Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

"Bis hierher und nicht weiter" ^) -- drang Marschall Lefebvre
mit seinem Corps, dessen Vorhut, ein Bataillon Sachsen, nach tap¬
ferer Gegenwehr hier von den Tyroler Bauern aufgerieben wurde.
Die Besitznahme dieses Punktes durch die Oesterreicher, der auch
ohne künstliche Befestigung nicht forcirt werden konnte, zwang die
Diviston Bisson im I. 1809 bei Jnspruck die Waffen zu strecken,
und noch viele andere Ereignisse aller kriegerischen Epochen in Tyrol
lassen sich von seiner Occupation oder deren Vernachlässigung ableiten.

Es scheint uns demnach allerdings eine sehr zweckmäßige Ma߬
regel, daß man auf die Sicherstellung dieses Punktes bei Zeilen be¬
dacht gewesen; und insofern ist die Befestigung von Buren nur als
höchst vortheilhaft anzusehen. Dennoch dringen sich uns dabei noch
folgende Betrachtungen auf: Tyrol, durch seine geographische Be¬
schaffenheit sowohl als durch den Heldenstnn seiner Bevölkerung, zu
einer großen Festung an sich, zu einem festen Bollwerk Deutschlands
geeignet, hat sich seit Jahrhunderten als solches bewährt. Es ist die
einzige Provinz deö österreichischen Kaiserstaates, welche der Feind
nie erobert hat. Nur durch Traktate nahm er es in Besitz, und
es genügte stets der Wille und die Kraft der Einwohner, ihn wieder
aus demselben zu verdrängen. Es fragt sich nun, ob die ungeheuern
Kosten, welche die Brünier Befestigung veranlaßt haben muß, nicht
besser angewendet gewesen wären, wenn man sich darauf beschränkt
hätte, statt dieses Riesenbaues blos die wichtigsten Pässe am Lech,
der Scharnitz, der Eisak und der Etsch zu befestigen, auf den Brirner
Höhen etwa ein paar Thürme oder geschlossene Redouten zu erbauen,
mit dem Nest der Summen aber dem ganzen Lande eine militärische
Organisation zu geben, welche die Anhänglichkeit an das Kaiserhaus
durch Nachlaß der Steuern noch mehr befestigt, den kriegerischen
Sinn durch dahin bezweckende Uebungen erhöht und dadurch die
Selbstvertheidigung um so mehr vorbereitet hätte. Würden im Jahre
1809 und 1814 die Franzosen oder Baien außer Kuffstein noch
eine zweite Beste, wie diese bei Briren, inne gehabt haben, so hätte
die Jnsurrection im I. 1809 schwerlich so schnelle und reichhaltige Er¬
folge mit sich gebracht, und der Rieder Vertrag im Jahre 1813 wäre



Steht auf einer Standsäulc in der Nähe von Buxen.

„Bis hierher und nicht weiter" ^) — drang Marschall Lefebvre
mit seinem Corps, dessen Vorhut, ein Bataillon Sachsen, nach tap¬
ferer Gegenwehr hier von den Tyroler Bauern aufgerieben wurde.
Die Besitznahme dieses Punktes durch die Oesterreicher, der auch
ohne künstliche Befestigung nicht forcirt werden konnte, zwang die
Diviston Bisson im I. 1809 bei Jnspruck die Waffen zu strecken,
und noch viele andere Ereignisse aller kriegerischen Epochen in Tyrol
lassen sich von seiner Occupation oder deren Vernachlässigung ableiten.

