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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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-- Sie mache" vortreffliche Spitzelt und Blonden, auch stehlen sie
bei andern Völkern Bücher und drucken sie nach; nebstbei schreiben
sie Zeitungen, die Niemand liest.

-- Ich habe nie von einem solchen Volke gehört! sagte Sata¬
nas und.... meßte, daß es in der Hölle widerhallte. Alle Ver¬
dammten schrien "Hurrah!!!" und in den Brüsseler Zeitungen stand
am andern Tage, daß die Holländer zweihundert Kanonen abgefeuert.

-- Diese zwei Völker, fuhr der Oberpräsident fort, habe ich mit
einander in Streit gebracht, und zwei Morastreiche gegründet. Auch
dort ist dasselbe Gesetz eingeführt wie in Frankreich, und auch von
dort können Ew. Finsterniß auf IVYM Seelen jährlich rechnen.

-- Gut! sagte Satanas. Was weiter?

-- Dann habe ich wieder ein Volk revolutionirt, das glücklich
an den Ufern eines großen Flusses im Norden wohnte. Ich habe
dieses ungeheuer leichtgläubige Volk so verwirrt, daß es wie verzwei¬
felt focht, zu Grunde ging und jetzt noch nicht weiß, wofür es ge¬
fochten. Gegen IM00V Verdammte haben dadurch Ew. Finsterniß
Staaten bevölkert.

-- IZitriI?o äobxv! sagte der Satan, der ein berühmter Philosoph
ist. Was nun weiter?

-- Nach diesen drei gefeierten Revolutionen zog ich mich nach
Paris in's Hauptquartier zurück und schrieb aus Langeweile eine
gelehrte Abhandlung: Von der Oberherrschaft der Schuster,
Tagelöhner, Fuhrleute, Bettler, Vagabunden u. f. w.,
die ich Ew. Finsterniß zu widmen die Ehre zu haben wünsche.

-- Widme sie deinen Freunden, den Menschen, erwiederte Sa¬
tanas mürrisch. Ich wünsche zu wissen, womit die Revolution im
Norden geendigt?

-- Mit Nichts, Ew. Finsterniß. Wir wurden geschlagen und
verjagt und ein bärtiger Kosak, der von einer ordentlichen Revolu¬
tion durchaus keine Idee hat, brachte mir nun a Posteriori die Wunde
bei, welche Ew. Finsterniß bereits in Augenschein zu nehmen geruhte.
Jetzt bin ich ein Invalide und bitte um Urlaub auf sechs Monate,
um in'S Ausland zu reisen und die warmen Bäder zu besuchen.

-- Du bekommst keinen Urlaub, weil du ihn erstlich nicht ver¬
dienst, und zweitens, weil ich dich brauche, die diplomatischen Ange-


29*

— Sie mache» vortreffliche Spitzelt und Blonden, auch stehlen sie
bei andern Völkern Bücher und drucken sie nach; nebstbei schreiben
sie Zeitungen, die Niemand liest.

— Ich habe nie von einem solchen Volke gehört! sagte Sata¬
nas und.... meßte, daß es in der Hölle widerhallte. Alle Ver¬
dammten schrien „Hurrah!!!" und in den Brüsseler Zeitungen stand
am andern Tage, daß die Holländer zweihundert Kanonen abgefeuert.

— Diese zwei Völker, fuhr der Oberpräsident fort, habe ich mit
einander in Streit gebracht, und zwei Morastreiche gegründet. Auch
dort ist dasselbe Gesetz eingeführt wie in Frankreich, und auch von
dort können Ew. Finsterniß auf IVYM Seelen jährlich rechnen.

— Gut! sagte Satanas. Was weiter?

— Dann habe ich wieder ein Volk revolutionirt, das glücklich
an den Ufern eines großen Flusses im Norden wohnte. Ich habe
dieses ungeheuer leichtgläubige Volk so verwirrt, daß es wie verzwei¬
felt focht, zu Grunde ging und jetzt noch nicht weiß, wofür es ge¬
fochten. Gegen IM00V Verdammte haben dadurch Ew. Finsterniß
Staaten bevölkert.

