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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Rom: Esther und Iphigenia sind als ideale weibliche Porträts
nicht ohne großen Werth, aber ohne tiefere historische Bedeutung.
Die Einnahme von Schwaz am Jnn im Jahr 1809 von
Artaria in Paris zeichnet sich durch eine gewisse Lebendigkeit der
Handlung aus, obgleich der Ton des Bildes etwas in's Flaue geht.
-- Hübsch gemalt ist eine Susanna im Bade von Blanc,
aber auch hier sehen wir mehr ein habendes Madchen, als grad eine
Susanna. -- Ich komme nun zu drei Künstlern, welche einen mehr
oder weniger glücklichen Wurf in das historische Bild gethan haben.
Da ist zuerst die Ermordung des Grafen von Helfenstein,
eine Scene aus dem Bauernkriege von Metz, einem Schüler Ben-
demann's. Der Erb- und Stammherr des zur Seite im Hinter¬
grunde brennenden Schlosses ist von den Bauern mitten in das
Bild hineingeschleppt worden und soll zum Tode geführt werden.
Er stemmt sich trotzig gegen die braunen Gesellen, aber er wird der
Uebermacht weichen müssen, wenn ihm auch das Angstgeschrei seines
Weibes, seiner unmündigen Kinder, welche ihm folgen, das Herz zu
brechen droht. Die Handlung ist klar und verständlich, man be¬
greift das Alles ohne Commentar; der höhnische Ausdruck in den
Gesichtern der Bauern, von denen einer den Spott so weit treibt,
ein lustiges Liedchen zu blasen, ist-.vortrefflich geschildert; und das
Bild würde zu den besten historischen der neuesten Zeit gehören, wenn
die Farbe etwas markiger wäre. Das warme Leben muß den Be¬
schauer augenblicklich packen, und da hat die Farbe denn doch auch
ein Wörtchen mitzureden. Ferner haben wir zwei Bilder aus dem
Leben der Maria Stuart von W. Volksart in Düsseldorf, der sich
ganz der Verherrlichung dieses unglücklichen Weibes zu widmen scheint.
Das erste nimmt unsere Theilnahme nur durch die milde Schönheit
und die Ruhe Maria's in Anspruch, denn es hat nur diese eine Ge¬
stalt: Maria Stuart am Schaffst, halbe Figur, nennt es der
Maler. Mit gefalteten Händen, in denen sie ein in Elfenbein ge¬
schnitztes Crucifir hält, steht das schöne, bleiche Weib da. Sie ist
ganz in Schwarz gekleidet und es fällt uns recht auf, wie dieses We¬
sen, das Liebe und Leben in so hohem Grade genoß, gezwungen aus
dieser Welt scheiden soll, obgleich sie ihr in diesem Augenblick nicht
mehr anzugehören scheint. Sie ist ruhig und entschlossen. Den Blick
zu Gott gewandt, empfiehlt sie ihm betend ihre Seele. Das andere


