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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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er mit allem Ernst betrieben. Ihre Frucht war die Reife sei¬
ner späteren Dichtungen. Mit welchem Eifer er in seinen
Jugendjahren der Medicin obgelegen haben muß, bezeugt sein 1780
geschriebener "Versuch über den Zusammenhang der thierischen Na¬
tur des Menschen mit seiner geistigen". Als Philosoph fand er die
volle Anerkennung Meister Kant's, und seine Theorie der Schönheit
ist in der That noch unübertroffen geblieben. "Wir sind reichlich
überzeugt", urtheilte im Jahre 1841 ein spruchberechtigter Mann,
Gervinus, "daß die hier gewonnenen Resultate nicht zu überbieten sind.
Sie können geordnet und vervollständigt, limitirt und erweitert, nie
aber im Wesentlichen verändert werden." Seine ästhetischen Unter¬
suchungen waren es auch gerade, welche Göthe an ihn heranzogen.
Als Geschichtschreiber endlich verdiente er sich durch seine Darstel¬
lung des niederländischen Aufstandes seine Professur der Geschichte
(wenn schon er sie zum Theil dem Einflüsse seiner nachherigen Schwie¬
germutter verdankt haben soll), als solcher reihte er sich, kein unwür¬
diger Nebenbuhler, an unsere großen Historiker Gatterer, Schlötzer,
' Spittler, Müller, Heeren. So that er sich in Allem hervor, was er
erfaßte. Und er wendete sich Vielem zu. Es sei mir gestattet, mit
einigen Worten aus der Rede, welche ich am 11. November 1843
hielt "), den Punkt zu bezeichnen, aus welchem sich nicht wenige Ei¬
genthümlichkeiten der zwei genannten Dichter herleiten lassen. "In
Schiller's Richtung auf das Historische liegt ein Hauptgrund seiner
inneren Verschiedenheit von Göthe, der nur in Naturanschauung ver¬
senkt bleibt"; darnach ließe sich die Auffassungsart eines Jeden von
ihnen bestimmen, ja das Charakteristische ihrer ganzen Dramen und
ihrer einzelnen Helden erklären. Doch ist schon so viel und so Vor¬
treffliches über Schiller's Verhältniß zu Göthe gesagt worden, daß
hier abzubrechen Zeit ist. Sehr treffend bemerkte Heinrich Laube
der nach mir über das persönliche Verhältniß Schiller's zu Göthe
mit vielem Glück sprach, daß man doch endlich aufhören solle, einen



Sie ist abgedruckt in der Jllustrirten Zeitung von 1843 Nro. 24. Das
Bild des Schillerhauses in Gohlis, welches diese Nummer enthält, lohnt ge¬
wiernen Verehrern Schiller's den Ankaufspreis von fünf Silberrochen.
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Welchen Schwung übrigens das Schillerfest in Leipzig gibt, zeigt reck
augenfällig das diesjährige Programm desselben. Der Borstand kündigt näm
lich an "Nur die rothen Billets berechtigen zu gesperrten Plätzen und hab"
ihren Eingang durch die Thüre links." Wie poetisch, die Billets zu perso
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er mit allem Ernst betrieben. Ihre Frucht war die Reife sei¬
ner späteren Dichtungen. Mit welchem Eifer er in seinen
Jugendjahren der Medicin obgelegen haben muß, bezeugt sein 1780
geschriebener „Versuch über den Zusammenhang der thierischen Na¬
tur des Menschen mit seiner geistigen". Als Philosoph fand er die
volle Anerkennung Meister Kant's, und seine Theorie der Schönheit
ist in der That noch unübertroffen geblieben. „Wir sind reichlich
überzeugt", urtheilte im Jahre 1841 ein spruchberechtigter Mann,
Gervinus, „daß die hier gewonnenen Resultate nicht zu überbieten sind.
Sie können geordnet und vervollständigt, limitirt und erweitert, nie
aber im Wesentlichen verändert werden." Seine ästhetischen Unter¬
suchungen waren es auch gerade, welche Göthe an ihn heranzogen.
Als Geschichtschreiber endlich verdiente er sich durch seine Darstel¬
lung des niederländischen Aufstandes seine Professur der Geschichte
(wenn schon er sie zum Theil dem Einflüsse seiner nachherigen Schwie¬
germutter verdankt haben soll), als solcher reihte er sich, kein unwür¬
diger Nebenbuhler, an unsere großen Historiker Gatterer, Schlötzer,
' Spittler, Müller, Heeren. So that er sich in Allem hervor, was er
erfaßte. Und er wendete sich Vielem zu. Es sei mir gestattet, mit
einigen Worten aus der Rede, welche ich am 11. November 1843
hielt »), den Punkt zu bezeichnen, aus welchem sich nicht wenige Ei¬
genthümlichkeiten der zwei genannten Dichter herleiten lassen. „In
Schiller's Richtung auf das Historische liegt ein Hauptgrund seiner
inneren Verschiedenheit von Göthe, der nur in Naturanschauung ver¬
senkt bleibt"; darnach ließe sich die Auffassungsart eines Jeden von
ihnen bestimmen, ja das Charakteristische ihrer ganzen Dramen und
ihrer einzelnen Helden erklären. Doch ist schon so viel und so Vor¬
treffliches über Schiller's Verhältniß zu Göthe gesagt worden, daß
hier abzubrechen Zeit ist. Sehr treffend bemerkte Heinrich Laube
der nach mir über das persönliche Verhältniß Schiller's zu Göthe
mit vielem Glück sprach, daß man doch endlich aufhören solle, einen



