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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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braune Ton, der auf dem Ganzen liegt, ist nicht überall richtig und
wahr, aber er ist so schön, daß das Auge sich daran weidet. Schef¬
fer ist absichtlich jeder großartigen Auffassung aus dem Wege gegan¬
gen; er gibt eine anspruchslose Idylle, aber eine wunderschöne.
Ein großes Bild von Karl Andrae in Düsseldorf: Petri
Pfingstpredigt, bleibt total unverständlich. Ein Bild von Fakir
Schadow: Christus bei Martha und Maria, auf dem man
wohl zwei blaue und rothe Weibsbilder, aber keinen Christus, wenig"
seems diesen nur in weiter Ferne mit zweien Jüngern bemerkt. Und
endlich auch ein ziemlich großes Bild vom Prof. Wach, von dem
schon seit Jahren unter der Benennung: die Einführung deS
Christenthums in Pommern, die Rede war, das sich aber,
wie der Katalog beweist, in den heiligen Otto, Bischof von
Bamberg und die ersten Christenkinder in Stettin ver¬
wandelt hat.

Es tritt in keinem der bisher genannten Bilder die Absicht,
durchaus ein historisches sein zu wollen, so deutlich heraus, wie in
diesem. Die Farbe ist hart und streng, die Behandlung "der Land¬
schaft kräftig, aber störend, das Ganze schreiend und in die Augen
fallend. Man möchte wissen, in welcher Verbindung dieser alte
Mann in der Tracht eines Bischofes, von der Geistlichkeit umgeben,
mit diesen Kindern steht, welche den Mittelpunkt ausmachen. Man
sucht sich zu erklären, warum jene vornehme Frau, der zwei der lieb¬
lichsten Knaben entgegentreten, ihren Dienerinnen ohnmächtig in die
Arme sinkt; warum der alte Diener, welcher hinter diesen steht, das
Ganze mit so finsteren Blicken betrachtet. Man möchte dies gerne
wissen, und dafür sorgt der dem Bilde beigegebene Commentar im
Kataloge. Dort steht nämlich eine weitläufige Geschichte, die der
Pinsel des Malers aufschreiben wollte, aber nicht konnte. Bei dieser
seltsamen Komposition sieht man aber doch auf den ersten Blick, daß
man es mit einer ungewöhnlich ausgebildeten Technik zu thun hat.
-- Ein großer Sinn für Formenschönheit und eine zarte delicate Be¬
handlung spricht sich dagegen in einem kleinen Bilde von Edu¬
ard Dage: Maria mit dem Kinde und dem Evangelisten
aus. ES ist anspruchslos in der Auffassung, aber sehr anmuthig in
der Ausführung und wird seinen Platz in einem Betzimmer gewiß
ausfüllen. -- Eine der abgeschmacktesten Aufgaben, welche je ein


braune Ton, der auf dem Ganzen liegt, ist nicht überall richtig und
wahr, aber er ist so schön, daß das Auge sich daran weidet. Schef¬
fer ist absichtlich jeder großartigen Auffassung aus dem Wege gegan¬
gen; er gibt eine anspruchslose Idylle, aber eine wunderschöne.
Ein großes Bild von Karl Andrae in Düsseldorf: Petri
Pfingstpredigt, bleibt total unverständlich. Ein Bild von Fakir
Schadow: Christus bei Martha und Maria, auf dem man
wohl zwei blaue und rothe Weibsbilder, aber keinen Christus, wenig»
seems diesen nur in weiter Ferne mit zweien Jüngern bemerkt. Und
endlich auch ein ziemlich großes Bild vom Prof. Wach, von dem
schon seit Jahren unter der Benennung: die Einführung deS
Christenthums in Pommern, die Rede war, das sich aber,
wie der Katalog beweist, in den heiligen Otto, Bischof von
Bamberg und die ersten Christenkinder in Stettin ver¬
wandelt hat.

