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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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tiges, ätzendes, Rausch und Wahnsinn erzeugendes Element. -- Ich
habe Millionen Menschen von ihren täglichen Beschäftigungen abge¬
zogen und warf sie in den Strudel dieses Elementes: sie gehen darin
zu Grunde und ziehen noch ganze Generationen mit sich in den
Abgrund. Mit Hilfe dieser wichtigen Blättchen bestimme ich Revo¬
lutionen für festgesetzte Tage und Stunden, entthrone die Gewalt¬
haber, mache Gesetze nach Belieben und regiere als Autokrat über
einen großen Theil der Erdkugel, über Frankreich, England, einen
Theil Deutschlands, Ostindien und über ganz Amerika. Wenn Ew.
Finsterniß durch einen Versuch sich überzeugen wollen, zu welcher
Vollkommenheit ich die höllische Macht der Journalistik gebracht, so
erlauben Sie mir aus Frankreich, England und Sachsen (!) einige
Journalisten zu verschreiben, um in der Hölle einige politische Blätter
zu gründen: ich bürge mit meinem Schwänze, daß in drei Monaten
unter den Verdammten ein solcher Aufruhr ausbricht, daß Ew. Fin¬
sterniß sich in die Nothwendigkeit versetzt sehen werden, die Hölle in
Belagerungszustand zu erklären. Dafür erhalten nun Ew. Finsterniß
eine Katzenmusik, wie sie noch kein Mitglied der mittleren Mitte...."

-- Ach, du Taugenichts!.... rief der Satan grimmig aus
und gab dem Journalistenteufel einen Nasenstüber, daß er sich auf
der Spitze seines Hutes eine ganze Woche herumdrehte. -- Sonder¬
bar, wie sie jetzt schreiben!.... Lies' von oben nach unten, oder von
unten nach oben, es kommen nur Narrheiten und Frechheiten zum
Vorschein!... Bubantus ist übrigens ein ordentlicher Teufel; er dient
mir treulich, und nur in der Gesellschaft der Journalisten ist er etwas
liberal und frech geworden und vergißt die mir schuldige Ehrfurcht.
Möge er nur zur Strafe sich drehen. Man bringe mir meine Pfeife.

Der Sultan Muhamed II., der Eroberer Konstantinopels, be¬
kleidet am Hofe Seiner Unreinen Tiefheit die hohe Würde eines
Pfeifen-Paschas; er putzt und stopft seine ungeheuere kupferne
Pfeife, aus dem Kopfe des rhodischen Kolosses gefertigt. In diese
Pfeife legt man einen Wagen faules Heu, den Lieblingstabak des
Satans. Die Teufel stehlen diesen Tabak aus den irdischen Kron¬
niederlagen, und daraus entstehen die verschiedenen Defekte, welche
man dann mit Unrecht als Unterschleife betrachtet.

Muhamed II. reichte feierlich die Pfeife Sr. Finsterniß. Satanas


Grcnzüotc". 1845. I. 3l)

tiges, ätzendes, Rausch und Wahnsinn erzeugendes Element. — Ich
habe Millionen Menschen von ihren täglichen Beschäftigungen abge¬
zogen und warf sie in den Strudel dieses Elementes: sie gehen darin
zu Grunde und ziehen noch ganze Generationen mit sich in den
Abgrund. Mit Hilfe dieser wichtigen Blättchen bestimme ich Revo¬
lutionen für festgesetzte Tage und Stunden, entthrone die Gewalt¬
haber, mache Gesetze nach Belieben und regiere als Autokrat über
einen großen Theil der Erdkugel, über Frankreich, England, einen
Theil Deutschlands, Ostindien und über ganz Amerika. Wenn Ew.
Finsterniß durch einen Versuch sich überzeugen wollen, zu welcher
Vollkommenheit ich die höllische Macht der Journalistik gebracht, so
erlauben Sie mir aus Frankreich, England und Sachsen (!) einige
Journalisten zu verschreiben, um in der Hölle einige politische Blätter
zu gründen: ich bürge mit meinem Schwänze, daß in drei Monaten
unter den Verdammten ein solcher Aufruhr ausbricht, daß Ew. Fin¬
sterniß sich in die Nothwendigkeit versetzt sehen werden, die Hölle in
Belagerungszustand zu erklären. Dafür erhalten nun Ew. Finsterniß
eine Katzenmusik, wie sie noch kein Mitglied der mittleren Mitte...."