Sie ist abgedruckt in der Jllustrirten Zeitung von 1843 Nro. 24. Das
Bild des Schillerhauses in Gohlis, welches diese Nummer enthält, lohnt ge¬
wiernen Verehrern Schiller's den Ankaufspreis von fünf Silberrochen.
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Welchen Schwung übrigens das Schillerfest in Leipzig gibt, zeigt reck
augenfällig das diesjährige Programm desselben. Der Borstand kündigt näm
lich an „Nur die rothen Billets berechtigen zu gesperrten Plätzen und hab»
ihren Eingang durch die Thüre links." Wie poetisch, die Billets zu perso
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[0397] er mit allem Ernst betrieben. Ihre Frucht war die Reife sei¬ ner späteren Dichtungen. Mit welchem Eifer er in seinen Jugendjahren der Medicin obgelegen haben muß, bezeugt sein 1780 geschriebener „Versuch über den Zusammenhang der thierischen Na¬ tur des Menschen mit seiner geistigen". Als Philosoph fand er die volle Anerkennung Meister Kant's, und seine Theorie der Schönheit ist in der That noch unübertroffen geblieben. „Wir sind reichlich überzeugt", urtheilte im Jahre 1841 ein spruchberechtigter Mann, Gervinus, „daß die hier gewonnenen Resultate nicht zu überbieten sind. Sie können geordnet und vervollständigt, limitirt und erweitert, nie aber im Wesentlichen verändert werden." Seine ästhetischen Unter¬ suchungen waren es auch gerade, welche Göthe an ihn heranzogen. Als Geschichtschreiber endlich verdiente er sich durch seine Darstel¬ lung des niederländischen Aufstandes seine Professur der Geschichte (wenn schon er sie zum Theil dem Einflüsse seiner nachherigen Schwie¬ germutter verdankt haben soll), als solcher reihte er sich, kein unwür¬ diger Nebenbuhler, an unsere großen Historiker Gatterer, Schlötzer, ' Spittler, Müller, Heeren. So that er sich in Allem hervor, was er erfaßte. Und er wendete sich Vielem zu. Es sei mir gestattet, mit einigen Worten aus der Rede, welche ich am 11. November 1843 hielt »), den Punkt zu bezeichnen, aus welchem sich nicht wenige Ei¬ genthümlichkeiten der zwei genannten Dichter herleiten lassen. „In Schiller's Richtung auf das Historische liegt ein Hauptgrund seiner inneren Verschiedenheit von Göthe, der nur in Naturanschauung ver¬ senkt bleibt"; darnach ließe sich die Auffassungsart eines Jeden von ihnen bestimmen, ja das Charakteristische ihrer ganzen Dramen und ihrer einzelnen Helden erklären. Doch ist schon so viel und so Vor¬ treffliches über Schiller's Verhältniß zu Göthe gesagt worden, daß hier abzubrechen Zeit ist. Sehr treffend bemerkte Heinrich Laube der nach mir über das persönliche Verhältniß Schiller's zu Göthe mit vielem Glück sprach, daß man doch endlich aufhören solle, einen Sie ist abgedruckt in der Jllustrirten Zeitung von 1843 Nro. 24. Das Bild des Schillerhauses in Gohlis, welches diese Nummer enthält, lohnt ge¬ wiernen Verehrern Schiller's den Ankaufspreis von fünf Silberrochen. ß fgs Welchen Schwung übrigens das Schillerfest in Leipzig gibt, zeigt reck augenfällig das diesjährige Programm desselben. Der Borstand kündigt näm lich an „Nur die rothen Billets berechtigen zu gesperrten Plätzen und hab» ihren Eingang durch die Thüre links." Wie poetisch, die Billets zu perso ieirenEinannemenulaen! t¬ , - niiciren, s h gg h z ss GrenMen ». .

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/397>, abgerufen am 01.09.2024.