Es scheint uns demnach allerdings eine sehr zweckmäßige Ma߬
regel, daß man auf die Sicherstellung dieses Punktes bei Zeilen be¬
dacht gewesen; und insofern ist die Befestigung von Buren nur als
höchst vortheilhaft anzusehen. Dennoch dringen sich uns dabei noch
folgende Betrachtungen auf: Tyrol, durch seine geographische Be¬
schaffenheit sowohl als durch den Heldenstnn seiner Bevölkerung, zu
einer großen Festung an sich, zu einem festen Bollwerk Deutschlands
geeignet, hat sich seit Jahrhunderten als solches bewährt. Es ist die
einzige Provinz deö österreichischen Kaiserstaates, welche der Feind
nie erobert hat. Nur durch Traktate nahm er es in Besitz, und
es genügte stets der Wille und die Kraft der Einwohner, ihn wieder
aus demselben zu verdrängen. Es fragt sich nun, ob die ungeheuern
Kosten, welche die Brünier Befestigung veranlaßt haben muß, nicht
besser angewendet gewesen wären, wenn man sich darauf beschränkt
hätte, statt dieses Riesenbaues blos die wichtigsten Pässe am Lech,
der Scharnitz, der Eisak und der Etsch zu befestigen, auf den Brirner
Höhen etwa ein paar Thürme oder geschlossene Redouten zu erbauen,
mit dem Nest der Summen aber dem ganzen Lande eine militärische
Organisation zu geben, welche die Anhänglichkeit an das Kaiserhaus
durch Nachlaß der Steuern noch mehr befestigt, den kriegerischen
Sinn durch dahin bezweckende Uebungen erhöht und dadurch die
Selbstvertheidigung um so mehr vorbereitet hätte. Würden im Jahre
1809 und 1814 die Franzosen oder Baien außer Kuffstein noch
eine zweite Beste, wie diese bei Briren, inne gehabt haben, so hätte
die Jnsurrection im I. 1809 schwerlich so schnelle und reichhaltige Er¬
folge mit sich gebracht, und der Rieder Vertrag im Jahre 1813 wäre



