Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

dem eine ihm nothwendig erscheinende Revision und Umarbeitung
derselben in einer neuen Ausgabe wurde dadurch ganz verhindert.
Ein Jahr verstrich unter vergeblicher Hoffnung auf eine günstige Lö¬
sung. Karl Beck wandte sich daher an die Vossische Buchhandlung
in Berlin, und diese verstand sich sogleich dazu, die überarbeitete Ge¬
dichtsammlung zu verlegen. Nun tritt aber der Buchhändler Koll--
manu in Leipzig auf-- derselbe, der so eben den Proceß über sein
ausschließliches Verlagsrecht des ewigen Juden führte und verlor --
und weist nach, daß er das Verlagsrecht der Karl Beck'schen Schrif¬
ten an sich gekauft habe und der Vossischen Buchhandlung in Ber¬
lin wird von ihm ein Proceß "wegen Nachdruck" gemacht. Nun
fragt es sich: darf von dem Werke eines Autors das.Verlagsrecht
an eine andere Person abgetreten werden, ohne dessen Wissen und
Einwilligung? Hat der Schriftstellernicht das Recht, dagegen zu pro-
testiren, da doch von der Persönlichkeit, von dem Credit, von den
Verbindungen' eines Verlegers ein gutes Theil des Schicksals eines
Werkes abhängt? Gewiß, werden viele Autoren Cotta gegenüber
viel kürzeren und weniger umständlichen Contract machen, als gegen¬
über von Fürst in Nordhausen; muß er steh's gefallen lassen, wenn
Cotta dies Verlagsrecht aus Malice an irgend eine obscure Ver¬
lagshandlung abtreten wollte? Kollmann ist allerdings kein obscurer
Verleger; hier aber handelt es sich um das Prinzip, nicht um die
Person.

Da dieser Proceß von den sächsischen Gerichten verhandelt wer<
den soll, so möchte ich den Advocaten Karl Beck'ö und seines neuen
Verlegers aus ein Argument aufmerksam machen, das nicht nur sei¬
nem Clienten, sondern allen Schriftstellern zu Gute kommen muß.
Die sächsische Regierung hat im Laufe einer kurzen Zeit vier Zeitschrif¬
ten die Concession entzogen, weil ihr Verlag in die Hände eines an¬
dern Buchhändlers überging ^). Die Regierung geht also von dem
Grundsatze aus, daß bei literarischem Eigenthum der Unterschied der
Personen von Gewicht ist und daß die eine Firma nicht dieselben



*) Die Locomotive von Held, der Hausfreund von Bernhard!, der Planet
von Keil, die Gewerbezeitung von Günther. Die ersten beiden mußten ganz
aufhören, die dritte änderte den Titel, und. der vierten wurde nachträglich eine
neue Concession verliehen. --

dem eine ihm nothwendig erscheinende Revision und Umarbeitung
derselben in einer neuen Ausgabe wurde dadurch ganz verhindert.
Ein Jahr verstrich unter vergeblicher Hoffnung auf eine günstige Lö¬
sung. Karl Beck wandte sich daher an die Vossische Buchhandlung
in Berlin, und diese verstand sich sogleich dazu, die überarbeitete Ge¬
dichtsammlung zu verlegen. Nun tritt aber der Buchhändler Koll--
manu in Leipzig auf— derselbe, der so eben den Proceß über sein
ausschließliches Verlagsrecht des ewigen Juden führte und verlor —
und weist nach, daß er das Verlagsrecht der Karl Beck'schen Schrif¬
ten an sich gekauft habe und der Vossischen Buchhandlung in Ber¬
lin wird von ihm ein Proceß „wegen Nachdruck" gemacht. Nun
fragt es sich: darf von dem Werke eines Autors das.Verlagsrecht
an eine andere Person abgetreten werden, ohne dessen Wissen und
Einwilligung? Hat der Schriftstellernicht das Recht, dagegen zu pro-
testiren, da doch von der Persönlichkeit, von dem Credit, von den
Verbindungen' eines Verlegers ein gutes Theil des Schicksals eines
Werkes abhängt? Gewiß, werden viele Autoren Cotta gegenüber
viel kürzeren und weniger umständlichen Contract machen, als gegen¬
über von Fürst in Nordhausen; muß er steh's gefallen lassen, wenn
Cotta dies Verlagsrecht aus Malice an irgend eine obscure Ver¬
lagshandlung abtreten wollte? Kollmann ist allerdings kein obscurer
Verleger; hier aber handelt es sich um das Prinzip, nicht um die
Person.

