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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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im, ob von der neuen Institution überhaupt etwas zu halten sei.
Der Präsioent des Obcrcensurgerichts, Herr Bornemann, ist zugleich
zum Präsidenten des Centralvereins gewählt worden,, was, wenn schon
einmal die Geheimräthe vorzugsweise zu diesem Posten bestimmt wa¬
ren, eine glückliche Wahl zu nennen ist, da Herr Bornemann unter
gegebenen Umständen jedenfalls eine gewisse Selbständigkeit und Frei¬
heit sich zu bewahren weiß. Erwägt man namentlich, wie wenig po¬
sitiver Boden dem Obercensurgericht verliehen ist, so muß man wohl
zugeben, daß Herr Bornemann diesen Boden aus geschickte und be¬
friedigende Weise zu benutzen versteht.


Justus.
III.
Ans Hamburg.

Ronge's Vries in Hamburg. -- Das Feuilleton der Neuen Zeitung. -- Des
Narre" Loo; das Stadttheater. -- Gas! -- Monaldcöchi. -- Don Pasquale.
-- "Banquier und Journalist" auf dem Thciliatheatcr.

Trotz des Dranges wichtiger vatcrstädtischer Angelegenheiten ha¬
ben wir uns in jüngster Zeit sehr eifrig mit Johannes Rouge und
dem heiligen Rock beschäftigt. Der durch die Macht der Presse tau¬
sendfach geschleuderte Bannstrahl des wackern Mannes blitzte auch in
unsern Tages- und Wochenblättern lustig wieder. Der "Hamburger
Korrespondent" unddie "Nach richten" kamen hinterdrein gehinkt, was
namentlich bei Ersterem auffiel, während die "Neue Zeitung" den
Reigen sehr ehrenwerth eröffnet hatte. Die Censur hat, so viel ich
weiß, keinem unserer Blätter in Betreff der Veröffentlichung des
Norge'schen Schreibens das geringste Hinderniß in den Weg gelegt.
Die Redaction des "Correspondenten" begleitete dasselbe mit einem
Commentare, der das Befremden über den schiefen, halblutherischen
Standpunkt ausdrückte, auf welchem man Ronge erblicke. Ein Com-
mentar zu diesem Commentar ward bisher nicht gefunden. -- Ich
sprach oben von der "Neuen Zeitung." Lies't man denn auswärts
auch das Feuilleton derselben? Es war- Schade, wenn dies nicht der
Fall. Im ersten Theile zieht sich der "ewige Jude" in unerträglicher
und unabsehbarer Bandwurmlange der Fortsetzungen hin. Dann kom¬
men meist erschrecklich wilde und bissige oder auch sammetpfötige und
das Lob mit vollen Backen auspustende Theater- und Literaturkritiken.
Lob oder Tadel hängt hier, wie Hamlet's Tollheit, vom Winde ab.
Etwas von diesem Stoff ist übrigens unausbleiblich in jedem Feuille¬
ton besagter, in ihrer politischen Tenocnz noch immer sehr achtungs¬
werthen Zeitung. -- Unter Wille's Redaction -- die jetzt dem
sich rasch aufschwingenden "Wandsbecker Intelligenzblatt" zu Gute
kommt -- wäre das Unwesen bis zu dem jetzigen Grade schwerlich


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im, ob von der neuen Institution überhaupt etwas zu halten sei.
Der Präsioent des Obcrcensurgerichts, Herr Bornemann, ist zugleich
zum Präsidenten des Centralvereins gewählt worden,, was, wenn schon
einmal die Geheimräthe vorzugsweise zu diesem Posten bestimmt wa¬
ren, eine glückliche Wahl zu nennen ist, da Herr Bornemann unter
gegebenen Umständen jedenfalls eine gewisse Selbständigkeit und Frei¬
heit sich zu bewahren weiß. Erwägt man namentlich, wie wenig po¬
sitiver Boden dem Obercensurgericht verliehen ist, so muß man wohl
zugeben, daß Herr Bornemann diesen Boden aus geschickte und be¬
friedigende Weise zu benutzen versteht.


Justus.
III.
Ans Hamburg.

Ronge's Vries in Hamburg. — Das Feuilleton der Neuen Zeitung. — Des
Narre» Loo; das Stadttheater. — Gas! — Monaldcöchi. — Don Pasquale.
— „Banquier und Journalist" auf dem Thciliatheatcr.

