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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Und wie er einsam schreitet durch die Nacht,
Hat er den Schild fest an sein Herz gebracht.
Das Glück zu finden konnt' er ihm nicht nützen,
Doch das Gesund'ne mag er ihm beschützen.
Wie Ahnung von Gefahr beschleicht es ihn,
Unheimlich glüht der Mond, im Glanz, dem feuchten.
Gleich einer Ampel, die dem Tod soll leuchten,
Wenn er, sein Opfer suchend, zieh: dahin.
Und Abdul naht schon seiner stillen Schwelle, --
Da glotzt ein Aug' ihn an mit rother Helle,
Ein Tiger blickt, den Rachen öffnend weit
Und schon zum mörderischen Sprung bereit.
Noch zögernd scheint er sich am Schreck zu laben,
Der seine Beute wie zu Stein erstarrt,
Indeß er nur auf Lebenszeichen harrt,
Den Zahn in's warme Menschenblut zu graben.
Doch Abdul bald sich seinem Schreck entriß,
Der Rettung durch den Aauberschild gewiß,
So lang' er fühlen wird die Pulse schlagen,
Will er mit starkem Arm den Kampf erst wagen.
Und als das Unthier sich hinweggewandt
Und ihn umkreiset, peitschend sich die Flanken,
Hat Abdul, ohne mit dem Schritt zu wanken,
Die Kugel in des Tigers Leib gesandt.
Der springt an ihm empor in einem Satze
Und bohrt mit stöhnendem Gebrüll die Tatze
Dem Gegner in das Fleisch, das blutend riß,
Des Halses Adern sucht sein scharfer Biß.
Doch der Bedrohte preßt des Tigers Kehle
Von sich und eh' die Hand ermüdet fällt,
Hat er sich riesenkräftig losgeschnellt
Und stürzt zu Boden, Grauen in der Seele!
Doch über ihn mit Pfeiles Schnelle jetzt
Das grause Thier im weiten Bogen setzt.
'
Gleich schnell konnt Abdul nach dem Schwerte reichen
'
Und stößts ausschlitzend in des Tigers Weichen.
Der stürzt und hält den kalten Boden bald
Und bald mit letztem Biß den Feind umklammert,
Sein Brüllen weithin durch die Lüfte jammert.
--
Bis es in Sterberöcheln schwach verhallt.

Und wie er einsam schreitet durch die Nacht,
Hat er den Schild fest an sein Herz gebracht.
Das Glück zu finden konnt' er ihm nicht nützen,
Doch das Gesund'ne mag er ihm beschützen.
Wie Ahnung von Gefahr beschleicht es ihn,
Unheimlich glüht der Mond, im Glanz, dem feuchten.
Gleich einer Ampel, die dem Tod soll leuchten,
Wenn er, sein Opfer suchend, zieh: dahin.
Und Abdul naht schon seiner stillen Schwelle, —
Da glotzt ein Aug' ihn an mit rother Helle,
Ein Tiger blickt, den Rachen öffnend weit
Und schon zum mörderischen Sprung bereit.
Noch zögernd scheint er sich am Schreck zu laben,
Der seine Beute wie zu Stein erstarrt,
Indeß er nur auf Lebenszeichen harrt,
Den Zahn in's warme Menschenblut zu graben.
Doch Abdul bald sich seinem Schreck entriß,
Der Rettung durch den Aauberschild gewiß,
So lang' er fühlen wird die Pulse schlagen,
Will er mit starkem Arm den Kampf erst wagen.
Und als das Unthier sich hinweggewandt
Und ihn umkreiset, peitschend sich die Flanken,
Hat Abdul, ohne mit dem Schritt zu wanken,
Die Kugel in des Tigers Leib gesandt.
Der springt an ihm empor in einem Satze
Und bohrt mit stöhnendem Gebrüll die Tatze
Dem Gegner in das Fleisch, das blutend riß,
Des Halses Adern sucht sein scharfer Biß.
Doch der Bedrohte preßt des Tigers Kehle
Von sich und eh' die Hand ermüdet fällt,
Hat er sich riesenkräftig losgeschnellt
Und stürzt zu Boden, Grauen in der Seele!
Doch über ihn mit Pfeiles Schnelle jetzt
Das grause Thier im weiten Bogen setzt.
'
Gleich schnell konnt Abdul nach dem Schwerte reichen
'
Und stößts ausschlitzend in des Tigers Weichen.
Der stürzt und hält den kalten Boden bald
Und bald mit letztem Biß den Feind umklammert,
Sein Brüllen weithin durch die Lüfte jammert.

Bis es in Sterberöcheln schwach verhallt.

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[0596] Und wie er einsam schreitet durch die Nacht, Hat er den Schild fest an sein Herz gebracht. Das Glück zu finden konnt' er ihm nicht nützen, Doch das Gesund'ne mag er ihm beschützen. Wie Ahnung von Gefahr beschleicht es ihn, Unheimlich glüht der Mond, im Glanz, dem feuchten. Gleich einer Ampel, die dem Tod soll leuchten, Wenn er, sein Opfer suchend, zieh: dahin. Und Abdul naht schon seiner stillen Schwelle, — Da glotzt ein Aug' ihn an mit rother Helle, Ein Tiger blickt, den Rachen öffnend weit Und schon zum mörderischen Sprung bereit. Noch zögernd scheint er sich am Schreck zu laben, Der seine Beute wie zu Stein erstarrt, Indeß er nur auf Lebenszeichen harrt, Den Zahn in's warme Menschenblut zu graben. Doch Abdul bald sich seinem Schreck entriß, Der Rettung durch den Aauberschild gewiß, So lang' er fühlen wird die Pulse schlagen, Will er mit starkem Arm den Kampf erst wagen. Und als das Unthier sich hinweggewandt Und ihn umkreiset, peitschend sich die Flanken, Hat Abdul, ohne mit dem Schritt zu wanken, Die Kugel in des Tigers Leib gesandt. Der springt an ihm empor in einem Satze Und bohrt mit stöhnendem Gebrüll die Tatze Dem Gegner in das Fleisch, das blutend riß, Des Halses Adern sucht sein scharfer Biß. Doch der Bedrohte preßt des Tigers Kehle Von sich und eh' die Hand ermüdet fällt, Hat er sich riesenkräftig losgeschnellt Und stürzt zu Boden, Grauen in der Seele! Doch über ihn mit Pfeiles Schnelle jetzt Das grause Thier im weiten Bogen setzt. ' Gleich schnell konnt Abdul nach dem Schwerte reichen ' Und stößts ausschlitzend in des Tigers Weichen. Der stürzt und hält den kalten Boden bald Und bald mit letztem Biß den Feind umklammert, Sein Brüllen weithin durch die Lüfte jammert. — Bis es in Sterberöcheln schwach verhallt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/596>, abgerufen am 28.07.2024.