Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.so vielen Spielraum gestattet, daß man hernach, welches auch die sich Die Vorlesungen des sogenannten "wissenschaftlichen Vereins so vielen Spielraum gestattet, daß man hernach, welches auch die sich Die Vorlesungen des sogenannten „wissenschaftlichen Vereins <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0194" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/269611"/> <p xml:id="ID_515" prev="#ID_514"> so vielen Spielraum gestattet, daß man hernach, welches auch die sich<lb/> herausstellenden Bedürfnisse zur Aushilfe der Arbeiterklasse feien, Mit¬<lb/> tel und Wege besitzt, darauf einzugehen. Und das scheint vollkommen<lb/> der Fall. Die drei ersten den Zweck und die Mittel des Vereins be¬<lb/> treffenden Paragraphen wurden daher auch mit Ausnahme einer von<lb/> 1>i. Nauwerk vorgeschlagenen, ganz angemessenen Veränderung in der<lb/> Satzsolge, ungeachtet einiger lebhaften Einwürfe, vollständig genehmigt.<lb/> Die Aufgabe des Vereins ist darnach, nicht sowohl vorhandene Noth<lb/> zu lindern — was man den bestehenden Wohlthätigkeits-Instituten<lb/> überlassen müsse — als der drohenden leiblichen und geistigen Noth<lb/> der Abeiterklassen vorzubeugen. Die Stadt selbst wird in Bezirke ein¬<lb/> getheilt, deren jeder alljährlich zwanzig Bezirksv.rtreter erwählt, welche<lb/> sich durch eigene Nachwahl bis aus dreißig ergänzen und in beständiger<lb/> Kenntniß aller den Zweck des Localvereins angehenden Zustande er¬<lb/> halten. Zur Berichterstattung ist, außer den gewöhnlichen Versamm¬<lb/> lungen des Vereins-Vorstandes und des Ausschusses, in jedem Be¬<lb/> zirke vierteljährlich eine allgemeine Bezirksversammlung angesetzt. Es<lb/> wurde von mehreren Mitgliedern der Antrag gemacht, wöchentliche<lb/> Bczirksversammlungcn stattfinden zu lassen, in welchen die Angelegen¬<lb/> heiten der Arbeiter besprochen werden sollten. Die Besonneneren aber<lb/> fragten mit Recht, ob man durch eine solche Bestimmung, die das<lb/> Mißtrauen der Regierung im höchsten Grad erregen würde, nicht die<lb/> Existenz des ganzen Vereins auf das Spiel setze, und so kam es<lb/> denn auch, daß das betreffende Amendement mit großer Majorität be¬<lb/> seitigt ward, der ursprüngliche Paragraph aber doch auch nur mit 154<lb/> gegen 132 Stimmen genehmigt wurde."</p><lb/> <p xml:id="ID_516" next="#ID_517"> Die Vorlesungen des sogenannten „wissenschaftlichen Vereins<lb/> haben seit der vorigen Woche wieder begonnen, und zwar finden sie,<lb/> wie nun bereits im vierten Winter, im Saale der Singakademie vor<lb/> demselben Herren- und Damen-Publicum statt, das von Anfang an<lb/> darauf abonnirt hatte. Nur hin und wieder wird ein neuer Abon¬<lb/> nent an die Stelle eines Ausgetretenen oder Verstorbenen eingeschoben.<lb/> Ob aber die Zuhörer und ZuHörerinnen, die bereits ein Triennium<lb/> zurückgelegt und das vierte Studienjahr begonnen haben, jetzt mehr<lb/> wissen, als da der „wissenschaftliche Verein" begann, möchten wir<lb/> billig bezweifeln. Es gewahrt in der That einen eigenthümlichen An¬<lb/> blick, zuweilen die vornehmen, sehr ennuyieren und unverkennbar schläf¬<lb/> rigen Gesichter zu betrachten, die doch so thun müssen, als hätten sie<lb/> das lebhafteste Interesse an dem archäologischen, historischen oder ethno¬<lb/> graphischen Gegenstand, der eben vorgetragen wird. Am vorletzten<lb/> Sonnabend las Professor Zumpt, der Viertelsmeister unseres Quartier<lb/> Ladin, über die Religion, oder vielmehr über die Gottheiten und die<lb/> Feste der alten Römer, die bekanntlich von der Frömmigkeit unserer<lb/> Zeit Nichts wußten. Am darauf folgenden Sonnabend las Alfred</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0194]
so vielen Spielraum gestattet, daß man hernach, welches auch die sich
herausstellenden Bedürfnisse zur Aushilfe der Arbeiterklasse feien, Mit¬
tel und Wege besitzt, darauf einzugehen. Und das scheint vollkommen
der Fall. Die drei ersten den Zweck und die Mittel des Vereins be¬
treffenden Paragraphen wurden daher auch mit Ausnahme einer von
1>i. Nauwerk vorgeschlagenen, ganz angemessenen Veränderung in der
Satzsolge, ungeachtet einiger lebhaften Einwürfe, vollständig genehmigt.