Trotz des Dranges wichtiger vatcrstädtischer Angelegenheiten ha¬
ben wir uns in jüngster Zeit sehr eifrig mit Johannes Rouge und
dem heiligen Rock beschäftigt. Der durch die Macht der Presse tau¬
sendfach geschleuderte Bannstrahl des wackern Mannes blitzte auch in
unsern Tages- und Wochenblättern lustig wieder. Der „Hamburger
Korrespondent" unddie „Nach richten" kamen hinterdrein gehinkt, was
namentlich bei Ersterem auffiel, während die „Neue Zeitung" den
Reigen sehr ehrenwerth eröffnet hatte. Die Censur hat, so viel ich
weiß, keinem unserer Blätter in Betreff der Veröffentlichung des
Norge'schen Schreibens das geringste Hinderniß in den Weg gelegt.
Die Redaction des „Correspondenten" begleitete dasselbe mit einem
Commentare, der das Befremden über den schiefen, halblutherischen
Standpunkt ausdrückte, auf welchem man Ronge erblicke. Ein Com-
mentar zu diesem Commentar ward bisher nicht gefunden. — Ich
sprach oben von der „Neuen Zeitung." Lies't man denn auswärts
auch das Feuilleton derselben? Es war- Schade, wenn dies nicht der
Fall. Im ersten Theile zieht sich der „ewige Jude" in unerträglicher
und unabsehbarer Bandwurmlange der Fortsetzungen hin. Dann kom¬
men meist erschrecklich wilde und bissige oder auch sammetpfötige und
das Lob mit vollen Backen auspustende Theater- und Literaturkritiken.
Lob oder Tadel hängt hier, wie Hamlet's Tollheit, vom Winde ab.
Etwas von diesem Stoff ist übrigens unausbleiblich in jedem Feuille¬
ton besagter, in ihrer politischen Tenocnz noch immer sehr achtungs¬
werthen Zeitung. — Unter Wille's Redaction — die jetzt dem
sich rasch aufschwingenden „Wandsbecker Intelligenzblatt" zu Gute
kommt — wäre das Unwesen bis zu dem jetzigen Grade schwerlich


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[0479] im, ob von der neuen Institution überhaupt etwas zu halten sei. Der Präsioent des Obcrcensurgerichts, Herr Bornemann, ist zugleich zum Präsidenten des Centralvereins gewählt worden,, was, wenn schon einmal die Geheimräthe vorzugsweise zu diesem Posten bestimmt wa¬ ren, eine glückliche Wahl zu nennen ist, da Herr Bornemann unter gegebenen Umständen jedenfalls eine gewisse Selbständigkeit und Frei¬ heit sich zu bewahren weiß. Erwägt man namentlich, wie wenig po¬ sitiver Boden dem Obercensurgericht verliehen ist, so muß man wohl zugeben, daß Herr Bornemann diesen Boden aus geschickte und be¬ friedigende Weise zu benutzen versteht. Justus. III. Ans Hamburg. Ronge's Vries in Hamburg. — Das Feuilleton der Neuen Zeitung. — Des Narre» Loo; das Stadttheater. — Gas! — Monaldcöchi. — Don Pasquale. — „Banquier und Journalist" auf dem Thciliatheatcr. Trotz des Dranges wichtiger vatcrstädtischer Angelegenheiten ha¬ ben wir uns in jüngster Zeit sehr eifrig mit Johannes Rouge und dem heiligen Rock beschäftigt. Der durch die Macht der Presse tau¬ sendfach geschleuderte Bannstrahl des wackern Mannes blitzte auch in unsern Tages- und Wochenblättern lustig wieder. Der „Hamburger Korrespondent" unddie „Nach richten" kamen hinterdrein gehinkt, was namentlich bei Ersterem auffiel, während die „Neue Zeitung" den Reigen sehr ehrenwerth eröffnet hatte. Die Censur hat, so viel ich weiß, keinem unserer Blätter in Betreff der Veröffentlichung des Norge'schen Schreibens das geringste Hinderniß in den Weg gelegt. Die Redaction des „Correspondenten" begleitete dasselbe mit einem Commentare, der das Befremden über den schiefen, halblutherischen Standpunkt ausdrückte, auf welchem man Ronge erblicke. Ein Com- mentar zu diesem Commentar ward bisher nicht gefunden. — Ich sprach oben von der „Neuen Zeitung." Lies't man denn auswärts auch das Feuilleton derselben? Es war- Schade, wenn dies nicht der Fall. Im ersten Theile zieht sich der „ewige Jude" in unerträglicher und unabsehbarer Bandwurmlange der Fortsetzungen hin. Dann kom¬ men meist erschrecklich wilde und bissige oder auch sammetpfötige und das Lob mit vollen Backen auspustende Theater- und Literaturkritiken. Lob oder Tadel hängt hier, wie Hamlet's Tollheit, vom Winde ab. Etwas von diesem Stoff ist übrigens unausbleiblich in jedem Feuille¬ ton besagter, in ihrer politischen Tenocnz noch immer sehr achtungs¬ werthen Zeitung. — Unter Wille's Redaction — die jetzt dem sich rasch aufschwingenden „Wandsbecker Intelligenzblatt" zu Gute kommt — wäre das Unwesen bis zu dem jetzigen Grade schwerlich KN-i-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/479>, abgerufen am 05.12.2024.