— IZitriI?o äobxv! sagte der Satan, der ein berühmter Philosoph
ist. Was nun weiter?

— Nach diesen drei gefeierten Revolutionen zog ich mich nach
Paris in's Hauptquartier zurück und schrieb aus Langeweile eine
gelehrte Abhandlung: Von der Oberherrschaft der Schuster,
Tagelöhner, Fuhrleute, Bettler, Vagabunden u. f. w.,
die ich Ew. Finsterniß zu widmen die Ehre zu haben wünsche.

— Widme sie deinen Freunden, den Menschen, erwiederte Sa¬
tanas mürrisch. Ich wünsche zu wissen, womit die Revolution im
Norden geendigt?

— Mit Nichts, Ew. Finsterniß. Wir wurden geschlagen und
verjagt und ein bärtiger Kosak, der von einer ordentlichen Revolu¬
tion durchaus keine Idee hat, brachte mir nun a Posteriori die Wunde
bei, welche Ew. Finsterniß bereits in Augenschein zu nehmen geruhte.
Jetzt bin ich ein Invalide und bitte um Urlaub auf sechs Monate,
um in'S Ausland zu reisen und die warmen Bäder zu besuchen.

— Du bekommst keinen Urlaub, weil du ihn erstlich nicht ver¬
dienst, und zweitens, weil ich dich brauche, die diplomatischen Ange-


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[0229] — Sie mache» vortreffliche Spitzelt und Blonden, auch stehlen sie bei andern Völkern Bücher und drucken sie nach; nebstbei schreiben sie Zeitungen, die Niemand liest. — Ich habe nie von einem solchen Volke gehört! sagte Sata¬ nas und.... meßte, daß es in der Hölle widerhallte. Alle Ver¬ dammten schrien „Hurrah!!!" und in den Brüsseler Zeitungen stand am andern Tage, daß die Holländer zweihundert Kanonen abgefeuert. — Diese zwei Völker, fuhr der Oberpräsident fort, habe ich mit einander in Streit gebracht, und zwei Morastreiche gegründet. Auch dort ist dasselbe Gesetz eingeführt wie in Frankreich, und auch von dort können Ew. Finsterniß auf IVYM Seelen jährlich rechnen. — Gut! sagte Satanas. Was weiter? — Dann habe ich wieder ein Volk revolutionirt, das glücklich an den Ufern eines großen Flusses im Norden wohnte. Ich habe dieses ungeheuer leichtgläubige Volk so verwirrt, daß es wie verzwei¬ felt focht, zu Grunde ging und jetzt noch nicht weiß, wofür es ge¬ fochten. Gegen IM00V Verdammte haben dadurch Ew. Finsterniß Staaten bevölkert. — IZitriI?o äobxv! sagte der Satan, der ein berühmter Philosoph ist. Was nun weiter? — Nach diesen drei gefeierten Revolutionen zog ich mich nach Paris in's Hauptquartier zurück und schrieb aus Langeweile eine gelehrte Abhandlung: Von der Oberherrschaft der Schuster, Tagelöhner, Fuhrleute, Bettler, Vagabunden u. f. w., die ich Ew. Finsterniß zu widmen die Ehre zu haben wünsche. — Widme sie deinen Freunden, den Menschen, erwiederte Sa¬ tanas mürrisch. Ich wünsche zu wissen, womit die Revolution im Norden geendigt? — Mit Nichts, Ew. Finsterniß. Wir wurden geschlagen und verjagt und ein bärtiger Kosak, der von einer ordentlichen Revolu¬ tion durchaus keine Idee hat, brachte mir nun a Posteriori die Wunde bei, welche Ew. Finsterniß bereits in Augenschein zu nehmen geruhte. Jetzt bin ich ein Invalide und bitte um Urlaub auf sechs Monate, um in'S Ausland zu reisen und die warmen Bäder zu besuchen. — Du bekommst keinen Urlaub, weil du ihn erstlich nicht ver¬ dienst, und zweitens, weil ich dich brauche, die diplomatischen Ange- 29*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/229>, abgerufen am 23.07.2024.