— Ach, du Taugenichts!.... rief der Satan grimmig aus
und gab dem Journalistenteufel einen Nasenstüber, daß er sich auf
der Spitze seines Hutes eine ganze Woche herumdrehte. — Sonder¬
bar, wie sie jetzt schreiben!.... Lies' von oben nach unten, oder von
unten nach oben, es kommen nur Narrheiten und Frechheiten zum
Vorschein!... Bubantus ist übrigens ein ordentlicher Teufel; er dient
mir treulich, und nur in der Gesellschaft der Journalisten ist er etwas
liberal und frech geworden und vergißt die mir schuldige Ehrfurcht.
Möge er nur zur Strafe sich drehen. Man bringe mir meine Pfeife.

Der Sultan Muhamed II., der Eroberer Konstantinopels, be¬
kleidet am Hofe Seiner Unreinen Tiefheit die hohe Würde eines
Pfeifen-Paschas; er putzt und stopft seine ungeheuere kupferne
Pfeife, aus dem Kopfe des rhodischen Kolosses gefertigt. In diese
Pfeife legt man einen Wagen faules Heu, den Lieblingstabak des
Satans. Die Teufel stehlen diesen Tabak aus den irdischen Kron¬
niederlagen, und daraus entstehen die verschiedenen Defekte, welche
man dann mit Unrecht als Unterschleife betrachtet.

Muhamed II. reichte feierlich die Pfeife Sr. Finsterniß. Satanas


Grcnzüotc». 1845. I. 3l)
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[0235] tiges, ätzendes, Rausch und Wahnsinn erzeugendes Element. — Ich habe Millionen Menschen von ihren täglichen Beschäftigungen abge¬ zogen und warf sie in den Strudel dieses Elementes: sie gehen darin zu Grunde und ziehen noch ganze Generationen mit sich in den Abgrund. Mit Hilfe dieser wichtigen Blättchen bestimme ich Revo¬ lutionen für festgesetzte Tage und Stunden, entthrone die Gewalt¬ haber, mache Gesetze nach Belieben und regiere als Autokrat über einen großen Theil der Erdkugel, über Frankreich, England, einen Theil Deutschlands, Ostindien und über ganz Amerika. Wenn Ew. Finsterniß durch einen Versuch sich überzeugen wollen, zu welcher Vollkommenheit ich die höllische Macht der Journalistik gebracht, so erlauben Sie mir aus Frankreich, England und Sachsen (!) einige Journalisten zu verschreiben, um in der Hölle einige politische Blätter zu gründen: ich bürge mit meinem Schwänze, daß in drei Monaten unter den Verdammten ein solcher Aufruhr ausbricht, daß Ew. Fin¬ sterniß sich in die Nothwendigkeit versetzt sehen werden, die Hölle in Belagerungszustand zu erklären. Dafür erhalten nun Ew. Finsterniß eine Katzenmusik, wie sie noch kein Mitglied der mittleren Mitte...." — Ach, du Taugenichts!.... rief der Satan grimmig aus und gab dem Journalistenteufel einen Nasenstüber, daß er sich auf der Spitze seines Hutes eine ganze Woche herumdrehte. — Sonder¬ bar, wie sie jetzt schreiben!.... Lies' von oben nach unten, oder von unten nach oben, es kommen nur Narrheiten und Frechheiten zum Vorschein!... Bubantus ist übrigens ein ordentlicher Teufel; er dient mir treulich, und nur in der Gesellschaft der Journalisten ist er etwas liberal und frech geworden und vergißt die mir schuldige Ehrfurcht. Möge er nur zur Strafe sich drehen. Man bringe mir meine Pfeife. Der Sultan Muhamed II., der Eroberer Konstantinopels, be¬ kleidet am Hofe Seiner Unreinen Tiefheit die hohe Würde eines Pfeifen-Paschas; er putzt und stopft seine ungeheuere kupferne Pfeife, aus dem Kopfe des rhodischen Kolosses gefertigt. In diese Pfeife legt man einen Wagen faules Heu, den Lieblingstabak des Satans. Die Teufel stehlen diesen Tabak aus den irdischen Kron¬ niederlagen, und daraus entstehen die verschiedenen Defekte, welche man dann mit Unrecht als Unterschleife betrachtet. Muhamed II. reichte feierlich die Pfeife Sr. Finsterniß. Satanas Grcnzüotc». 1845. I. 3l)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/235>, abgerufen am 26.08.2024.