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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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Maßregel erwachsen sein mag, sollte von ihrer Seite lediglich als
eine im Interesse des Allgemeinen bezahlte Steuer, als ein Ausfall
betrachtet werden, der mit den für die ganze Zukunft erlangten Vor¬
theilen in gar keinem Verhältnisse steht. Ueberdies kann der Scha¬
den nickt bedeutend gewesen sein, weil der Kaffee nur in geringen
Partien aus den Seehäfen bezogen wird und der dort liegende Vor¬
rat!) noch unverzollt bleibt.

Noch müssen wir des Uhrenhandels erwähnen, der in einem
bedeutenden Umfange betrieben wird und besonders durch den modi-
ficirten Tarif einen neuen Aufschwung erhalten dürfte. Vorher war
die Einfuhr von Uhren gänzlich untersagt, was indeß auf die Er¬
zeugung derselben nur sehr geringen Einfluß hatte und die Nachfrage
hauptsächlich durch den Schmuggel befriedigt werden mußte. Da
die Regierung die Erfolglosigkeit ihres Schutzsystems in diesem Punkte
sah, entzog sie ihm dasselbe und gab die Einfuhr der Uhren gegen einen
Zoll von einem Gulden per Stück gänzlich frei, wodurch sie den frü¬
her in die Taschen der Pascher geflossenem Gewinn in die Staats¬
kasse leitete, indem jetzt schwerlich die Gefahr des Schleichhandels
sich belohnen würde. Doch genießen noch die Bestandtheile der Uhren
die gleiche Begünstigung, damit es in der Macht der österreichischen
Uhrmacher stehe, mit der Zeit mit den auswärtigen zu concurriren.
Um jedoch dieses zu können, müßten Schweizer Uhrcnfabrikantcn mit
ihren Arbeitern, die bekanntlich große Ortschaften bewohnen und
sehr wohlhabend sind, in's Land gezogen werden, da die Uhrcncr-
zeugung blos im Wege der Fabrikation im Großen die gewünschten
Preise stellen kann.

Zum Schlüsse müssen wir den Wunsch aussprechen, eS möge
der Negierung gefallen, das von ihr begonnene Werk der Tarifreform
bald und energisch zu vollenden und namentlich denjenigen Theil zu ver¬
vollständigen, der die Colonialwaaren umfaßt. Wahrscheinlich glaubt
die Staatsverwaltung, die Consumtion anderer Colonialproducte,
Welche weniger als der Kaffee mit dem täglichen Verbrauch verwach¬
sen sind, würde nicht in dem Grade zunehmen, als der Zoll herab-
geht, doch könnte auch hierin der Zollvereinstarif ihr Lehrer sein; in¬
dem auf Gewürze oft kaum der fünfzehnte Theil des österreichischen
Zolles lastet und während z. B. im Zollverein für die Einfuhr des
Cintners Vanille blos neun Gulden achtundzwanzig Kreuzer bezahlt


Maßregel erwachsen sein mag, sollte von ihrer Seite lediglich als
eine im Interesse des Allgemeinen bezahlte Steuer, als ein Ausfall
betrachtet werden, der mit den für die ganze Zukunft erlangten Vor¬
theilen in gar keinem Verhältnisse steht. Ueberdies kann der Scha¬
den nickt bedeutend gewesen sein, weil der Kaffee nur in geringen
Partien aus den Seehäfen bezogen wird und der dort liegende Vor¬
rat!) noch unverzollt bleibt.

Noch müssen wir des Uhrenhandels erwähnen, der in einem
bedeutenden Umfange betrieben wird und besonders durch den modi-
ficirten Tarif einen neuen Aufschwung erhalten dürfte. Vorher war
die Einfuhr von Uhren gänzlich untersagt, was indeß auf die Er¬
zeugung derselben nur sehr geringen Einfluß hatte und die Nachfrage
hauptsächlich durch den Schmuggel befriedigt werden mußte. Da
die Regierung die Erfolglosigkeit ihres Schutzsystems in diesem Punkte
sah, entzog sie ihm dasselbe und gab die Einfuhr der Uhren gegen einen
Zoll von einem Gulden per Stück gänzlich frei, wodurch sie den frü¬
her in die Taschen der Pascher geflossenem Gewinn in die Staats¬
kasse leitete, indem jetzt schwerlich die Gefahr des Schleichhandels
sich belohnen würde. Doch genießen noch die Bestandtheile der Uhren
die gleiche Begünstigung, damit es in der Macht der österreichischen
Uhrmacher stehe, mit der Zeit mit den auswärtigen zu concurriren.
Um jedoch dieses zu können, müßten Schweizer Uhrcnfabrikantcn mit
ihren Arbeitern, die bekanntlich große Ortschaften bewohnen und
sehr wohlhabend sind, in's Land gezogen werden, da die Uhrcncr-
zeugung blos im Wege der Fabrikation im Großen die gewünschten
Preise stellen kann.

Zum Schlüsse müssen wir den Wunsch aussprechen, eS möge
der Negierung gefallen, das von ihr begonnene Werk der Tarifreform
bald und energisch zu vollenden und namentlich denjenigen Theil zu ver¬
vollständigen, der die Colonialwaaren umfaßt. Wahrscheinlich glaubt
die Staatsverwaltung, die Consumtion anderer Colonialproducte,
Welche weniger als der Kaffee mit dem täglichen Verbrauch verwach¬
sen sind, würde nicht in dem Grade zunehmen, als der Zoll herab-
geht, doch könnte auch hierin der Zollvereinstarif ihr Lehrer sein; in¬
dem auf Gewürze oft kaum der fünfzehnte Theil des österreichischen
Zolles lastet und während z. B. im Zollverein für die Einfuhr des
Cintners Vanille blos neun Gulden achtundzwanzig Kreuzer bezahlt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/32>, abgerufen am 22.07.2024.