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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Mission anfänglich die Besorgniß gehegt hatte, es möchten zu wenige
Gegenstände für die Ausstellung eingehen.

Sie werden vielleicht seit einiger Zeit in der "Deutschen Allge¬
meinen Zeitung" die Berlimr Correspondenzberichte mit dem Zeichen
der gekreuzten Null vermißt haben -- oder Sie haben sie auch nicht
vermißt, wenn gleich sie in der Zeitung fehlen; wie wir hören, ist der
bekannte Autor dieser Berichte wegen eines uns übrigens nicht bekann¬
ten Artikels über Thebens zur Verantwortung gezogen und in die Un¬
möglichkeit versetzt worden, seine Correspondenzen für jetzt fortzusetzen.
Jedenfalls wird dadurch das Gerücht widerlegt, daß der Verfasser je¬
ner Berichte noch in irgendwelchen halbamtlichen Relationen stehe.
Ebenso ist durch einen in den hiesigen Zeitungen enthaltenen einge¬
sandten Artikel dem Gerüchte widersprochen worden, daß der bisherige
Königsberger Theaterdirector und Sachsen-Gotha'sche Legationsrath,
Friedrich Tietz, hier eine Anstellung entweder als College des Herrn
Hosraths Rousseau, oder in einer noch höheren Charge erhalten werde.
Esj muß übrigens in den literarischen Relationen mit Rußland ir¬
gend eine bedeutende Veränderung in Berlin eingetreten sein, oder
noch bevorstehen, denn außer Herrn Tintz ist auch Herr Staatsrath
Gretsch hier wieder eingetroffen. Jedenfalls haben wir uns auf irgend
eine neue Schrift nach Art der Broschüre gegen Custine gefaßt zu
machen, welche letztere leider eine eben so geschwätzige und unschmack¬
hafte deutsche Gegenschrift veranlaßte, die kürzlich in Leipzig unter
dem Titel: "Noch etwas über Nußland in Bezug auf Custine und
dessen Widerleger" erschienen ist.

In Bezug auf das Theater muß ich Ihnen vor Allem die wich¬
tige Nachricht mittheilen, daß die große Dichterin und Alles überra¬
gende Darstellerin, Madame Birch-Pfeiffer, von deren Gewicht 'wir
bisher noch keine Schauspielerin auszuweisen hatten, für unsere Bühne
gewonnen worden ist. Freilich ist dieser Gewinn ein mehr körperlicher,
als geistiger, doch versprechen wir uns darum manches gute Gelegen¬
heitsstück, denn daß Madame Birch-Pfeiffer mehr Talent hat, als drei
mittelmäßige Bühnendichter zusammen, ist wohl nicht zu läugnen.
Demoiselle Jenny Lind aus Stockholm, die treffliche Sängerin,' über
deren durch Herrn Meyerbeer ohne Mitwirkung des Herrn Küstner
bewirktes Engagement die "Zeitung für die elegante Welt" kürzlich
die elegante und die unelcgante Welt in Bewegung setzen wollte, wird,
wie es jetzt heißt, bei bei- Eröffnung des neuen Opernhauses noch
nicht austreten. Durch diese Eröffnung sollen wir durchaus überrascht
werden, denn bis jetzt ist noch nicht einmal der Titel der Oper be¬
kannt, die Herr Meyerbeer zu diesem Zwecke componirt, und zu wel¬
cher Rellstab den Text geschrieben haben soll.


Mission anfänglich die Besorgniß gehegt hatte, es möchten zu wenige
Gegenstände für die Ausstellung eingehen.

Sie werden vielleicht seit einiger Zeit in der „Deutschen Allge¬
meinen Zeitung" die Berlimr Correspondenzberichte mit dem Zeichen
der gekreuzten Null vermißt haben — oder Sie haben sie auch nicht
vermißt, wenn gleich sie in der Zeitung fehlen; wie wir hören, ist der
bekannte Autor dieser Berichte wegen eines uns übrigens nicht bekann¬
ten Artikels über Thebens zur Verantwortung gezogen und in die Un¬
möglichkeit versetzt worden, seine Correspondenzen für jetzt fortzusetzen.
Jedenfalls wird dadurch das Gerücht widerlegt, daß der Verfasser je¬
ner Berichte noch in irgendwelchen halbamtlichen Relationen stehe.
Ebenso ist durch einen in den hiesigen Zeitungen enthaltenen einge¬
sandten Artikel dem Gerüchte widersprochen worden, daß der bisherige
Königsberger Theaterdirector und Sachsen-Gotha'sche Legationsrath,
Friedrich Tietz, hier eine Anstellung entweder als College des Herrn
Hosraths Rousseau, oder in einer noch höheren Charge erhalten werde.
Esj muß übrigens in den literarischen Relationen mit Rußland ir¬
gend eine bedeutende Veränderung in Berlin eingetreten sein, oder
noch bevorstehen, denn außer Herrn Tintz ist auch Herr Staatsrath
Gretsch hier wieder eingetroffen. Jedenfalls haben wir uns auf irgend
eine neue Schrift nach Art der Broschüre gegen Custine gefaßt zu
machen, welche letztere leider eine eben so geschwätzige und unschmack¬
hafte deutsche Gegenschrift veranlaßte, die kürzlich in Leipzig unter
dem Titel: „Noch etwas über Nußland in Bezug auf Custine und
dessen Widerleger" erschienen ist.

In Bezug auf das Theater muß ich Ihnen vor Allem die wich¬
tige Nachricht mittheilen, daß die große Dichterin und Alles überra¬
gende Darstellerin, Madame Birch-Pfeiffer, von deren Gewicht 'wir
bisher noch keine Schauspielerin auszuweisen hatten, für unsere Bühne
gewonnen worden ist. Freilich ist dieser Gewinn ein mehr körperlicher,
als geistiger, doch versprechen wir uns darum manches gute Gelegen¬
heitsstück, denn daß Madame Birch-Pfeiffer mehr Talent hat, als drei
mittelmäßige Bühnendichter zusammen, ist wohl nicht zu läugnen.
Demoiselle Jenny Lind aus Stockholm, die treffliche Sängerin,' über
deren durch Herrn Meyerbeer ohne Mitwirkung des Herrn Küstner
bewirktes Engagement die „Zeitung für die elegante Welt" kürzlich
die elegante und die unelcgante Welt in Bewegung setzen wollte, wird,
wie es jetzt heißt, bei bei- Eröffnung des neuen Opernhauses noch
nicht austreten. Durch diese Eröffnung sollen wir durchaus überrascht
werden, denn bis jetzt ist noch nicht einmal der Titel der Oper be¬
kannt, die Herr Meyerbeer zu diesem Zwecke componirt, und zu wel¬
cher Rellstab den Text geschrieben haben soll.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/289>, abgerufen am 27.07.2024.