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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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ist dadurch gesichert. -- Die betreffenden Gemeinden sollten zur Un¬
terhaltung der Werke höher besteuert werden und überdies etwas
Grund und Boden zu einer Colonie, so wie zur Erbauung von
Grabenmeisterwohnungen abtreten. Der deutsche Bauer ist aus guten
historischen Gründen gegen Verfügungen und Anordnungen, die aus
den oberen Regionen des Staats wie ein Donnerschlag bei heiterem
Himmel auf ihn herabfahren und regelmäßig in seinen Taschen zün¬
den, sehr mißtrauisch. Die DrömlingSbauern waren mit der Melio¬
ration und Entwässerung, deren segensreiche Folgen sie nicht beur¬
theilen konnten, unzufrieden, weil sie von oben her befohlen war.
Sie wollten zur Erhaltung der Gräben, Brücken :e. Nickis beisteu¬
ern. Am allerwenigsten wollten sie aber, wie befohlen war, etwas
von ihrem Grund und Boden abtreten. Das schien ihnen ein un^
duldbarer Eingriff in ihr Eigenthum. Eine Bewegung ging durch's
Land. Die Männer, die Urenkel jener, die 1675 ihre Wehren er¬
griffen und gegen die Schweden an die Elbe gezogen waren, traten
zusammen. Vermummte brannten die neuerbauten Colvnistenscheuren
nieder. Ein offener Aufruhr drohte auözubreche". Es war im Jahr
1794. Die altmärkischen Regimenter standen am Rhein. Die alten
rvohlvrcssirten Helden des siebenjährigen Krieges kämpften helden-
müthig, aber vergebens, gegen - die junge französische Freiheit. Die
neue Zeit siegt immer über das Alte, Sterbende. Um die Bewegung
im Keime zu ersticken, wurden Truppen aus dem nahen Magdeburg
und aus der Priegnitz herbeigerufen. Indeß wußten die Landräthe
von Jngerslcben und von Alvensleben Blutvergießen zu verhindern
und die aufgeregten Bauern zu beruhigen. Die herbeigerufenen Trup¬
pen blieben an der Grenze.

Der Altmärkcr ist ein frischer, kriegömuthiger Gesell. Mit an-
geerbter Tapferkeit schlugen die altmärkischen Regimenter die Schlach¬
ten des großen Friedrich. Häusig zogen während des siebenjährigen
Kriegs Freiwillige aus dem Volke, mitunter siebzehnjährige Jüng¬
linge zum bedrängten König nach Schlesien. Denn die Helden er¬
obern die Herzen des Volks. Mit alter Bravour schlugen die alt¬
märkischen Regimenter die Schlachten der Rhciucampagne. Das alt¬
märkische Kürassierregiment eroberte in' der Schlacht bei Pirmasenz
zweiundzwanzig Kanonen, die es seitdem im Siegel führte. --- Im
Jahre 1806 zogen die Helden des Paradepleches, des Zopf- und


ist dadurch gesichert. — Die betreffenden Gemeinden sollten zur Un¬
terhaltung der Werke höher besteuert werden und überdies etwas
Grund und Boden zu einer Colonie, so wie zur Erbauung von
Grabenmeisterwohnungen abtreten. Der deutsche Bauer ist aus guten
historischen Gründen gegen Verfügungen und Anordnungen, die aus
den oberen Regionen des Staats wie ein Donnerschlag bei heiterem
Himmel auf ihn herabfahren und regelmäßig in seinen Taschen zün¬
den, sehr mißtrauisch. Die DrömlingSbauern waren mit der Melio¬
ration und Entwässerung, deren segensreiche Folgen sie nicht beur¬
theilen konnten, unzufrieden, weil sie von oben her befohlen war.
Sie wollten zur Erhaltung der Gräben, Brücken :e. Nickis beisteu¬
ern. Am allerwenigsten wollten sie aber, wie befohlen war, etwas
von ihrem Grund und Boden abtreten. Das schien ihnen ein un^
duldbarer Eingriff in ihr Eigenthum. Eine Bewegung ging durch's
Land. Die Männer, die Urenkel jener, die 1675 ihre Wehren er¬
griffen und gegen die Schweden an die Elbe gezogen waren, traten
zusammen. Vermummte brannten die neuerbauten Colvnistenscheuren
nieder. Ein offener Aufruhr drohte auözubreche». Es war im Jahr
1794. Die altmärkischen Regimenter standen am Rhein. Die alten
rvohlvrcssirten Helden des siebenjährigen Krieges kämpften helden-
müthig, aber vergebens, gegen - die junge französische Freiheit. Die
neue Zeit siegt immer über das Alte, Sterbende. Um die Bewegung
im Keime zu ersticken, wurden Truppen aus dem nahen Magdeburg
und aus der Priegnitz herbeigerufen. Indeß wußten die Landräthe
von Jngerslcben und von Alvensleben Blutvergießen zu verhindern
und die aufgeregten Bauern zu beruhigen. Die herbeigerufenen Trup¬
pen blieben an der Grenze.

Der Altmärkcr ist ein frischer, kriegömuthiger Gesell. Mit an-
geerbter Tapferkeit schlugen die altmärkischen Regimenter die Schlach¬
ten des großen Friedrich. Häusig zogen während des siebenjährigen
Kriegs Freiwillige aus dem Volke, mitunter siebzehnjährige Jüng¬
linge zum bedrängten König nach Schlesien. Denn die Helden er¬
obern die Herzen des Volks. Mit alter Bravour schlugen die alt¬
märkischen Regimenter die Schlachten der Rhciucampagne. Das alt¬
märkische Kürassierregiment eroberte in' der Schlacht bei Pirmasenz
zweiundzwanzig Kanonen, die es seitdem im Siegel führte. -— Im
Jahre 1806 zogen die Helden des Paradepleches, des Zopf- und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/574>, abgerufen am 01.09.2024.