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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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Strömen nach dem Gesicht und er stotterte einige unzusammenhän-
gende Worte. Fritz Hayde trat aber in diesem Augenblick vor und
erklärte, daß "Monsieur Wolf befugt sei, sein (des Sheriffs) Amt
für heute zu versehen und daß der Obersheriff seine Einwilligung
dazu gegeben habe." Wolf zog dann, während Banizet's Gesicht
leichenblaß wurde, den verhängnißvolle", schon zurechtgemachten Strick
aus der Tasche und folgte dem langsam Voransteigenden, die Ere-
cution zu vollziehen.

Doch warum länger bei diesem schauerlichen Bilde verweilen?
Der Urtheilsspruch wurde vollstreckt und der Leichnam nach einer
Stunde wieder abgenommen und beerdigt, Wolf aber ging mit dem
Deputy-Sheriff in dessen Zimmer, um dort, nach glücklich vollbrach¬
ter Arbeit, alle unangenehmen Gefühle, die sich etwa seiner deines
stern mochten, zu vertrinken.

Auf's Aeußerste empört waren übrigens sämmtliche Creolen und
auch ein großer Theil der Bewohner von Bayou Sarah, dem gegen¬
über liegenden kleinen Städtchen, daß ein Mensch sich für Geld,
für erbärmliche fünfzig Dollar (denn durch den Obersheriff sowohl,
als Fritz Hayde selber, war die Thatsache bekannt geworden) dazu
hergeben könne, einen Anderen, und wenn er vom Gesetz verur¬
theilt sei, umzubringen. Nach und nach durch sich selber aufgeregt und
erbost, machte Einer den Vorschlag, den käuflichen Henker zu züch¬
tigen.

-- Verdauen ihn, rief ein Creole in seinem gebrochenen Eng¬
lisch -- wenn ein Mann sein Geschäft hat -- wenn ein Mann vom
Gericht dazu befugt ist, anderem Menschen Strick um den Hals zu
legen, so laß ich gelten -- aber "tun Kien -- Schurke nimmt Geld
verdient tüchtige Schläge!

-- Schlägel unterbrach ihn Einer der Bayou Saraher, Schläge?
wenn das auf unserer Seite vorgefallen wäre, so hinge der Schurke
jetzt schon, wenn auch nicht an demselben Galgen, denn ein Verbre¬
chen hat er nicht begangen, aber an dem nächsten Baum, den man
finden könnte, und ich denke, der eine große Nußbaum dort wäre stark
genug, ein Dutzend solcher vermaledeiten Krämerseelen zu tragen.
Macht's mit ihm, wie wir neulich mit dem Neger, der nach seinem
Herrn schlug -- gerade unten im Thal, wo wir ihn fingen, wurde


Strömen nach dem Gesicht und er stotterte einige unzusammenhän-
gende Worte. Fritz Hayde trat aber in diesem Augenblick vor und
erklärte, daß „Monsieur Wolf befugt sei, sein (des Sheriffs) Amt
für heute zu versehen und daß der Obersheriff seine Einwilligung
dazu gegeben habe." Wolf zog dann, während Banizet's Gesicht
leichenblaß wurde, den verhängnißvolle», schon zurechtgemachten Strick
aus der Tasche und folgte dem langsam Voransteigenden, die Ere-
cution zu vollziehen.

Doch warum länger bei diesem schauerlichen Bilde verweilen?
Der Urtheilsspruch wurde vollstreckt und der Leichnam nach einer
Stunde wieder abgenommen und beerdigt, Wolf aber ging mit dem
Deputy-Sheriff in dessen Zimmer, um dort, nach glücklich vollbrach¬
ter Arbeit, alle unangenehmen Gefühle, die sich etwa seiner deines
stern mochten, zu vertrinken.

