Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.jenen beiden unruhigen Tagen, durch seine frühere Anwesenheit in Der Verhaftung folgte eine Haus- und Papierdurchsuchung. Die Absicht einer großen Menge Bürger, ihn in feierlichem Zuge jenen beiden unruhigen Tagen, durch seine frühere Anwesenheit in Der Verhaftung folgte eine Haus- und Papierdurchsuchung. Die Absicht einer großen Menge Bürger, ihn in feierlichem Zuge <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0502" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/269917"/> <p xml:id="ID_1379" prev="#ID_1378"> jenen beiden unruhigen Tagen, durch seine frühere Anwesenheit in<lb/> einem Bierhause, wohin Rösing eines Hvpfengeschäfteö wegen gegan¬<lb/> gen und wo zufällig Bürger über die Ungesetzlichkeit der Wehrvcr-<lb/> ordnung verhandelten. „Auffallend mußte jedem Unbefangenen das<lb/> Erscheinen des Inculpaten in einem solchen Hause und in einer sol¬<lb/> chen Gesellschaft vorkommen, da er, zu den höhern gebildeten<lb/> Standen gehörend, schwerlich in lauterer Absicht sich dorthin begeben<lb/> haben konnte (!!)" heißt es in den Entscheidungsgruuden,<lb/> weshalb Rösing von dem Inquisitor auch „vorgestellt, wie es auf¬<lb/> fallend sei, daß ein Mann seines Standes, ein achtbarer Kaufmann,<lb/> in ein Bierhaus gehe (!)" Der alte reichsstädtische Patrizierdünkcl sieht<lb/> mit Hochmull) und Geringschätzung auf den Bürger und Handwerker<lb/> herab.</p><lb/> <p xml:id="ID_1380"> Der Verhaftung folgte eine Haus- und Papierdurchsuchung.<lb/> Nach vierzehntägiger Hast wurde Rösing entlassen, nachdem er über<lb/> dies und jenes inquirirt, z.B. darüber, daß sein fünf und ein halbjähri¬<lb/> ger Sohn am 19. April in der Schule erzählt, den andern Tag<lb/> werde sein Vater König von Bremen werden!! „Man<lb/> sieht," äußert Rösing, „wie sehr mau bei der Untersuchung in's Klein¬<lb/> liche gegangen, wie sehr man alles Mögliche aufgeboten hat, eine<lb/> Schuld auf mich zu bringen. Und was lag diesem Verfahren zum<lb/> Grunde? Nichts Anderes, als mein früheres energisches Auftreten<lb/> und mein Bemühen, aus vermoderten Perücken den Puder zu wischen,<lb/> der Willkür entgegenzutreten, Mißbräuche alter Jahrhunderte erkennbar<lb/> zu mache», die Mängel einer dreihundertjährigen Verfassung zu zeigen<lb/> und die Nothwendigkeit, sie zeitgemäß zu gestalten, nicht minder auch<lb/> mein eifriges Bestreben, des Mysticismus giftige Wurzeln auszurot¬<lb/> ten und Aufklärung zu fördern."</p><lb/> <p xml:id="ID_1381" next="#ID_1382"> Die Absicht einer großen Menge Bürger, ihn in feierlichem Zuge<lb/> aus dem Gefängnisse abzuholen, vereitelte Rösing. In der ersten<lb/> Nacht nach der Freilassung bringen ihm Bürger eine Nachtmusik.<lb/> Die Polizei citirt die Urheber und macht ihnen Vorstellungen dar¬<lb/> über, daß sie einem kaum aus dem Gefängnisse gekommenen Manne<lb/> Ehrenmusiken gebracht. Der reichsstädtische Bocksbeutel in seiner<lb/> ganzen Größe. Die Nachtmusiken wiederholen sich. Darauf Verbot<lb/> derselben in der freien Stadt Bremen, ohne moorige hochobrigkeitliche<lb/> Approbation. Aber nicht blos gegen Nachtmusiken führte die Polizei</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0502]
jenen beiden unruhigen Tagen, durch seine frühere Anwesenheit in
einem Bierhause, wohin Rösing eines Hvpfengeschäfteö wegen gegan¬
gen und wo zufällig Bürger über die Ungesetzlichkeit der Wehrvcr-
ordnung verhandelten. „Auffallend mußte jedem Unbefangenen das
Erscheinen des Inculpaten in einem solchen Hause und in einer sol¬
chen Gesellschaft vorkommen, da er, zu den höhern gebildeten
Standen gehörend, schwerlich in lauterer Absicht sich dorthin begeben
haben konnte (!!)" heißt es in den Entscheidungsgruuden,
weshalb Rösing von dem Inquisitor auch „vorgestellt, wie es auf¬
fallend sei, daß ein Mann seines Standes, ein achtbarer Kaufmann,
in ein Bierhaus gehe (!)" Der alte reichsstädtische Patrizierdünkcl sieht
mit Hochmull) und Geringschätzung auf den Bürger und Handwerker
herab.
Der Verhaftung folgte eine Haus- und Papierdurchsuchung.
Nach vierzehntägiger Hast wurde Rösing entlassen, nachdem er über
dies und jenes inquirirt, z.B. darüber, daß sein fünf und ein halbjähri¬
ger Sohn am 19. April in der Schule erzählt, den andern Tag
werde sein Vater König von Bremen werden!! „Man
sieht," äußert Rösing, „wie sehr mau bei der Untersuchung in's Klein¬
liche gegangen, wie sehr man alles Mögliche aufgeboten hat, eine
Schuld auf mich zu bringen. Und was lag diesem Verfahren zum
Grunde? Nichts Anderes, als mein früheres energisches Auftreten
und mein Bemühen, aus vermoderten Perücken den Puder zu wischen,
der Willkür entgegenzutreten, Mißbräuche alter Jahrhunderte erkennbar
zu mache», die Mängel einer dreihundertjährigen Verfassung zu zeigen
und die Nothwendigkeit, sie zeitgemäß zu gestalten, nicht minder auch
mein eifriges Bestreben, des Mysticismus giftige Wurzeln auszurot¬
ten und Aufklärung zu fördern."
Die Absicht einer großen Menge Bürger, ihn in feierlichem Zuge
aus dem Gefängnisse abzuholen, vereitelte Rösing. In der ersten
Nacht nach der Freilassung bringen ihm Bürger eine Nachtmusik.
Die Polizei citirt die Urheber und macht ihnen Vorstellungen dar¬
über, daß sie einem kaum aus dem Gefängnisse gekommenen Manne
Ehrenmusiken gebracht. Der reichsstädtische Bocksbeutel in seiner
ganzen Größe. Die Nachtmusiken wiederholen sich. Darauf Verbot
derselben in der freien Stadt Bremen, ohne moorige hochobrigkeitliche
Approbation. Aber nicht blos gegen Nachtmusiken führte die Polizei
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