Rom: Esther und Iphigenia sind als ideale weibliche Porträts
nicht ohne großen Werth, aber ohne tiefere historische Bedeutung.
Die Einnahme von Schwaz am Jnn im Jahr 1809 von
Artaria in Paris zeichnet sich durch eine gewisse Lebendigkeit der
Handlung aus, obgleich der Ton des Bildes etwas in's Flaue geht.
— Hübsch gemalt ist eine Susanna im Bade von Blanc,
aber auch hier sehen wir mehr ein habendes Madchen, als grad eine
Susanna. — Ich komme nun zu drei Künstlern, welche einen mehr
oder weniger glücklichen Wurf in das historische Bild gethan haben.
Da ist zuerst die Ermordung des Grafen von Helfenstein,
eine Scene aus dem Bauernkriege von Metz, einem Schüler Ben-
demann's. Der Erb- und Stammherr des zur Seite im Hinter¬
grunde brennenden Schlosses ist von den Bauern mitten in das
Bild hineingeschleppt worden und soll zum Tode geführt werden.
Er stemmt sich trotzig gegen die braunen Gesellen, aber er wird der
Uebermacht weichen müssen, wenn ihm auch das Angstgeschrei seines
Weibes, seiner unmündigen Kinder, welche ihm folgen, das Herz zu
brechen droht. Die Handlung ist klar und verständlich, man be¬
greift das Alles ohne Commentar; der höhnische Ausdruck in den
Gesichtern der Bauern, von denen einer den Spott so weit treibt,
ein lustiges Liedchen zu blasen, ist-.vortrefflich geschildert; und das
Bild würde zu den besten historischen der neuesten Zeit gehören, wenn
die Farbe etwas markiger wäre. Das warme Leben muß den Be¬
schauer augenblicklich packen, und da hat die Farbe denn doch auch
ein Wörtchen mitzureden. Ferner haben wir zwei Bilder aus dem
Leben der Maria Stuart von W. Volksart in Düsseldorf, der sich
ganz der Verherrlichung dieses unglücklichen Weibes zu widmen scheint.
Das erste nimmt unsere Theilnahme nur durch die milde Schönheit
und die Ruhe Maria's in Anspruch, denn es hat nur diese eine Ge¬
stalt: Maria Stuart am Schaffst, halbe Figur, nennt es der
Maler. Mit gefalteten Händen, in denen sie ein in Elfenbein ge¬
schnitztes Crucifir hält, steht das schöne, bleiche Weib da. Sie ist
ganz in Schwarz gekleidet und es fällt uns recht auf, wie dieses We¬
sen, das Liebe und Leben in so hohem Grade genoß, gezwungen aus
dieser Welt scheiden soll, obgleich sie ihr in diesem Augenblick nicht
mehr anzugehören scheint. Sie ist ruhig und entschlossen. Den Blick
zu Gott gewandt, empfiehlt sie ihm betend ihre Seele. Das andere


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[0362] Rom: Esther und Iphigenia sind als ideale weibliche Porträts nicht ohne großen Werth, aber ohne tiefere historische Bedeutung. Die Einnahme von Schwaz am Jnn im Jahr 1809 von Artaria in Paris zeichnet sich durch eine gewisse Lebendigkeit der Handlung aus, obgleich der Ton des Bildes etwas in's Flaue geht. — Hübsch gemalt ist eine Susanna im Bade von Blanc, aber auch hier sehen wir mehr ein habendes Madchen, als grad eine Susanna. — Ich komme nun zu drei Künstlern, welche einen mehr oder weniger glücklichen Wurf in das historische Bild gethan haben. Da ist zuerst die Ermordung des Grafen von Helfenstein, eine Scene aus dem Bauernkriege von Metz, einem Schüler Ben- demann's. Der Erb- und Stammherr des zur Seite im Hinter¬ grunde brennenden Schlosses ist von den Bauern mitten in das Bild hineingeschleppt worden und soll zum Tode geführt werden. Er stemmt sich trotzig gegen die braunen Gesellen, aber er wird der Uebermacht weichen müssen, wenn ihm auch das Angstgeschrei seines Weibes, seiner unmündigen Kinder, welche ihm folgen, das Herz zu brechen droht. Die Handlung ist klar und verständlich, man be¬ greift das Alles ohne Commentar; der höhnische Ausdruck in den Gesichtern der Bauern, von denen einer den Spott so weit treibt, ein lustiges Liedchen zu blasen, ist-.vortrefflich geschildert; und das Bild würde zu den besten historischen der neuesten Zeit gehören, wenn die Farbe etwas markiger wäre. Das warme Leben muß den Be¬ schauer augenblicklich packen, und da hat die Farbe denn doch auch ein Wörtchen mitzureden. Ferner haben wir zwei Bilder aus dem Leben der Maria Stuart von W. Volksart in Düsseldorf, der sich ganz der Verherrlichung dieses unglücklichen Weibes zu widmen scheint. Das erste nimmt unsere Theilnahme nur durch die milde Schönheit und die Ruhe Maria's in Anspruch, denn es hat nur diese eine Ge¬ stalt: Maria Stuart am Schaffst, halbe Figur, nennt es der Maler. Mit gefalteten Händen, in denen sie ein in Elfenbein ge¬ schnitztes Crucifir hält, steht das schöne, bleiche Weib da. Sie ist ganz in Schwarz gekleidet und es fällt uns recht auf, wie dieses We¬ sen, das Liebe und Leben in so hohem Grade genoß, gezwungen aus dieser Welt scheiden soll, obgleich sie ihr in diesem Augenblick nicht mehr anzugehören scheint. Sie ist ruhig und entschlossen. Den Blick zu Gott gewandt, empfiehlt sie ihm betend ihre Seele. Das andere

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/362>, abgerufen am 01.09.2024.