Da dieser Proceß von den sächsischen Gerichten verhandelt wer<
den soll, so möchte ich den Advocaten Karl Beck'ö und seines neuen
Verlegers aus ein Argument aufmerksam machen, das nicht nur sei¬
nem Clienten, sondern allen Schriftstellern zu Gute kommen muß.
Die sächsische Regierung hat im Laufe einer kurzen Zeit vier Zeitschrif¬
ten die Concession entzogen, weil ihr Verlag in die Hände eines an¬
dern Buchhändlers überging ^). Die Regierung geht also von dem
Grundsatze aus, daß bei literarischem Eigenthum der Unterschied der
Personen von Gewicht ist und daß die eine Firma nicht dieselben



*) Die Locomotive von Held, der Hausfreund von Bernhard!, der Planet
von Keil, die Gewerbezeitung von Günther. Die ersten beiden mußten ganz
aufhören, die dritte änderte den Titel, und. der vierten wurde nachträglich eine
neue Concession verliehen. —
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0602" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181786"/>
          <p xml:id="ID_1672" prev="#ID_1671"> dem eine ihm nothwendig erscheinende Revision und Umarbeitung<lb/>
derselben in einer neuen Ausgabe wurde dadurch ganz verhindert.<lb/>
Ein Jahr verstrich unter vergeblicher Hoffnung auf eine günstige Lö¬<lb/>
sung. Karl Beck wandte sich daher an die Vossische Buchhandlung<lb/>
in Berlin, und diese verstand sich sogleich dazu, die überarbeitete Ge¬<lb/>
dichtsammlung zu verlegen. Nun tritt aber der Buchhändler Koll--<lb/>
manu in Leipzig auf&#x2014; derselbe, der so eben den Proceß über sein<lb/>
ausschließliches Verlagsrecht des ewigen Juden führte und verlor &#x2014;<lb/>
und weist nach, daß er das Verlagsrecht der Karl Beck'schen Schrif¬<lb/>
ten an sich gekauft habe und der Vossischen Buchhandlung in Ber¬<lb/>
lin wird von ihm ein Proceß &#x201E;wegen Nachdruck" gemacht. Nun<lb/>
fragt es sich: darf von dem Werke eines Autors das.Verlagsrecht<lb/>
an eine andere Person abgetreten werden, ohne dessen Wissen und<lb/>
Einwilligung? Hat der Schriftstellernicht das Recht, dagegen zu pro-<lb/>
testiren, da doch von der Persönlichkeit, von dem Credit, von den<lb/>
Verbindungen' eines Verlegers ein gutes Theil des Schicksals eines<lb/>
Werkes abhängt? Gewiß, werden viele Autoren Cotta gegenüber<lb/>
viel kürzeren und weniger umständlichen Contract machen, als gegen¬<lb/>
über von Fürst in Nordhausen; muß er steh's gefallen lassen, wenn<lb/>
Cotta dies Verlagsrecht aus Malice an irgend eine obscure Ver¬<lb/>
lagshandlung abtreten wollte? Kollmann ist allerdings kein obscurer<lb/>
Verleger; hier aber handelt es sich um das Prinzip, nicht um die<lb/>
Person.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1673" next="#ID_1674"> Da dieser Proceß von den sächsischen Gerichten verhandelt wer&lt;<lb/>
den soll, so möchte ich den Advocaten Karl Beck'ö und seines neuen<lb/>
Verlegers aus ein Argument aufmerksam machen, das nicht nur sei¬<lb/>
nem Clienten, sondern allen Schriftstellern zu Gute kommen muß.<lb/>
Die sächsische Regierung hat im Laufe einer kurzen Zeit vier Zeitschrif¬<lb/>
