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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Major. Hören Sie mit diesen Religionssachen auf, diese ge¬
hören nicht auf eine Bierbank. Viel lieber höre ich einen DiScurS
von den unterirdischen Teufeln, als solche Religionsstreitigkeiten.
Apropos, Herr Lieutenant, sind denn unsere Vorfahren gar so dumm
gewesen, daß sie die Windfreiheit ohne Gründe zum Nachtheil der
undeitberänkt haben?

eGarnisons-Lieutenant. Diese Beschränkung ist keines¬
wegs ans Kosten des Verstandes unserer Vorfahren zu setzen. So
lange als die Menschen ein patriarchalisches Leben führten und keine
Wohnsitze hatten, werden sie sich schwerlich aus den zufälligen Au¬
genzeugen ihrer körperlichen Verrichtungen etwas gemacht haben. Erst
nachdem sich die Menschen zu größeren Gesellschaften bildeten, erst
dann, als sie Anführer und Könige erhielten, suchten diese den Men¬
schen ihre Freiheit nach und nach zu rauben und fingen wahr¬
scheinlich mit der Einschränkung jener ersten Freiheiten an, wozu sie
erute Gründe hatten.

Major. Und diese Gründe waren?

Garn issons-Lieutenant. Man weiß aus Erfahrung, daß
wenn man einen Menschen bei einer solchen Verrichtung findet, mag
er noch so eine hohe Stellung einnehmen, er an seinem Ansehen in
unseren Augen viel verliert.

Infanterie-Lieutenant. Es steht in einem Buche ge¬
schrieben: Niemals ist ein großer Mann auch für seinen Kammer¬
diener groß geblieben.




Mein Herr*). Meine Herren, ich kam nicht, Sie zu geni-
ren, sondern um mich selbst zu unterhalten.

Alle (nach der Pfeife greifend.) Mit Erlaubniß, Herr Oberst¬
watmeier!

Pensionirter Major. Welches Wetter hat Sie, Herr Ka¬
merad, hierher geführt, daß Sie uns die Ehre Ihrer Gegenwart so
unvermuthet schenken?

Mein Herr. Ich habe gehört, daß es hier sehr lustig hergeht,
und daß hier Manches abgehandelt wird, was gedruckt werden könnte.
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*) Der Vorgesetzte des Erzählers.

Major. Hören Sie mit diesen Religionssachen auf, diese ge¬
hören nicht auf eine Bierbank. Viel lieber höre ich einen DiScurS
von den unterirdischen Teufeln, als solche Religionsstreitigkeiten.
Apropos, Herr Lieutenant, sind denn unsere Vorfahren gar so dumm
gewesen, daß sie die Windfreiheit ohne Gründe zum Nachtheil der
undeitberänkt haben?

eGarnisons-Lieutenant. Diese Beschränkung ist keines¬
wegs ans Kosten des Verstandes unserer Vorfahren zu setzen. So
lange als die Menschen ein patriarchalisches Leben führten und keine
Wohnsitze hatten, werden sie sich schwerlich aus den zufälligen Au¬
genzeugen ihrer körperlichen Verrichtungen etwas gemacht haben. Erst
nachdem sich die Menschen zu größeren Gesellschaften bildeten, erst
dann, als sie Anführer und Könige erhielten, suchten diese den Men¬
schen ihre Freiheit nach und nach zu rauben und fingen wahr¬
scheinlich mit der Einschränkung jener ersten Freiheiten an, wozu sie
erute Gründe hatten.

Major. Und diese Gründe waren?

Garn issons-Lieutenant. Man weiß aus Erfahrung, daß
wenn man einen Menschen bei einer solchen Verrichtung findet, mag
er noch so eine hohe Stellung einnehmen, er an seinem Ansehen in
unseren Augen viel verliert.

Infanterie-Lieutenant. Es steht in einem Buche ge¬
schrieben: Niemals ist ein großer Mann auch für seinen Kammer¬
diener groß geblieben.




Mein Herr*). Meine Herren, ich kam nicht, Sie zu geni-
ren, sondern um mich selbst zu unterhalten.

Alle (nach der Pfeife greifend.) Mit Erlaubniß, Herr Oberst¬
watmeier!

Pensionirter Major. Welches Wetter hat Sie, Herr Ka¬
merad, hierher geführt, daß Sie uns die Ehre Ihrer Gegenwart so
unvermuthet schenken?

Mein Herr. Ich habe gehört, daß es hier sehr lustig hergeht,
und daß hier Manches abgehandelt wird, was gedruckt werden könnte.
"''''''"^>>'I-'U'



*) Der Vorgesetzte des Erzählers.
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[0315] Major. Hören Sie mit diesen Religionssachen auf, diese ge¬ hören nicht auf eine Bierbank. Viel lieber höre ich einen DiScurS von den unterirdischen Teufeln, als solche Religionsstreitigkeiten. Apropos, Herr Lieutenant, sind denn unsere Vorfahren gar so dumm gewesen, daß sie die Windfreiheit ohne Gründe zum Nachtheil der undeitberänkt haben? eGarnisons-Lieutenant. Diese Beschränkung ist keines¬ wegs ans Kosten des Verstandes unserer Vorfahren zu setzen. So lange als die Menschen ein patriarchalisches Leben führten und keine Wohnsitze hatten, werden sie sich schwerlich aus den zufälligen Au¬ genzeugen ihrer körperlichen Verrichtungen etwas gemacht haben. Erst nachdem sich die Menschen zu größeren Gesellschaften bildeten, erst dann, als sie Anführer und Könige erhielten, suchten diese den Men¬ schen ihre Freiheit nach und nach zu rauben und fingen wahr¬ scheinlich mit der Einschränkung jener ersten Freiheiten an, wozu sie erute Gründe hatten. Major. Und diese Gründe waren? Garn issons-Lieutenant. Man weiß aus Erfahrung, daß wenn man einen Menschen bei einer solchen Verrichtung findet, mag er noch so eine hohe Stellung einnehmen, er an seinem Ansehen in unseren Augen viel verliert. Infanterie-Lieutenant. Es steht in einem Buche ge¬ schrieben: Niemals ist ein großer Mann auch für seinen Kammer¬ diener groß geblieben. Mein Herr*). Meine Herren, ich kam nicht, Sie zu geni- ren, sondern um mich selbst zu unterhalten. Alle (nach der Pfeife greifend.) Mit Erlaubniß, Herr Oberst¬ watmeier! Pensionirter Major. Welches Wetter hat Sie, Herr Ka¬ merad, hierher geführt, daß Sie uns die Ehre Ihrer Gegenwart so unvermuthet schenken? Mein Herr. Ich habe gehört, daß es hier sehr lustig hergeht, und daß hier Manches abgehandelt wird, was gedruckt werden könnte. "''''''"^>>'I-'U' *) Der Vorgesetzte des Erzählers.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/315>, abgerufen am 01.09.2024.