Steht auf einer Standsäulc in der Nähe von Buxen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0278" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/269695"/>
          <p xml:id="ID_792"> &#x201E;Bis hierher und nicht weiter" ^) &#x2014; drang Marschall Lefebvre<lb/>
mit seinem Corps, dessen Vorhut, ein Bataillon Sachsen, nach tap¬<lb/>
ferer Gegenwehr hier von den Tyroler Bauern aufgerieben wurde.<lb/>
Die Besitznahme dieses Punktes durch die Oesterreicher, der auch<lb/>
ohne künstliche Befestigung nicht forcirt werden konnte, zwang die<lb/>
Diviston Bisson im I. 1809 bei Jnspruck die Waffen zu strecken,<lb/>
und noch viele andere Ereignisse aller kriegerischen Epochen in Tyrol<lb/>
lassen sich von seiner Occupation oder deren Vernachlässigung ableiten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_793" next="#ID_794"> Es scheint uns demnach allerdings eine sehr zweckmäßige Ma߬<lb/>
regel, daß man auf die Sicherstellung dieses Punktes bei Zeilen be¬<lb/>
dacht gewesen; und insofern ist die Befestigung von Buren nur als<lb/>
höchst vortheilhaft anzusehen. Dennoch dringen sich uns dabei noch<lb/>
folgende Betrachtungen auf: Tyrol, durch seine geographische Be¬<lb/>
schaffenheit sowohl als durch den Heldenstnn seiner Bevölkerung, zu<lb/>
einer großen Festung an sich, zu einem festen Bollwerk Deutschlands<lb/>
geeignet, hat sich seit Jahrhunderten als solches bewährt. Es ist die<lb/>
einzige Provinz deö österreichischen Kaiserstaates, welche der Feind<lb/>
nie erobert hat. Nur durch Traktate nahm er es in Besitz, und<lb/>
es genügte stets der Wille und die Kraft der Einwohner, ihn wieder<lb/>
aus demselben zu verdrängen. Es fragt sich nun, ob die ungeheuern<lb/>
Kosten, welche die Brünier Befestigung veranlaßt haben muß, nicht<lb/>
besser angewendet gewesen wären, wenn man sich darauf beschränkt<lb/>
hätte, statt dieses Riesenbaues blos die wichtigsten Pässe am Lech,<lb/>
der Scharnitz, der Eisak und der Etsch zu befestigen, auf den Brirner<lb/>
Höhen etwa ein paar Thürme oder geschlossene Redouten zu erbauen,<lb/>
mit dem Nest der Summen aber dem ganzen Lande eine militärische<lb/>
Organisation zu geben, welche die Anhänglichkeit an das Kaiserhaus<lb/>
durch Nachlaß der Steuern noch mehr befestigt, den kriegerischen<lb/>
Sinn durch dahin bezweckende Uebungen erhöht und dadurch die<lb/>
Selbstvertheidigung um so mehr vorbereitet hätte. Würden im Jahre<lb/>
1809 und 1814 die Franzosen oder Baien außer Kuffstein noch<lb/>
eine zweite Beste, wie diese bei Briren, inne gehabt haben, so hätte<lb/>
die Jnsurrection im I. 1809 schwerlich so schnelle und reichhaltige Er¬<lb/>
folge mit sich gebracht, und der Rieder Vertrag im Jahre 1813 wäre</p><lb/>
          <note xml:id="FID_39" place="foot"> Steht auf einer Standsäulc in der Nähe von Buxen.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0278] „Bis hierher und nicht weiter" ^) — drang Marschall Lefebvre mit seinem Corps, dessen Vorhut, ein Bataillon Sachsen, nach tap¬ ferer Gegenwehr hier von den Tyroler Bauern aufgerieben wurde. Die Besitznahme dieses Punktes durch die Oesterreicher, der auch ohne künstliche Befestigung nicht forcirt werden konnte, zwang die Diviston Bisson im I. 1809 bei Jnspruck die Waffen zu strecken, und noch viele andere Ereignisse aller kriegerischen Epochen in Tyrol lassen sich von seiner Occupation oder deren Vernachlässigung ableiten. Es scheint uns demnach allerdings eine sehr zweckmäßige Ma߬ regel, daß man auf die Sicherstellung dieses Punktes bei Zeilen be¬ dacht gewesen; und insofern ist die Befestigung von Buren nur als höchst vortheilhaft anzusehen. Dennoch dringen sich uns dabei noch folgende Betrachtungen auf: Tyrol, durch seine geographische Be¬ schaffenheit sowohl als durch den Heldenstnn seiner Bevölkerung, zu einer großen Festung an sich, zu einem festen Bollwerk Deutschlands geeignet, hat sich seit Jahrhunderten als solches bewährt. Es ist die einzige Provinz deö österreichischen Kaiserstaates, welche der Feind nie erobert hat. Nur durch Traktate nahm er es in Besitz, und es genügte stets der Wille und die Kraft der Einwohner, ihn wieder aus demselben zu verdrängen. Es fragt sich nun, ob die ungeheuern Kosten, welche die Brünier Befestigung veranlaßt haben muß, nicht besser angewendet gewesen wären, wenn man sich darauf beschränkt hätte, statt dieses Riesenbaues blos die wichtigsten Pässe am Lech, der Scharnitz, der Eisak und der Etsch zu befestigen, auf den Brirner Höhen etwa ein paar Thürme oder geschlossene Redouten zu erbauen, mit dem Nest der Summen aber dem ganzen Lande eine militärische Organisation zu geben, welche die Anhänglichkeit an das Kaiserhaus durch Nachlaß der Steuern noch mehr befestigt, den kriegerischen Sinn durch dahin bezweckende Uebungen erhöht und dadurch die Selbstvertheidigung um so mehr vorbereitet hätte. Würden im Jahre 1809 und 1814 die Franzosen oder Baien außer Kuffstein noch eine zweite Beste, wie diese bei Briren, inne gehabt haben, so hätte die Jnsurrection im I. 1809 schwerlich so schnelle und reichhaltige Er¬ folge mit sich gebracht, und der Rieder Vertrag im Jahre 1813 wäre Steht auf einer Standsäulc in der Nähe von Buxen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/278
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/278>, abgerufen am 22.07.2024.