Die Aufgabe des Vereins ist darnach, nicht sowohl vorhandene Noth
zu lindern — was man den bestehenden Wohlthätigkeits-Instituten
überlassen müsse — als der drohenden leiblichen und geistigen Noth
der Abeiterklassen vorzubeugen. Die Stadt selbst wird in Bezirke ein¬
getheilt, deren jeder alljährlich zwanzig Bezirksv.rtreter erwählt, welche
sich durch eigene Nachwahl bis aus dreißig ergänzen und in beständiger
Kenntniß aller den Zweck des Localvereins angehenden Zustande er¬
halten. Zur Berichterstattung ist, außer den gewöhnlichen Versamm¬
lungen des Vereins-Vorstandes und des Ausschusses, in jedem Be¬
zirke vierteljährlich eine allgemeine Bezirksversammlung angesetzt. Es
wurde von mehreren Mitgliedern der Antrag gemacht, wöchentliche
Bczirksversammlungcn stattfinden zu lassen, in welchen die Angelegen¬
heiten der Arbeiter besprochen werden sollten. Die Besonneneren aber
fragten mit Recht, ob man durch eine solche Bestimmung, die das
Mißtrauen der Regierung im höchsten Grad erregen würde, nicht die
Existenz des ganzen Vereins auf das Spiel setze, und so kam es
denn auch, daß das betreffende Amendement mit großer Majorität be¬
seitigt ward, der ursprüngliche Paragraph aber doch auch nur mit 154
gegen 132 Stimmen genehmigt wurde."
Die Vorlesungen des sogenannten „wissenschaftlichen Vereins
haben seit der vorigen Woche wieder begonnen, und zwar finden sie,
wie nun bereits im vierten Winter, im Saale der Singakademie vor
demselben Herren- und Damen-Publicum statt, das von Anfang an
darauf abonnirt hatte. Nur hin und wieder wird ein neuer Abon¬
nent an die Stelle eines Ausgetretenen oder Verstorbenen eingeschoben.
Ob aber die Zuhörer und ZuHörerinnen, die bereits ein Triennium
zurückgelegt und das vierte Studienjahr begonnen haben, jetzt mehr
wissen, als da der „wissenschaftliche Verein" begann, möchten wir
billig bezweifeln. Es gewahrt in der That einen eigenthümlichen An¬
blick, zuweilen die vornehmen, sehr ennuyieren und unverkennbar schläf¬
rigen Gesichter zu betrachten, die doch so thun müssen, als hätten sie
das lebhafteste Interesse an dem archäologischen, historischen oder ethno¬
graphischen Gegenstand, der eben vorgetragen wird. Am vorletzten
Sonnabend las Professor Zumpt, der Viertelsmeister unseres Quartier
Ladin, über die Religion, oder vielmehr über die Gottheiten und die
Feste der alten Römer, die bekanntlich von der Frömmigkeit unserer
Zeit Nichts wußten. Am darauf folgenden Sonnabend las Alfred
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