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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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vom Hofkammerpräsidium ausgegangenen Aufforderung an alle tech¬
nischen Behörden der Monarchie, ihre Erfahrungen darin bekannt zu
machen. Bisher sind nur wenige praktische Ideen darin zum Vor¬
schein gekommen und Neues ist wohl noch weniger zu finden. Der
Vorschlag des Bergdirectors von Plcntzner in Gmunden, die als
Querhölzer beim Unterbau zu verwendenden Baumstämme vor ihrem
Gebrauche mittelst Petrisicirung in der Soole unverwüstlich zu ma¬
chen, hat so weit gewirkt, daß auf höhere Anordnung damit im Salz¬
kammergute Versuche angestellt werden, welche bei einem günstigen
Ausgang nicht ohne Folge bleiben können. Die in Salzquellen durch¬
säuerten Hölzer werden vorerst bei der Gmündner Eisenbahn, die nach
Linz führt, probeweise in Anwendung kommen, um zu sehen, wie
sich ihre Dauerhaftigkeit zu jener der nicht petrificirten Querhölzer
herausstellt. Für die Triester und Prager Eisenbahn eignet sich derlei
behandeltes Holz schon aus dem einzigen Grunde nicht, weil die
Transportkosten aus Oberösterreich, wo allein diese Manipulation im
Großen vorgenommen werden kann, indem dort der Salzreichthum so
groß ist, daß der Werth der Soole gleich Null steht, so ansehnlich
wären, daß die Ersparniß den Mehraufwand kaum decken dürste.
Allein beim Angriff der Staatseisenbahn von Wien nach Salzburg
wird die Sache ohne Zweifel praktische Berücksichtigung finden, da sich
noch überdem ein reeller Forstnutzen zeigt, weil zur Beizung Nadel¬
hol; verwendet wird, während bisher die Querhölzer stets vom besten
Eichenholz sein mußten.

Ist demnach das Verdienst des genannten "Archivs für Eisen¬
bahnwesen" nur ein sehr bescheidenes, so tritt dafür ein von dem
Rector der Mathematik und k. k. Jnspecror der österreichischen Staats¬
eisenbahnen, Karl Ghega, herausgegebenes Werk: Die Baltimore-
Ohio-Eisenbahn über das Alleghany-Gebirg desto bedeutsamer hervor
und wird gewiß in ganz Europa im Kreise der Sachkenner verdiente
Aufmerksamkeit erregen. Der Verfasser ist von Geburt ein Veneria-
ncr und machte im Jahre ,1839 auf Staatskosten eine Reise nach
Nordamerika, um das Eisenbahnwesen zu studiren; früher im Dienste
der Nordbahngescllschaft, ist er 1842 beim Bau der Staatsbahnen
angestellt, und seiner Energie ist es hauptsächlich zuzuschreiben, daß
seit einigen Monaten der Bau im Murchale selbst bei Fackelschein
betrieben wird. Sein Hauptaugenmerk bei Abfassung seines Buches
war auf die Steigungs- und Krümmungsverhaltnisse gerichtet, und
dasselbe kann darum mit Fug als eine indirecre Lösung des Problems
gelten, wie der Sömmering, der zwischen Gloggnitz und Mürgzuschlag
mitten inne liegt, am zweckmäßigsten zu überschreiten sei.

Allgemein herrscht hier die Klage über die Demoralisation der
dienenden Classe, zumal der weiblichen Geschlechts. Viele Familien
wissen sich nicht anders zu helfen, als daß sie ihre Dienstboten aus


vom Hofkammerpräsidium ausgegangenen Aufforderung an alle tech¬
nischen Behörden der Monarchie, ihre Erfahrungen darin bekannt zu
machen. Bisher sind nur wenige praktische Ideen darin zum Vor¬
schein gekommen und Neues ist wohl noch weniger zu finden. Der
Vorschlag des Bergdirectors von Plcntzner in Gmunden, die als
Querhölzer beim Unterbau zu verwendenden Baumstämme vor ihrem
Gebrauche mittelst Petrisicirung in der Soole unverwüstlich zu ma¬
chen, hat so weit gewirkt, daß auf höhere Anordnung damit im Salz¬
kammergute Versuche angestellt werden, welche bei einem günstigen
Ausgang nicht ohne Folge bleiben können. Die in Salzquellen durch¬
säuerten Hölzer werden vorerst bei der Gmündner Eisenbahn, die nach
Linz führt, probeweise in Anwendung kommen, um zu sehen, wie
sich ihre Dauerhaftigkeit zu jener der nicht petrificirten Querhölzer
herausstellt. Für die Triester und Prager Eisenbahn eignet sich derlei
behandeltes Holz schon aus dem einzigen Grunde nicht, weil die
Transportkosten aus Oberösterreich, wo allein diese Manipulation im
Großen vorgenommen werden kann, indem dort der Salzreichthum so
groß ist, daß der Werth der Soole gleich Null steht, so ansehnlich
wären, daß die Ersparniß den Mehraufwand kaum decken dürste.
Allein beim Angriff der Staatseisenbahn von Wien nach Salzburg
wird die Sache ohne Zweifel praktische Berücksichtigung finden, da sich
noch überdem ein reeller Forstnutzen zeigt, weil zur Beizung Nadel¬
hol; verwendet wird, während bisher die Querhölzer stets vom besten
Eichenholz sein mußten.

