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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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einer neuen Union an einander zu knüpfen, die auf jeden Fall
sich dann etwas volksgemüthlicher als die I^ex rexia dar¬
stellen würde; der letztern fehlt offenbar die etwa nöthige reichs-
tägige Sanction, denn König Friedrich III. war nach dem Beschlusse
des letzten dänischen Reichstages zu einer neuen Constitution auto-
risire worden, aber diese haben weder er noch seine Nach¬
folger publicirt.

Alle solche Umtriebe oder patriotische Aeußerungen und Pläne
mag der Monarch kennen und fürchten und deswegen vorziehen, den
"latum quo zu erhalten und die Entwirrung den Thron¬
folgern vorzubehalten.

Seit einigen Jahren herrscht ein Antagonismus in Holstein und
in dem größten Theile von Schleswig wider die Fortdauer
der Union mit Dänemark unter einem gemeinschaftlichen Scep¬
ter. Diese germanistische Stimmung kennt der Hof und das Mini¬
sterium sehr wohl und auch der Herzog von Augustenburg, der in
Dänemark persönlich nicht unbeliebt ist; aber wenn dieser zugleich
König voll Dänemark würde, so würde das der Mehrzahl in beiden
Herzogthümern keinesweges gelegen sein und wenigstens erwartet wer¬
den, daß er durch eine strenge Verfassung den beiden Herzogthümern
oder richtiger allen dreien die Garantie verschaffe, nur von Inländern
und keinen Dänen verwaltet zu werden, kurz eine Union wie zwi¬
schen Norwegen und Schweden mit besonderer Finanz- und Heeres¬
verfassung.

Schleswig war, als es mit Holstein den dänischen König Chri¬
stian I. zum Herzog wählte, wohl noch ein anerkanntes Lehn Däne¬
marks, aber sonst selbständig. Dem deutschen Reiche hing es niemals
an. Am Thore Rendsburg's via Schleswig standen die Worte
clor-i roman tormimis imporii," aber niemals haben die dänischen
Könige die Grenzen der Lehnbarkeit bis zu einer völligen Union
mit Dänemark ausgedehnt. Am Reichstage des Jahres 1660 nah¬
men die Schleswiger Landstände nicht Theil, aber in einer besonderen
Verordnung erklärte Friedrich III. sich für souverain, in seinem An¬
theil Schleswigs, denn das Haus Gottorp besaß damals den ande¬
ren Theil, welchen dieses später verlor in Folge unglücklicher Theil¬
nahme an der schwedischen Allianz, und diese Occupation hat Kaiser


einer neuen Union an einander zu knüpfen, die auf jeden Fall
sich dann etwas volksgemüthlicher als die I^ex rexia dar¬
stellen würde; der letztern fehlt offenbar die etwa nöthige reichs-
tägige Sanction, denn König Friedrich III. war nach dem Beschlusse
des letzten dänischen Reichstages zu einer neuen Constitution auto-
risire worden, aber diese haben weder er noch seine Nach¬
folger publicirt.

Alle solche Umtriebe oder patriotische Aeußerungen und Pläne
mag der Monarch kennen und fürchten und deswegen vorziehen, den
«latum quo zu erhalten und die Entwirrung den Thron¬
folgern vorzubehalten.

Seit einigen Jahren herrscht ein Antagonismus in Holstein und
in dem größten Theile von Schleswig wider die Fortdauer
der Union mit Dänemark unter einem gemeinschaftlichen Scep¬
ter. Diese germanistische Stimmung kennt der Hof und das Mini¬
sterium sehr wohl und auch der Herzog von Augustenburg, der in
Dänemark persönlich nicht unbeliebt ist; aber wenn dieser zugleich
König voll Dänemark würde, so würde das der Mehrzahl in beiden
Herzogthümern keinesweges gelegen sein und wenigstens erwartet wer¬
den, daß er durch eine strenge Verfassung den beiden Herzogthümern
oder richtiger allen dreien die Garantie verschaffe, nur von Inländern
und keinen Dänen verwaltet zu werden, kurz eine Union wie zwi¬
schen Norwegen und Schweden mit besonderer Finanz- und Heeres¬
verfassung.

Schleswig war, als es mit Holstein den dänischen König Chri¬
stian I. zum Herzog wählte, wohl noch ein anerkanntes Lehn Däne¬
marks, aber sonst selbständig. Dem deutschen Reiche hing es niemals
an. Am Thore Rendsburg's via Schleswig standen die Worte
clor-i roman tormimis imporii," aber niemals haben die dänischen
Könige die Grenzen der Lehnbarkeit bis zu einer völligen Union
mit Dänemark ausgedehnt. Am Reichstage des Jahres 1660 nah¬
men die Schleswiger Landstände nicht Theil, aber in einer besonderen
Verordnung erklärte Friedrich III. sich für souverain, in seinem An¬
theil Schleswigs, denn das Haus Gottorp besaß damals den ande¬
ren Theil, welchen dieses später verlor in Folge unglücklicher Theil¬
nahme an der schwedischen Allianz, und diese Occupation hat Kaiser


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[0552] einer neuen Union an einander zu knüpfen, die auf jeden Fall sich dann etwas volksgemüthlicher als die I^ex rexia dar¬ stellen würde; der letztern fehlt offenbar die etwa nöthige reichs- tägige Sanction, denn König Friedrich III. war nach dem Beschlusse des letzten dänischen Reichstages zu einer neuen Constitution auto- risire worden, aber diese haben weder er noch seine Nach¬ folger publicirt. Alle solche Umtriebe oder patriotische Aeußerungen und Pläne mag der Monarch kennen und fürchten und deswegen vorziehen, den «latum quo zu erhalten und die Entwirrung den Thron¬ folgern vorzubehalten. Seit einigen Jahren herrscht ein Antagonismus in Holstein und in dem größten Theile von Schleswig wider die Fortdauer der Union mit Dänemark unter einem gemeinschaftlichen Scep¬ ter. Diese germanistische Stimmung kennt der Hof und das Mini¬ sterium sehr wohl und auch der Herzog von Augustenburg, der in Dänemark persönlich nicht unbeliebt ist; aber wenn dieser zugleich König voll Dänemark würde, so würde das der Mehrzahl in beiden Herzogthümern keinesweges gelegen sein und wenigstens erwartet wer¬ den, daß er durch eine strenge Verfassung den beiden Herzogthümern oder richtiger allen dreien die Garantie verschaffe, nur von Inländern und keinen Dänen verwaltet zu werden, kurz eine Union wie zwi¬ schen Norwegen und Schweden mit besonderer Finanz- und Heeres¬ verfassung. Schleswig war, als es mit Holstein den dänischen König Chri¬ stian I. zum Herzog wählte, wohl noch ein anerkanntes Lehn Däne¬ marks, aber sonst selbständig. Dem deutschen Reiche hing es niemals an. Am Thore Rendsburg's via Schleswig standen die Worte clor-i roman tormimis imporii," aber niemals haben die dänischen Könige die Grenzen der Lehnbarkeit bis zu einer völligen Union mit Dänemark ausgedehnt. Am Reichstage des Jahres 1660 nah¬ men die Schleswiger Landstände nicht Theil, aber in einer besonderen Verordnung erklärte Friedrich III. sich für souverain, in seinem An¬ theil Schleswigs, denn das Haus Gottorp besaß damals den ande¬ ren Theil, welchen dieses später verlor in Folge unglücklicher Theil¬ nahme an der schwedischen Allianz, und diese Occupation hat Kaiser

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/552>, abgerufen am 28.07.2024.