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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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derem anfechten wollen, oder der Wirrwarr neuer Regulativen würde
kein Ende nehmen.

Wenn also den deutschen Kaisern nicht das Recht abgesprochen
werden kann, die Capitulationsbedingungen der ersten Grafenwahl
in Holstein abzuändern: so vermag dies doch der König-Herzog wohl
nicht aus eigner Macht. Daher bin ich der Meinung, daß bei einer
neuen Regulirung, wem der Thron in Holstein künftig gehören
wird, Holsteins Herzog und die Provinzialstände verpflichtet sind,
einen Theil der dänischen Nationalschuld zu übernehmen, und die ge¬
genwärtigen Provinzialstände werden sich sehr hüten, einen solchen
möglichen Vorschlag zu genehmigen und würden weiser handeln, man¬
ches andere Anstößige vorläufig ruhig unentschieden zu lassen, z.B.
den Fall mit dem Neichsbankgelde.

Allerdings wird es in der Auflösung der Frage der Trennung
Holsteins von Dänemark von Seiten des letzteren versucht werden,
Dithmarschen, das Plönischc Gebiet, die Herrschaft Pinneberg, die
Grafschaft Ranzau, die Mischen Güter und das einst großfürstliche
und gemeinschaftliche Holstein zu Pertinentien Dänemarks zu stempeln,
oder dem Hause Brandenburg, jetzt Preußen, die eventuelle
Erpectanz auf Holstein, ihm ertheilt vom Kaiser Maximilian I. im
Jahre 4517 zu nullificiren, als wenn alle solche kaiserliche uner¬
ledigte Anwartschaften mir dem deutschen Kaiserthum erloschen wären;
aber so dachte bisher nicht der frankfurter Bundestag, der mit mehr
Macht begabt, als einst der Regensburger Reichstag. Im Jahre 1517
lebten nur drei Agnaten im Hause Holstein. Der Kaiser hatte kurz
zuvor Brandenburgs Beistand in der Türkenhilfe empfunden, als die
OSmanenbis zu denThoren des belagerten Wiens vorgedrungen waren,
und die dem Kaiser so wichtige Anschließung des burgundischen Kreises
an den deutschen Reichsverband, eine Anschließung, welche Deutsch¬
land manchen Neichökrieg mit Frankreich kostete, hatte Kaiser Mari-
milian mit Mühe vom deutschen Reich errungen.

Das Haus Augustenburg trat zweimal in Collision wegen seiner Erb¬
schaften mit dem dänischen Königshause, sowohl als der Reichshofrath
dem Herzog Joachim Ernst in Plön die Grafschaften Oldenburg und
Delmenhorst zuerkannt hatte, nach Abgang des letzten Grafen Anton


derem anfechten wollen, oder der Wirrwarr neuer Regulativen würde
kein Ende nehmen.

Wenn also den deutschen Kaisern nicht das Recht abgesprochen
werden kann, die Capitulationsbedingungen der ersten Grafenwahl
in Holstein abzuändern: so vermag dies doch der König-Herzog wohl
nicht aus eigner Macht. Daher bin ich der Meinung, daß bei einer
neuen Regulirung, wem der Thron in Holstein künftig gehören
wird, Holsteins Herzog und die Provinzialstände verpflichtet sind,
einen Theil der dänischen Nationalschuld zu übernehmen, und die ge¬
genwärtigen Provinzialstände werden sich sehr hüten, einen solchen
möglichen Vorschlag zu genehmigen und würden weiser handeln, man¬
ches andere Anstößige vorläufig ruhig unentschieden zu lassen, z.B.
den Fall mit dem Neichsbankgelde.