Ist demnach das Verdienst des genannten „Archivs für Eisen¬
bahnwesen" nur ein sehr bescheidenes, so tritt dafür ein von dem
Rector der Mathematik und k. k. Jnspecror der österreichischen Staats¬
eisenbahnen, Karl Ghega, herausgegebenes Werk: Die Baltimore-
Ohio-Eisenbahn über das Alleghany-Gebirg desto bedeutsamer hervor
und wird gewiß in ganz Europa im Kreise der Sachkenner verdiente
Aufmerksamkeit erregen. Der Verfasser ist von Geburt ein Veneria-
ncr und machte im Jahre ,1839 auf Staatskosten eine Reise nach
Nordamerika, um das Eisenbahnwesen zu studiren; früher im Dienste
der Nordbahngescllschaft, ist er 1842 beim Bau der Staatsbahnen
angestellt, und seiner Energie ist es hauptsächlich zuzuschreiben, daß
seit einigen Monaten der Bau im Murchale selbst bei Fackelschein
betrieben wird. Sein Hauptaugenmerk bei Abfassung seines Buches
war auf die Steigungs- und Krümmungsverhaltnisse gerichtet, und
dasselbe kann darum mit Fug als eine indirecre Lösung des Problems
gelten, wie der Sömmering, der zwischen Gloggnitz und Mürgzuschlag
mitten inne liegt, am zweckmäßigsten zu überschreiten sei.

Allgemein herrscht hier die Klage über die Demoralisation der
dienenden Classe, zumal der weiblichen Geschlechts. Viele Familien
wissen sich nicht anders zu helfen, als daß sie ihre Dienstboten aus


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[0091] vom Hofkammerpräsidium ausgegangenen Aufforderung an alle tech¬ nischen Behörden der Monarchie, ihre Erfahrungen darin bekannt zu machen. Bisher sind nur wenige praktische Ideen darin zum Vor¬ schein gekommen und Neues ist wohl noch weniger zu finden. Der Vorschlag des Bergdirectors von Plcntzner in Gmunden, die als Querhölzer beim Unterbau zu verwendenden Baumstämme vor ihrem Gebrauche mittelst Petrisicirung in der Soole unverwüstlich zu ma¬ chen, hat so weit gewirkt, daß auf höhere Anordnung damit im Salz¬ kammergute Versuche angestellt werden, welche bei einem günstigen Ausgang nicht ohne Folge bleiben können. Die in Salzquellen durch¬ säuerten Hölzer werden vorerst bei der Gmündner Eisenbahn, die nach Linz führt, probeweise in Anwendung kommen, um zu sehen, wie sich ihre Dauerhaftigkeit zu jener der nicht petrificirten Querhölzer herausstellt. Für die Triester und Prager Eisenbahn eignet sich derlei behandeltes Holz schon aus dem einzigen Grunde nicht, weil die Transportkosten aus Oberösterreich, wo allein diese Manipulation im Großen vorgenommen werden kann, indem dort der Salzreichthum so groß ist, daß der Werth der Soole gleich Null steht, so ansehnlich wären, daß die Ersparniß den Mehraufwand kaum decken dürste. Allein beim Angriff der Staatseisenbahn von Wien nach Salzburg wird die Sache ohne Zweifel praktische Berücksichtigung finden, da sich noch überdem ein reeller Forstnutzen zeigt, weil zur Beizung Nadel¬ hol; verwendet wird, während bisher die Querhölzer stets vom besten Eichenholz sein mußten. Ist demnach das Verdienst des genannten „Archivs für Eisen¬ bahnwesen" nur ein sehr bescheidenes, so tritt dafür ein von dem Rector der Mathematik und k. k. Jnspecror der österreichischen Staats¬ eisenbahnen, Karl Ghega, herausgegebenes Werk: Die Baltimore- Ohio-Eisenbahn über das Alleghany-Gebirg desto bedeutsamer hervor und wird gewiß in ganz Europa im Kreise der Sachkenner verdiente Aufmerksamkeit erregen. Der Verfasser ist von Geburt ein Veneria- ncr und machte im Jahre ,1839 auf Staatskosten eine Reise nach Nordamerika, um das Eisenbahnwesen zu studiren; früher im Dienste der Nordbahngescllschaft, ist er 1842 beim Bau der Staatsbahnen angestellt, und seiner Energie ist es hauptsächlich zuzuschreiben, daß seit einigen Monaten der Bau im Murchale selbst bei Fackelschein betrieben wird. Sein Hauptaugenmerk bei Abfassung seines Buches war auf die Steigungs- und Krümmungsverhaltnisse gerichtet, und dasselbe kann darum mit Fug als eine indirecre Lösung des Problems gelten, wie der Sömmering, der zwischen Gloggnitz und Mürgzuschlag mitten inne liegt, am zweckmäßigsten zu überschreiten sei. Allgemein herrscht hier die Klage über die Demoralisation der dienenden Classe, zumal der weiblichen Geschlechts. Viele Familien wissen sich nicht anders zu helfen, als daß sie ihre Dienstboten aus

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/91>, abgerufen am 27.07.2024.