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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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der Hölle gewirkt: als Beweise dienen das gebrochene Horn, das
eingebüßte Auge.

-- Von diesem Auge erzählst du mir schon über 800 Jahre¬
ich erinnere mich in den Werken der Bvllandistcn gelesen zu haben,
daß es dir Peter der Einsiedler mit seinem Schuhe ausgestoßen, und
daS Horn hast du im Anfange des 17. Jahrhunderts gebrochen,
als du dich zu viel mit den Jesuiten befreundet --

-- Ja wohl sind diese Wunden etwas veraltet, doch unaufhör¬
lich für den Ruhm Ew. Finsterniß bedacht, bin ich jetzt wieder ge¬
fährlich bei Krakau verwundet worden und mußte mich auf öster¬
reichisches Gebiet flüchten.

-- Ha, ha, ha, armer Oberpräsident, rief der Satan in guter
Laune aus, die mit dem Pflaster belegte Stelle betrachtend. Doch
erzähle etwas von deinen Kunststücken.

-- Es ist schon Ew. Finsterniß bekannt, daß ich vor mehreren
Jahren in Paris eine herrliche Revolution bewerkstelligt. Blut floß
in Strömen, eS war ein wahres Stiergefecht, bis ich endlich Frieden
stiftete unter der Bedingung, daß der Herrscher König und das Volk
Herrscher sei.

-- Wie, wie das?... was ist das wieder für Unsinn! Ich ver¬
stehe kein Wort davon.

-- Ich und Andere eben so wenig. Indessen wurde es mit
Entzückung aufgenommen, ich schwöre es beim Schwänze Ew. Fin¬
sterniß.

-- Doch welcher Gewinn erwächst mir daraus? Lieber hätten sie
den Kampf fortsetzen sollen.

-- Der Gewinn liegt auf der Hand. In Folge dieser Bedin¬
gung wird der Streit, Mord, Todschlag so lange dauern, bis ent¬
weder der König oder das Volk ganz regieren. Ew. Finsterniß er->
halten dadurch jährlich wenigstens 4V0V0 zu Grunde gegangene
Seelen.

-- Beile, was weiter?

-- Dann gibt's in einem Winkel der Erde ein unbekanntes
Volk, das an Morästen wohnt, das mit einem andern Volke aus
der Gegend ein Ganzes bildete.

-- Womit beschäftigt sich dieses namenlose Volk?


der Hölle gewirkt: als Beweise dienen das gebrochene Horn, das
eingebüßte Auge.

— Von diesem Auge erzählst du mir schon über 800 Jahre¬
ich erinnere mich in den Werken der Bvllandistcn gelesen zu haben,
daß es dir Peter der Einsiedler mit seinem Schuhe ausgestoßen, und
daS Horn hast du im Anfange des 17. Jahrhunderts gebrochen,
als du dich zu viel mit den Jesuiten befreundet —

— Ja wohl sind diese Wunden etwas veraltet, doch unaufhör¬
lich für den Ruhm Ew. Finsterniß bedacht, bin ich jetzt wieder ge¬
fährlich bei Krakau verwundet worden und mußte mich auf öster¬
reichisches Gebiet flüchten.

— Ha, ha, ha, armer Oberpräsident, rief der Satan in guter
Laune aus, die mit dem Pflaster belegte Stelle betrachtend. Doch
erzähle etwas von deinen Kunststücken.

— Es ist schon Ew. Finsterniß bekannt, daß ich vor mehreren
Jahren in Paris eine herrliche Revolution bewerkstelligt. Blut floß
in Strömen, eS war ein wahres Stiergefecht, bis ich endlich Frieden
stiftete unter der Bedingung, daß der Herrscher König und das Volk
Herrscher sei.

— Wie, wie das?... was ist das wieder für Unsinn! Ich ver¬
stehe kein Wort davon.

— Ich und Andere eben so wenig. Indessen wurde es mit
Entzückung aufgenommen, ich schwöre es beim Schwänze Ew. Fin¬
sterniß.

— Doch welcher Gewinn erwächst mir daraus? Lieber hätten sie
den Kampf fortsetzen sollen.

— Der Gewinn liegt auf der Hand. In Folge dieser Bedin¬
gung wird der Streit, Mord, Todschlag so lange dauern, bis ent¬
weder der König oder das Volk ganz regieren. Ew. Finsterniß er->
halten dadurch jährlich wenigstens 4V0V0 zu Grunde gegangene
Seelen.

— Beile, was weiter?

— Dann gibt's in einem Winkel der Erde ein unbekanntes
Volk, das an Morästen wohnt, das mit einem andern Volke aus
der Gegend ein Ganzes bildete.

— Womit beschäftigt sich dieses namenlose Volk?


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[0228] der Hölle gewirkt: als Beweise dienen das gebrochene Horn, das eingebüßte Auge. — Von diesem Auge erzählst du mir schon über 800 Jahre¬ ich erinnere mich in den Werken der Bvllandistcn gelesen zu haben, daß es dir Peter der Einsiedler mit seinem Schuhe ausgestoßen, und daS Horn hast du im Anfange des 17. Jahrhunderts gebrochen, als du dich zu viel mit den Jesuiten befreundet — — Ja wohl sind diese Wunden etwas veraltet, doch unaufhör¬ lich für den Ruhm Ew. Finsterniß bedacht, bin ich jetzt wieder ge¬ fährlich bei Krakau verwundet worden und mußte mich auf öster¬ reichisches Gebiet flüchten. — Ha, ha, ha, armer Oberpräsident, rief der Satan in guter Laune aus, die mit dem Pflaster belegte Stelle betrachtend. Doch erzähle etwas von deinen Kunststücken. — Es ist schon Ew. Finsterniß bekannt, daß ich vor mehreren Jahren in Paris eine herrliche Revolution bewerkstelligt. Blut floß in Strömen, eS war ein wahres Stiergefecht, bis ich endlich Frieden stiftete unter der Bedingung, daß der Herrscher König und das Volk Herrscher sei. — Wie, wie das?... was ist das wieder für Unsinn! Ich ver¬ stehe kein Wort davon. — Ich und Andere eben so wenig. Indessen wurde es mit Entzückung aufgenommen, ich schwöre es beim Schwänze Ew. Fin¬ sterniß. — Doch welcher Gewinn erwächst mir daraus? Lieber hätten sie den Kampf fortsetzen sollen. — Der Gewinn liegt auf der Hand. In Folge dieser Bedin¬ gung wird der Streit, Mord, Todschlag so lange dauern, bis ent¬ weder der König oder das Volk ganz regieren. Ew. Finsterniß er-> halten dadurch jährlich wenigstens 4V0V0 zu Grunde gegangene Seelen. — Beile, was weiter? — Dann gibt's in einem Winkel der Erde ein unbekanntes Volk, das an Morästen wohnt, das mit einem andern Volke aus der Gegend ein Ganzes bildete. — Womit beschäftigt sich dieses namenlose Volk?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/228>, abgerufen am 23.07.2024.