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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Tyroler Bauern, war Andreas Hofer's Geheimschreiber, zeichnete sich
durch rühmliche Thätigkeit im Kampfe der Tyroler mehrfach aus
und führte später tapfer und geschickt eine Abtheilung Tyroler Schüz-
zen, welche er für die Lützow'sche Freischaar gesammelt hatte. Ueber¬
haupt ist sein vielbewegtes Leben reich an merkwürdigen Momenten,
welche ihm ein fast romantisches Interesse verleihen.

Den Münchner Schriftstellern kann man auch wohl Freiherrn
von Hormayr anreihen, welcher gegenwärtig königlich baierischer
Gesandter bei den Hansestädten und sür gewöhnlich in Bremen wohn¬
haft ist; indeß brachte er zur Wiederherstellung seiner Gesundheit die
Sommermonate hier und im Gebirge zu, Seine "Lebensbilder aus
dem Befreiungskriege" haben ihm ein erneutes und so reiches Inter¬
esse verliehen, daß es den Grenzboten vielleicht angenehm sein wird,
über ihn einige Notizen zu erhalten, welche aus Münchner, in Nord¬
deutschland wenig oder gar nicht gelesenen Blättern entnommen sind.
Er begann bereits -- gewiß ein seltener Fall -- seine schriftstelleri¬
sche Laufbahn in seinem dreizehnten Lebensjahre, indem er 1794 ei¬
ne Genealogie des an Helden und Heiligen reichen Andechs-Mera-
nischen Herzogsgeschlechtö zu Innsbruck (zweite Auflage 1797) er¬
scheinen ließ. Erst siebzehn Jahre alt, erhielt er von der Münchner
Akademie das Diplom der historischen Classe. So war es möglich,
daß er am vergangenen 21. August hier in München sein fünfzig¬
jähriges Jubiläum als Schriftsteller feiern konnte. Seine Produktivi¬
tät und sein Fleiß als Geschichtschreiber sind wahrhaft erstaunlich,
da von seinem historischen Taschenbuche allein vierunddreißig Jahr¬
gänge, von seinem "Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und
Kunst" zwanzig Jahrgänge, von seinem "Wien, seine Geschicke und
Denkwürdigkeiten" siebenundzwanzig Bände, von seinem "Oesterreichi¬
schen Plutarch", der in das Italienische, Französische, theilweise auch
in das Böhmische und Ungarische übersetzt ist, zwanzig Bändchen er¬
schienen sind, nicht zu gedenken seiner fast unzähligen übrigen Schrif¬
ten, welche sich durch tiefe Kenntniß der speciellen österreichischen und
baierischen Geschichte bemerkbar machen. Es gibt Schriftsteller, an
denen jeder Finger in eine Feder verwandelt zu sein scheint; zu die¬
sen Schriftstellern gehört auch Freiherr von Hormayr.

Ich lasse hier noch einige bunte, zusammenhanglose Notizen fol¬
gen. Zu den vielen renommtrten Schriftstellern, welche München im


Tyroler Bauern, war Andreas Hofer's Geheimschreiber, zeichnete sich
durch rühmliche Thätigkeit im Kampfe der Tyroler mehrfach aus
und führte später tapfer und geschickt eine Abtheilung Tyroler Schüz-
zen, welche er für die Lützow'sche Freischaar gesammelt hatte. Ueber¬
haupt ist sein vielbewegtes Leben reich an merkwürdigen Momenten,
welche ihm ein fast romantisches Interesse verleihen.