Es tritt in keinem der bisher genannten Bilder die Absicht,
durchaus ein historisches sein zu wollen, so deutlich heraus, wie in
diesem. Die Farbe ist hart und streng, die Behandlung »der Land¬
schaft kräftig, aber störend, das Ganze schreiend und in die Augen
fallend. Man möchte wissen, in welcher Verbindung dieser alte
Mann in der Tracht eines Bischofes, von der Geistlichkeit umgeben,
mit diesen Kindern steht, welche den Mittelpunkt ausmachen. Man
sucht sich zu erklären, warum jene vornehme Frau, der zwei der lieb¬
lichsten Knaben entgegentreten, ihren Dienerinnen ohnmächtig in die
Arme sinkt; warum der alte Diener, welcher hinter diesen steht, das
Ganze mit so finsteren Blicken betrachtet. Man möchte dies gerne
wissen, und dafür sorgt der dem Bilde beigegebene Commentar im
Kataloge. Dort steht nämlich eine weitläufige Geschichte, die der
Pinsel des Malers aufschreiben wollte, aber nicht konnte. Bei dieser
seltsamen Komposition sieht man aber doch auf den ersten Blick, daß
man es mit einer ungewöhnlich ausgebildeten Technik zu thun hat.
— Ein großer Sinn für Formenschönheit und eine zarte delicate Be¬
handlung spricht sich dagegen in einem kleinen Bilde von Edu¬
ard Dage: Maria mit dem Kinde und dem Evangelisten
aus. ES ist anspruchslos in der Auffassung, aber sehr anmuthig in
der Ausführung und wird seinen Platz in einem Betzimmer gewiß
ausfüllen. — Eine der abgeschmacktesten Aufgaben, welche je ein


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[0355] braune Ton, der auf dem Ganzen liegt, ist nicht überall richtig und wahr, aber er ist so schön, daß das Auge sich daran weidet. Schef¬ fer ist absichtlich jeder großartigen Auffassung aus dem Wege gegan¬ gen; er gibt eine anspruchslose Idylle, aber eine wunderschöne. Ein großes Bild von Karl Andrae in Düsseldorf: Petri Pfingstpredigt, bleibt total unverständlich. Ein Bild von Fakir Schadow: Christus bei Martha und Maria, auf dem man wohl zwei blaue und rothe Weibsbilder, aber keinen Christus, wenig» seems diesen nur in weiter Ferne mit zweien Jüngern bemerkt. Und endlich auch ein ziemlich großes Bild vom Prof. Wach, von dem schon seit Jahren unter der Benennung: die Einführung deS Christenthums in Pommern, die Rede war, das sich aber, wie der Katalog beweist, in den heiligen Otto, Bischof von Bamberg und die ersten Christenkinder in Stettin ver¬ wandelt hat. Es tritt in keinem der bisher genannten Bilder die Absicht, durchaus ein historisches sein zu wollen, so deutlich heraus, wie in diesem. Die Farbe ist hart und streng, die Behandlung »der Land¬ schaft kräftig, aber störend, das Ganze schreiend und in die Augen fallend. Man möchte wissen, in welcher Verbindung dieser alte Mann in der Tracht eines Bischofes, von der Geistlichkeit umgeben, mit diesen Kindern steht, welche den Mittelpunkt ausmachen. Man sucht sich zu erklären, warum jene vornehme Frau, der zwei der lieb¬ lichsten Knaben entgegentreten, ihren Dienerinnen ohnmächtig in die Arme sinkt; warum der alte Diener, welcher hinter diesen steht, das Ganze mit so finsteren Blicken betrachtet. Man möchte dies gerne wissen, und dafür sorgt der dem Bilde beigegebene Commentar im Kataloge. Dort steht nämlich eine weitläufige Geschichte, die der Pinsel des Malers aufschreiben wollte, aber nicht konnte. Bei dieser seltsamen Komposition sieht man aber doch auf den ersten Blick, daß man es mit einer ungewöhnlich ausgebildeten Technik zu thun hat. — Ein großer Sinn für Formenschönheit und eine zarte delicate Be¬ handlung spricht sich dagegen in einem kleinen Bilde von Edu¬ ard Dage: Maria mit dem Kinde und dem Evangelisten aus. ES ist anspruchslos in der Auffassung, aber sehr anmuthig in der Ausführung und wird seinen Platz in einem Betzimmer gewiß ausfüllen. — Eine der abgeschmacktesten Aufgaben, welche je ein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/355>, abgerufen am 28.07.2024.