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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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Geist Gottes die verblendeten Spötter jener französisch berlinischen
Akademie über Nacht plötzlich überschatten und bekehren werde.
'

-- Also doch unter Freimaurern, sagt ich mir im Stillen.

-- Ist Sanct Germanus wieder hier? fragte Burkhardt.

-- Seit mehreren Tagen schon ist er Tag und Nacht thätig, diese
Räume hier zur großen Versammlung vorzubereiten.

Ich horchte auf, mochte aber nicht fragen, wer sich hier als
"Heiliger von Deutschland" verehren ließ.

-- Der Reichsgraf hat noch nicht anbeißen wollen? fragte Burk-
hardt weiter.

-- Er verbleibt in seiner Herzenshärtigkeit, war Dreykvrn'S Ant¬
wort. Er will Nichts wissen von Neuerungen, Nichts vom Anschluß
an unser System. Er verweist aus die Statuten von Royal Uork,
die sich an die stritte Observanz der alten Formen halten, und als
Großmeister der Loge hat er alle Töchterlogen in Franken und in
der Pfalz in seiner Gewalt.

-- Um so gewisser ist uns sein zukünftiger Eidam, der Erbprinz
von H.

-- So Gott ihn stärken wolle in seinem Glauben und Vertrauen!
sagte Dreykorn. Er wird erscheinen, um der großen Sitzung bei¬
zuwohnen. Burkhardt hatte es sich im Lehnstuhl bequem gemacht,
faltete die Hände über den Leib und schien sich dem Herrn ergeben
zu wollen. Der alte Reichsgraf, brummte er vor sich hin, ist so
zu sagen ein Mann der Aufklärung. Er hat seinen Bauern Blitzab¬
leiter auf ihre Kirchthürme setzen lassen. Aber hinter der Aufklärung
steckt so gut der Teufel wie sonst wo. Und wenn er gar im Schmelz¬
tiegel nach dem rothen Pulver, nach dem Stein der Weisen sucht --

-- Ersucht ihn, wo er nicht zu finden ist! seufzte Drcykorn und
schritt mit langen Tritten im Zimmer auf und ab. Er stand dann
Plötzlich vor dem Pater still, der seine gute Natur walten ließ und
mit lautem Schnarchen seinen Friedenstrattat mit aller Welt ab¬
schloß.

Dreykorn lächelte. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist
schwach!

Ich meinerseits mußte bezweifeln, ob der Geist deS guten Burk-
hardt zu dem willig war, was hier bezweckt wurde.


Geist Gottes die verblendeten Spötter jener französisch berlinischen
Akademie über Nacht plötzlich überschatten und bekehren werde.
'

— Also doch unter Freimaurern, sagt ich mir im Stillen.

— Ist Sanct Germanus wieder hier? fragte Burkhardt.

— Seit mehreren Tagen schon ist er Tag und Nacht thätig, diese
Räume hier zur großen Versammlung vorzubereiten.

Ich horchte auf, mochte aber nicht fragen, wer sich hier als
„Heiliger von Deutschland" verehren ließ.

— Der Reichsgraf hat noch nicht anbeißen wollen? fragte Burk-
hardt weiter.

— Er verbleibt in seiner Herzenshärtigkeit, war Dreykvrn'S Ant¬
wort. Er will Nichts wissen von Neuerungen, Nichts vom Anschluß
an unser System. Er verweist aus die Statuten von Royal Uork,
die sich an die stritte Observanz der alten Formen halten, und als
Großmeister der Loge hat er alle Töchterlogen in Franken und in
der Pfalz in seiner Gewalt.

— Um so gewisser ist uns sein zukünftiger Eidam, der Erbprinz
von H.

— So Gott ihn stärken wolle in seinem Glauben und Vertrauen!
sagte Dreykorn. Er wird erscheinen, um der großen Sitzung bei¬
zuwohnen. Burkhardt hatte es sich im Lehnstuhl bequem gemacht,
faltete die Hände über den Leib und schien sich dem Herrn ergeben
zu wollen. Der alte Reichsgraf, brummte er vor sich hin, ist so
zu sagen ein Mann der Aufklärung. Er hat seinen Bauern Blitzab¬
leiter auf ihre Kirchthürme setzen lassen. Aber hinter der Aufklärung
steckt so gut der Teufel wie sonst wo. Und wenn er gar im Schmelz¬
tiegel nach dem rothen Pulver, nach dem Stein der Weisen sucht —

— Ersucht ihn, wo er nicht zu finden ist! seufzte Drcykorn und
schritt mit langen Tritten im Zimmer auf und ab. Er stand dann
Plötzlich vor dem Pater still, der seine gute Natur walten ließ und
mit lautem Schnarchen seinen Friedenstrattat mit aller Welt ab¬
schloß.

Dreykorn lächelte. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist
schwach!

Ich meinerseits mußte bezweifeln, ob der Geist deS guten Burk-
hardt zu dem willig war, was hier bezweckt wurde.


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[0319] Geist Gottes die verblendeten Spötter jener französisch berlinischen Akademie über Nacht plötzlich überschatten und bekehren werde. ' — Also doch unter Freimaurern, sagt ich mir im Stillen. — Ist Sanct Germanus wieder hier? fragte Burkhardt. — Seit mehreren Tagen schon ist er Tag und Nacht thätig, diese Räume hier zur großen Versammlung vorzubereiten. Ich horchte auf, mochte aber nicht fragen, wer sich hier als „Heiliger von Deutschland" verehren ließ. — Der Reichsgraf hat noch nicht anbeißen wollen? fragte Burk- hardt weiter. — Er verbleibt in seiner Herzenshärtigkeit, war Dreykvrn'S Ant¬ wort. Er will Nichts wissen von Neuerungen, Nichts vom Anschluß an unser System. Er verweist aus die Statuten von Royal Uork, die sich an die stritte Observanz der alten Formen halten, und als Großmeister der Loge hat er alle Töchterlogen in Franken und in der Pfalz in seiner Gewalt. — Um so gewisser ist uns sein zukünftiger Eidam, der Erbprinz von H. — So Gott ihn stärken wolle in seinem Glauben und Vertrauen! sagte Dreykorn. Er wird erscheinen, um der großen Sitzung bei¬ zuwohnen. Burkhardt hatte es sich im Lehnstuhl bequem gemacht, faltete die Hände über den Leib und schien sich dem Herrn ergeben zu wollen. Der alte Reichsgraf, brummte er vor sich hin, ist so zu sagen ein Mann der Aufklärung. Er hat seinen Bauern Blitzab¬ leiter auf ihre Kirchthürme setzen lassen. Aber hinter der Aufklärung steckt so gut der Teufel wie sonst wo. Und wenn er gar im Schmelz¬ tiegel nach dem rothen Pulver, nach dem Stein der Weisen sucht — — Ersucht ihn, wo er nicht zu finden ist! seufzte Drcykorn und schritt mit langen Tritten im Zimmer auf und ab. Er stand dann Plötzlich vor dem Pater still, der seine gute Natur walten ließ und mit lautem Schnarchen seinen Friedenstrattat mit aller Welt ab¬ schloß. Dreykorn lächelte. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach! Ich meinerseits mußte bezweifeln, ob der Geist deS guten Burk- hardt zu dem willig war, was hier bezweckt wurde.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/319>, abgerufen am 23.07.2024.