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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Zur Schleswig - Holstein - Frage.



Die letzten Gründe von Klenze. -- Rabendänisch. -- Kein Hochdänisch und
kein Hochdeutsch in Schleswig Volkssprache. -- Vermittelnde Stellung der
hochdeutschen Sprache. -- Lorenzen von Hadersleben. -- Petersen'ö Proposi-
tion. -- Die frühe Trennung Schleswig's von Dänemark. -- Seine Vereini¬
gung mit Holstein. -- Die neuholsteinische Minorität und die dänische Agita¬
tion. -- Flensburg für Dänemark, d. h. gegen Hamburg.

"Vielleicht", sagt ein Schleswig-holsteinischer Publizist, Klenze,
in seiner Schrift: Die letzten Gründe zwischen den Dänen und den
Schleswig-Holsteinern, "vielleicht hat der deutsche Bund noch nicht
die Wichtigkeit Holsteins für Deutschland erkannt. Es gibt oft kleine
verborgene Stellen an dem Körper mächtiger thierischer Organismen,
an welchen durch eine geringe Verwundung aller Widerstand gelähmt
und der Tod zugefügt werden kann. Holstein ist ein solcher für
Deutschland. Wir fürchten, daß Rußland durch Preußen vordringen
und Deutschland überfallen könne? Hier sind Festungen, und Monate
müssen vergehen, ehe eine Armee in'ö Innere von Deutschland vor¬
dringen kann, bis wohin der Widerstand organistrt sein wird. Aber
wenn plötzlich die russischen Dampfschiffe die ganze russische Flotte
und Armee in zweimal vierundzwanzig Stunden in die für die grö߬
ten Linienschiffe zugänglichen Kieler und Neustädter Häfen überführ¬
ten, und, die Eisenbahn benutzend und besetzend, innerhalb acht Ta¬
gen eine russische Armee vor den Thoren Berlins und Magde¬
burgs aufgestellt sein könnte, wer bürgt dann dafür, daß unter
zusammentreffenden Umständen Deutschlands Freiheit der Todesstoß
versetzt werden könnte? Daher ist es für den deutschen Bund von
der größten Wichtigkeit, seinen nördlichsten Bundesstaat möglichst
kraftvoll zu erhalten, eine deutsche Bundesfestung an beiden Seiten
des Kieler Hafens erscheint nothwendig, eine Trennung von Schles-


Zur Schleswig - Holstein - Frage.



Die letzten Gründe von Klenze. — Rabendänisch. — Kein Hochdänisch und
kein Hochdeutsch in Schleswig Volkssprache. — Vermittelnde Stellung der
hochdeutschen Sprache. — Lorenzen von Hadersleben. — Petersen'ö Proposi-
tion. — Die frühe Trennung Schleswig's von Dänemark. — Seine Vereini¬
gung mit Holstein. — Die neuholsteinische Minorität und die dänische Agita¬
tion. — Flensburg für Dänemark, d. h. gegen Hamburg.

„Vielleicht", sagt ein Schleswig-holsteinischer Publizist, Klenze,
in seiner Schrift: Die letzten Gründe zwischen den Dänen und den
Schleswig-Holsteinern, „vielleicht hat der deutsche Bund noch nicht
die Wichtigkeit Holsteins für Deutschland erkannt. Es gibt oft kleine
verborgene Stellen an dem Körper mächtiger thierischer Organismen,
an welchen durch eine geringe Verwundung aller Widerstand gelähmt
und der Tod zugefügt werden kann. Holstein ist ein solcher für
Deutschland. Wir fürchten, daß Rußland durch Preußen vordringen
und Deutschland überfallen könne? Hier sind Festungen, und Monate
müssen vergehen, ehe eine Armee in'ö Innere von Deutschland vor¬
dringen kann, bis wohin der Widerstand organistrt sein wird. Aber
wenn plötzlich die russischen Dampfschiffe die ganze russische Flotte
und Armee in zweimal vierundzwanzig Stunden in die für die grö߬
ten Linienschiffe zugänglichen Kieler und Neustädter Häfen überführ¬
ten, und, die Eisenbahn benutzend und besetzend, innerhalb acht Ta¬
gen eine russische Armee vor den Thoren Berlins und Magde¬
burgs aufgestellt sein könnte, wer bürgt dann dafür, daß unter
zusammentreffenden Umständen Deutschlands Freiheit der Todesstoß
versetzt werden könnte? Daher ist es für den deutschen Bund von
der größten Wichtigkeit, seinen nördlichsten Bundesstaat möglichst
kraftvoll zu erhalten, eine deutsche Bundesfestung an beiden Seiten
des Kieler Hafens erscheint nothwendig, eine Trennung von Schles-


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[0442] Zur Schleswig - Holstein - Frage. Die letzten Gründe von Klenze. — Rabendänisch. — Kein Hochdänisch und kein Hochdeutsch in Schleswig Volkssprache. — Vermittelnde Stellung der hochdeutschen Sprache. — Lorenzen von Hadersleben. — Petersen'ö Proposi- tion. — Die frühe Trennung Schleswig's von Dänemark. — Seine Vereini¬ gung mit Holstein. — Die neuholsteinische Minorität und die dänische Agita¬ tion. — Flensburg für Dänemark, d. h. gegen Hamburg. „Vielleicht", sagt ein Schleswig-holsteinischer Publizist, Klenze, in seiner Schrift: Die letzten Gründe zwischen den Dänen und den Schleswig-Holsteinern, „vielleicht hat der deutsche Bund noch nicht die Wichtigkeit Holsteins für Deutschland erkannt. Es gibt oft kleine verborgene Stellen an dem Körper mächtiger thierischer Organismen, an welchen durch eine geringe Verwundung aller Widerstand gelähmt und der Tod zugefügt werden kann. Holstein ist ein solcher für Deutschland. Wir fürchten, daß Rußland durch Preußen vordringen und Deutschland überfallen könne? Hier sind Festungen, und Monate müssen vergehen, ehe eine Armee in'ö Innere von Deutschland vor¬ dringen kann, bis wohin der Widerstand organistrt sein wird. Aber wenn plötzlich die russischen Dampfschiffe die ganze russische Flotte und Armee in zweimal vierundzwanzig Stunden in die für die grö߬ ten Linienschiffe zugänglichen Kieler und Neustädter Häfen überführ¬ ten, und, die Eisenbahn benutzend und besetzend, innerhalb acht Ta¬ gen eine russische Armee vor den Thoren Berlins und Magde¬ burgs aufgestellt sein könnte, wer bürgt dann dafür, daß unter zusammentreffenden Umständen Deutschlands Freiheit der Todesstoß versetzt werden könnte? Daher ist es für den deutschen Bund von der größten Wichtigkeit, seinen nördlichsten Bundesstaat möglichst kraftvoll zu erhalten, eine deutsche Bundesfestung an beiden Seiten des Kieler Hafens erscheint nothwendig, eine Trennung von Schles-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/442>, abgerufen am 27.07.2024.