Auf's Aeußerste empört waren übrigens sämmtliche Creolen und
auch ein großer Theil der Bewohner von Bayou Sarah, dem gegen¬
über liegenden kleinen Städtchen, daß ein Mensch sich für Geld,
für erbärmliche fünfzig Dollar (denn durch den Obersheriff sowohl,
als Fritz Hayde selber, war die Thatsache bekannt geworden) dazu
hergeben könne, einen Anderen, und wenn er vom Gesetz verur¬
theilt sei, umzubringen. Nach und nach durch sich selber aufgeregt und
erbost, machte Einer den Vorschlag, den käuflichen Henker zu züch¬
tigen.

— Verdauen ihn, rief ein Creole in seinem gebrochenen Eng¬
lisch — wenn ein Mann sein Geschäft hat — wenn ein Mann vom
Gericht dazu befugt ist, anderem Menschen Strick um den Hals zu
legen, so laß ich gelten — aber «tun Kien — Schurke nimmt Geld
verdient tüchtige Schläge!

— Schlägel unterbrach ihn Einer der Bayou Saraher, Schläge?
wenn das auf unserer Seite vorgefallen wäre, so hinge der Schurke
jetzt schon, wenn auch nicht an demselben Galgen, denn ein Verbre¬
chen hat er nicht begangen, aber an dem nächsten Baum, den man
finden könnte, und ich denke, der eine große Nußbaum dort wäre stark
genug, ein Dutzend solcher vermaledeiten Krämerseelen zu tragen.
Macht's mit ihm, wie wir neulich mit dem Neger, der nach seinem
Herrn schlug — gerade unten im Thal, wo wir ihn fingen, wurde


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[0560] Strömen nach dem Gesicht und er stotterte einige unzusammenhän- gende Worte. Fritz Hayde trat aber in diesem Augenblick vor und erklärte, daß „Monsieur Wolf befugt sei, sein (des Sheriffs) Amt für heute zu versehen und daß der Obersheriff seine Einwilligung dazu gegeben habe." Wolf zog dann, während Banizet's Gesicht leichenblaß wurde, den verhängnißvolle», schon zurechtgemachten Strick aus der Tasche und folgte dem langsam Voransteigenden, die Ere- cution zu vollziehen. Doch warum länger bei diesem schauerlichen Bilde verweilen? Der Urtheilsspruch wurde vollstreckt und der Leichnam nach einer Stunde wieder abgenommen und beerdigt, Wolf aber ging mit dem Deputy-Sheriff in dessen Zimmer, um dort, nach glücklich vollbrach¬ ter Arbeit, alle unangenehmen Gefühle, die sich etwa seiner deines stern mochten, zu vertrinken. Auf's Aeußerste empört waren übrigens sämmtliche Creolen und auch ein großer Theil der Bewohner von Bayou Sarah, dem gegen¬ über liegenden kleinen Städtchen, daß ein Mensch sich für Geld, für erbärmliche fünfzig Dollar (denn durch den Obersheriff sowohl, als Fritz Hayde selber, war die Thatsache bekannt geworden) dazu hergeben könne, einen Anderen, und wenn er vom Gesetz verur¬ theilt sei, umzubringen. Nach und nach durch sich selber aufgeregt und erbost, machte Einer den Vorschlag, den käuflichen Henker zu züch¬ tigen. — Verdauen ihn, rief ein Creole in seinem gebrochenen Eng¬ lisch — wenn ein Mann sein Geschäft hat — wenn ein Mann vom Gericht dazu befugt ist, anderem Menschen Strick um den Hals zu legen, so laß ich gelten — aber «tun Kien — Schurke nimmt Geld verdient tüchtige Schläge! — Schlägel unterbrach ihn Einer der Bayou Saraher, Schläge? wenn das auf unserer Seite vorgefallen wäre, so hinge der Schurke jetzt schon, wenn auch nicht an demselben Galgen, denn ein Verbre¬ chen hat er nicht begangen, aber an dem nächsten Baum, den man finden könnte, und ich denke, der eine große Nußbaum dort wäre stark genug, ein Dutzend solcher vermaledeiten Krämerseelen zu tragen. Macht's mit ihm, wie wir neulich mit dem Neger, der nach seinem Herrn schlug — gerade unten im Thal, wo wir ihn fingen, wurde

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/560>, abgerufen am 23.07.2024.