige, als sachgemäße Sprache waltet und durch welche der Kö¬
nig von der wahren Stimmung seiner deutschen Unterthanen, von ihrer
Anhänglichkeit an ihren angestammten Königherzog, aber auch von
ihrer Liebe zur Selbständigkeit und von ihrer festen Entschlossenheit in
der Wahrung ihrer Rechte unterrichtet wird. Gewiß wird diese Adresse
einen entschiedenen Einfluß auf den etwaigen Entschluß des Königs
über die von den Roeskilder Standen in Folge des Ussingschen An¬
trages, nach langen Debatten, in bedeutend modcurter Weise gemachte
Eingabe ausüben. — Daß unter solchen Umständen die Spannung
zwischen Dänen und Schleswigholsteinern sich immer mehr steigerte,
läßt sich denken. Es fehlte nicht an den ungehörigsten Bethätigungen
dieser Mißstimmung, zu denen namentlich eine skandalöse Prügelschlacht
gehört, die in der halb dänischen, halb deutschen Stadt Hadersleben,
in einem öffentlichen Wirthshauslocal geliefert ward, deren Entstehungs¬
grund einzig und allein politische Differenzen waren und in welcher
Peter Hjort Lorenzen eine Hauptrolle spielte. — Aber auch die
Presse beider Parteien setzte bei dieser Gelegenheit ihren Beruf weit


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[0612] mischen Presse und an alle deutschen Zeitungen versandten Correspon- denzen, als in einer großen Anzahl von Adressen kund gab, die aus den verschiedenen Städten oder Landdistrikten an die damals in Itzehoe versammelten holsteinischen Stände eingingen und diese zum lautesten Protest gegen jegliche, aus dem Ussingschen Antrag hervorgehen kom¬ mende Folge aufforderten. Kiel ging in dieser Beziehung voraus und reichte die erste Adresse ein, die freilich so entschieden abgefaßt, so gründlich motivirt war, daß sie ein geschichtliches Aktenstück für unser Land geworden ist, die jedoch leider dadurch an ihrem Werth verlor, daß sie nur von einem Theil unsrer Bevölkerung, von der soge¬ nannten Intelligenz, (wie sich dieselbe in der „Harmonie," einer sehr erclusiven Gesellschaft zusammenfindet), ausging und unterschrieben ward. Sie vereinigte so zwar viele Namen, die im Lande einen gu¬ ten Klang haben, eine Menge von Professoren, städtischen Beamten, Advocaten, Geistlichen u. s. w., dagegen war der Bürgerstand, mit Ausnahme einzelner zu jener Gesellschaft gehörenden Kaufleute, nicht vertreten. Nichts desto weniger machte das Erscheinen dieser Adresse einen bedeutenden Eindruck, ihr folgten eine Menge anderer von allen Seiten des Landes, aus Schleswig nicht minder, wie aus Holstein, die alle die höchste Indignation über das Ussingsche Unternehmen aus- sprachen, und in deren einigen zugleich die Gelegenheit benutzt war, manchen zeitgemäßen Wunsch, namentlich den nach einer freieren Ver¬ fassung, auszusprechen. Die holsteinischen Stände, ihrer wichtigen Stellung sich bewußt, erließen nun eine Adresse an den König, die das tüchtige, wenn auch hvpcraristokratische, aber eben daher auf die Selbständigkeit des Herzogthums vor Allem eifersüchtig wachende Stande¬ mitglied Graf R e ve n et vo - P re n ez abfaßteHin welcher eine eben so freimüthige, als sachgemäße Sprache waltet und durch welche der Kö¬ nig von der wahren Stimmung seiner deutschen Unterthanen, von ihrer Anhänglichkeit an ihren angestammten Königherzog, aber auch von ihrer Liebe zur Selbständigkeit und von ihrer festen Entschlossenheit in der Wahrung ihrer Rechte unterrichtet wird. Gewiß wird diese Adresse einen entschiedenen Einfluß auf den etwaigen Entschluß des Königs über die von den Roeskilder Standen in Folge des Ussingschen An¬ trages, nach langen Debatten, in bedeutend modcurter Weise gemachte Eingabe ausüben. — Daß unter solchen Umständen die Spannung zwischen Dänen und Schleswigholsteinern sich immer mehr steigerte, läßt sich denken. Es fehlte nicht an den ungehörigsten Bethätigungen dieser Mißstimmung, zu denen namentlich eine skandalöse Prügelschlacht gehört, die in der halb dänischen, halb deutschen Stadt Hadersleben, in einem öffentlichen Wirthshauslocal geliefert ward, deren Entstehungs¬ grund einzig und allein politische Differenzen waren und in welcher Peter Hjort Lorenzen eine Hauptrolle spielte. — Aber auch die Presse beider Parteien setzte bei dieser Gelegenheit ihren Beruf weit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/612>, abgerufen am 25.08.2024.