ten die Concession entzogen, weil ihr Verlag in die Hände eines an¬<lb/>
dern Buchhändlers überging ^). Die Regierung geht also von dem<lb/>
Grundsatze aus, daß bei literarischem Eigenthum der Unterschied der<lb/>
Personen von Gewicht ist und daß die eine Firma nicht dieselben</p><lb/>
          <note xml:id="FID_62" place="foot"> *) Die Locomotive von Held, der Hausfreund von Bernhard!, der Planet<lb/>
von Keil, die Gewerbezeitung von Günther. Die ersten beiden mußten ganz<lb/>
aufhören, die dritte änderte den Titel, und. der vierten wurde nachträglich eine<lb/>
neue Concession verliehen. &#x2014;</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0602] dem eine ihm nothwendig erscheinende Revision und Umarbeitung derselben in einer neuen Ausgabe wurde dadurch ganz verhindert. Ein Jahr verstrich unter vergeblicher Hoffnung auf eine günstige Lö¬ sung. Karl Beck wandte sich daher an die Vossische Buchhandlung in Berlin, und diese verstand sich sogleich dazu, die überarbeitete Ge¬ dichtsammlung zu verlegen. Nun tritt aber der Buchhändler Koll-- manu in Leipzig auf— derselbe, der so eben den Proceß über sein ausschließliches Verlagsrecht des ewigen Juden führte und verlor — und weist nach, daß er das Verlagsrecht der Karl Beck'schen Schrif¬ ten an sich gekauft habe und der Vossischen Buchhandlung in Ber¬ lin wird von ihm ein Proceß „wegen Nachdruck" gemacht. Nun fragt es sich: darf von dem Werke eines Autors das.Verlagsrecht an eine andere Person abgetreten werden, ohne dessen Wissen und Einwilligung? Hat der Schriftstellernicht das Recht, dagegen zu pro- testiren, da doch von der Persönlichkeit, von dem Credit, von den Verbindungen' eines Verlegers ein gutes Theil des Schicksals eines Werkes abhängt? Gewiß, werden viele Autoren Cotta gegenüber viel kürzeren und weniger umständlichen Contract machen, als gegen¬ über von Fürst in Nordhausen; muß er steh's gefallen lassen, wenn Cotta dies Verlagsrecht aus Malice an irgend eine obscure Ver¬ lagshandlung abtreten wollte? Kollmann ist allerdings kein obscurer Verleger; hier aber handelt es sich um das Prinzip, nicht um die Person. Da dieser Proceß von den sächsischen Gerichten verhandelt wer< den soll, so möchte ich den Advocaten Karl Beck'ö und seines neuen Verlegers aus ein Argument aufmerksam machen, das nicht nur sei¬ nem Clienten, sondern allen Schriftstellern zu Gute kommen muß. Die sächsische Regierung hat im Laufe einer kurzen Zeit vier Zeitschrif¬ ten die Concession entzogen, weil ihr Verlag in die Hände eines an¬ dern Buchhändlers überging ^). Die Regierung geht also von dem Grundsatze aus, daß bei literarischem Eigenthum der Unterschied der Personen von Gewicht ist und daß die eine Firma nicht dieselben *) Die Locomotive von Held, der Hausfreund von Bernhard!, der Planet von Keil, die Gewerbezeitung von Günther. Die ersten beiden mußten ganz aufhören, die dritte änderte den Titel, und. der vierten wurde nachträglich eine neue Concession verliehen. —

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/602
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/602>, abgerufen am 28.07.2024.