Den Münchner Schriftstellern kann man auch wohl Freiherrn
von Hormayr anreihen, welcher gegenwärtig königlich baierischer
Gesandter bei den Hansestädten und sür gewöhnlich in Bremen wohn¬
haft ist; indeß brachte er zur Wiederherstellung seiner Gesundheit die
Sommermonate hier und im Gebirge zu, Seine „Lebensbilder aus
dem Befreiungskriege" haben ihm ein erneutes und so reiches Inter¬
esse verliehen, daß es den Grenzboten vielleicht angenehm sein wird,
über ihn einige Notizen zu erhalten, welche aus Münchner, in Nord¬
deutschland wenig oder gar nicht gelesenen Blättern entnommen sind.
Er begann bereits — gewiß ein seltener Fall — seine schriftstelleri¬
sche Laufbahn in seinem dreizehnten Lebensjahre, indem er 1794 ei¬
ne Genealogie des an Helden und Heiligen reichen Andechs-Mera-
nischen Herzogsgeschlechtö zu Innsbruck (zweite Auflage 1797) er¬
scheinen ließ. Erst siebzehn Jahre alt, erhielt er von der Münchner
Akademie das Diplom der historischen Classe. So war es möglich,
daß er am vergangenen 21. August hier in München sein fünfzig¬
jähriges Jubiläum als Schriftsteller feiern konnte. Seine Produktivi¬
tät und sein Fleiß als Geschichtschreiber sind wahrhaft erstaunlich,
da von seinem historischen Taschenbuche allein vierunddreißig Jahr¬
gänge, von seinem „Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und
Kunst" zwanzig Jahrgänge, von seinem „Wien, seine Geschicke und
Denkwürdigkeiten" siebenundzwanzig Bände, von seinem „Oesterreichi¬
schen Plutarch", der in das Italienische, Französische, theilweise auch
in das Böhmische und Ungarische übersetzt ist, zwanzig Bändchen er¬
schienen sind, nicht zu gedenken seiner fast unzähligen übrigen Schrif¬
ten, welche sich durch tiefe Kenntniß der speciellen österreichischen und
baierischen Geschichte bemerkbar machen. Es gibt Schriftsteller, an
denen jeder Finger in eine Feder verwandelt zu sein scheint; zu die¬
sen Schriftstellern gehört auch Freiherr von Hormayr.

Ich lasse hier noch einige bunte, zusammenhanglose Notizen fol¬
gen. Zu den vielen renommtrten Schriftstellern, welche München im


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[0273] Tyroler Bauern, war Andreas Hofer's Geheimschreiber, zeichnete sich durch rühmliche Thätigkeit im Kampfe der Tyroler mehrfach aus und führte später tapfer und geschickt eine Abtheilung Tyroler Schüz- zen, welche er für die Lützow'sche Freischaar gesammelt hatte. Ueber¬ haupt ist sein vielbewegtes Leben reich an merkwürdigen Momenten, welche ihm ein fast romantisches Interesse verleihen. Den Münchner Schriftstellern kann man auch wohl Freiherrn von Hormayr anreihen, welcher gegenwärtig königlich baierischer Gesandter bei den Hansestädten und sür gewöhnlich in Bremen wohn¬ haft ist; indeß brachte er zur Wiederherstellung seiner Gesundheit die Sommermonate hier und im Gebirge zu, Seine „Lebensbilder aus dem Befreiungskriege" haben ihm ein erneutes und so reiches Inter¬ esse verliehen, daß es den Grenzboten vielleicht angenehm sein wird, über ihn einige Notizen zu erhalten, welche aus Münchner, in Nord¬ deutschland wenig oder gar nicht gelesenen Blättern entnommen sind. Er begann bereits — gewiß ein seltener Fall — seine schriftstelleri¬ sche Laufbahn in seinem dreizehnten Lebensjahre, indem er 1794 ei¬ ne Genealogie des an Helden und Heiligen reichen Andechs-Mera- nischen Herzogsgeschlechtö zu Innsbruck (zweite Auflage 1797) er¬ scheinen ließ. Erst siebzehn Jahre alt, erhielt er von der Münchner Akademie das Diplom der historischen Classe. So war es möglich, daß er am vergangenen 21. August hier in München sein fünfzig¬ jähriges Jubiläum als Schriftsteller feiern konnte. Seine Produktivi¬ tät und sein Fleiß als Geschichtschreiber sind wahrhaft erstaunlich, da von seinem historischen Taschenbuche allein vierunddreißig Jahr¬ gänge, von seinem „Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst" zwanzig Jahrgänge, von seinem „Wien, seine Geschicke und Denkwürdigkeiten" siebenundzwanzig Bände, von seinem „Oesterreichi¬ schen Plutarch", der in das Italienische, Französische, theilweise auch in das Böhmische und Ungarische übersetzt ist, zwanzig Bändchen er¬ schienen sind, nicht zu gedenken seiner fast unzähligen übrigen Schrif¬ ten, welche sich durch tiefe Kenntniß der speciellen österreichischen und baierischen Geschichte bemerkbar machen. Es gibt Schriftsteller, an denen jeder Finger in eine Feder verwandelt zu sein scheint; zu die¬ sen Schriftstellern gehört auch Freiherr von Hormayr. Ich lasse hier noch einige bunte, zusammenhanglose Notizen fol¬ gen. Zu den vielen renommtrten Schriftstellern, welche München im

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/273>, abgerufen am 01.09.2024.