Allerdings wird es in der Auflösung der Frage der Trennung
Holsteins von Dänemark von Seiten des letzteren versucht werden,
Dithmarschen, das Plönischc Gebiet, die Herrschaft Pinneberg, die
Grafschaft Ranzau, die Mischen Güter und das einst großfürstliche
und gemeinschaftliche Holstein zu Pertinentien Dänemarks zu stempeln,
oder dem Hause Brandenburg, jetzt Preußen, die eventuelle
Erpectanz auf Holstein, ihm ertheilt vom Kaiser Maximilian I. im
Jahre 4517 zu nullificiren, als wenn alle solche kaiserliche uner¬
ledigte Anwartschaften mir dem deutschen Kaiserthum erloschen wären;
aber so dachte bisher nicht der frankfurter Bundestag, der mit mehr
Macht begabt, als einst der Regensburger Reichstag. Im Jahre 1517
lebten nur drei Agnaten im Hause Holstein. Der Kaiser hatte kurz
zuvor Brandenburgs Beistand in der Türkenhilfe empfunden, als die
OSmanenbis zu denThoren des belagerten Wiens vorgedrungen waren,
und die dem Kaiser so wichtige Anschließung des burgundischen Kreises
an den deutschen Reichsverband, eine Anschließung, welche Deutsch¬
land manchen Neichökrieg mit Frankreich kostete, hatte Kaiser Mari-
milian mit Mühe vom deutschen Reich errungen.

Das Haus Augustenburg trat zweimal in Collision wegen seiner Erb¬
schaften mit dem dänischen Königshause, sowohl als der Reichshofrath
dem Herzog Joachim Ernst in Plön die Grafschaften Oldenburg und
Delmenhorst zuerkannt hatte, nach Abgang des letzten Grafen Anton


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[0554] derem anfechten wollen, oder der Wirrwarr neuer Regulativen würde kein Ende nehmen. Wenn also den deutschen Kaisern nicht das Recht abgesprochen werden kann, die Capitulationsbedingungen der ersten Grafenwahl in Holstein abzuändern: so vermag dies doch der König-Herzog wohl nicht aus eigner Macht. Daher bin ich der Meinung, daß bei einer neuen Regulirung, wem der Thron in Holstein künftig gehören wird, Holsteins Herzog und die Provinzialstände verpflichtet sind, einen Theil der dänischen Nationalschuld zu übernehmen, und die ge¬ genwärtigen Provinzialstände werden sich sehr hüten, einen solchen möglichen Vorschlag zu genehmigen und würden weiser handeln, man¬ ches andere Anstößige vorläufig ruhig unentschieden zu lassen, z.B. den Fall mit dem Neichsbankgelde. Allerdings wird es in der Auflösung der Frage der Trennung Holsteins von Dänemark von Seiten des letzteren versucht werden, Dithmarschen, das Plönischc Gebiet, die Herrschaft Pinneberg, die Grafschaft Ranzau, die Mischen Güter und das einst großfürstliche und gemeinschaftliche Holstein zu Pertinentien Dänemarks zu stempeln, oder dem Hause Brandenburg, jetzt Preußen, die eventuelle Erpectanz auf Holstein, ihm ertheilt vom Kaiser Maximilian I. im Jahre 4517 zu nullificiren, als wenn alle solche kaiserliche uner¬ ledigte Anwartschaften mir dem deutschen Kaiserthum erloschen wären; aber so dachte bisher nicht der frankfurter Bundestag, der mit mehr Macht begabt, als einst der Regensburger Reichstag. Im Jahre 1517 lebten nur drei Agnaten im Hause Holstein. Der Kaiser hatte kurz zuvor Brandenburgs Beistand in der Türkenhilfe empfunden, als die OSmanenbis zu denThoren des belagerten Wiens vorgedrungen waren, und die dem Kaiser so wichtige Anschließung des burgundischen Kreises an den deutschen Reichsverband, eine Anschließung, welche Deutsch¬ land manchen Neichökrieg mit Frankreich kostete, hatte Kaiser Mari- milian mit Mühe vom deutschen Reich errungen. Das Haus Augustenburg trat zweimal in Collision wegen seiner Erb¬ schaften mit dem dänischen Königshause, sowohl als der Reichshofrath dem Herzog Joachim Ernst in Plön die Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst zuerkannt hatte, nach Abgang des letzten Grafen Anton

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/554>, abgerufen am 28.07.2024.