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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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"^ello^re' mille
"r til iU? vinar,
j>6et " t>ri^illo Kul;
til gops vinar
lixg'i^ g!>Anvej>ir,
^inde Iiann Siz kirr darinn/°

Da meine holde Leserin wahrscheinlich so viel d. h. so we-
-- von der isländischen Sprache versteht, als ich, so werde ich
mir erlauben, zugleich die Uebersetzung mitzutheilen:


"Großer Umweg
Ist zum bösen Freunde,
Ob er auch am Wege wohne;
Doch zu gutem Freunde
Gehen Nichtsteige,
Ob er auch ferne sei."

In den Sieden prunkt eine Masse von erkünstelten Skandina-
vierthum, das heute alle Beziehungen verloren hat. Mehrmals heißt
es darin: "Wir haben in Odin'S uraltem heiligem Hain geschworen
ze." Ich erkundigte mich nach diesem Hain und brachte denn her¬
aus, derselbe sei nichts Anderes, als ein Paar Dovpclalleen in Up-
sala, kaum hundert Schritte lang, von denen Jedermann weiß, daß
ein hiesiger Professor sie vor etwa vierzig Jahren angelegt und ihnen
den Namen "0(Zi"s WM" gegeben hat. I^unä heißt nämlich Hain.
-- Das ist absichtliche Schminke, und ohne vorurtheilsvoll zu°sein,
muß man glauben, daß dahinter blasse Lüge wohnt.

Sonst zeichnen sich die Studenten aber durch ernsthaften, wissen¬
schaftlichen Eifer aus. Die kleinen Bibliotheken der Landsmannschaf¬
ten fand ich überall wohl gewählt; auch die deutsche Literatur war
darin stets würdig repräsentirt, und namentlich besaß jede Nation die
Werke Hegel's. Dieser Philosoph nimmt zu Upsala den verdienten
Ehrenplatz ein, und man hat es hier im hohen Norden wenigstens
an Bemühungen nicht fehlen lassen, zum vollen Verständniß desselben
zu kommen. Atterbom suchte zuerst sein Lehrgebäude in Schweden
aufzurichten, denn er war über Schelling's kühne, aber haltlose Bi-
fröstbrücke auf directer Straße im sichern, festbegründeten Weisheits-
tempel Hegel's angelangt. Allein zum Apostel scheint Atterbom nicht
geschaffen, und von des Meisters Eigenthümlichkeiten besitzt er fast
nur die Unverständlichkeit. Durch und durch Poet, gleicht er, wenn


„^ello^re' mille
«r til iU? vinar,
j>6et » t>ri^illo Kul;
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lixg'i^ g!>Anvej>ir,
^inde Iiann Siz kirr darinn/°

Da meine holde Leserin wahrscheinlich so viel d. h. so we-
— von der isländischen Sprache versteht, als ich, so werde ich
mir erlauben, zugleich die Uebersetzung mitzutheilen:


„Großer Umweg
Ist zum bösen Freunde,
Ob er auch am Wege wohne;
Doch zu gutem Freunde
Gehen Nichtsteige,
Ob er auch ferne sei."

In den Sieden prunkt eine Masse von erkünstelten Skandina-
vierthum, das heute alle Beziehungen verloren hat. Mehrmals heißt
es darin: „Wir haben in Odin'S uraltem heiligem Hain geschworen
ze." Ich erkundigte mich nach diesem Hain und brachte denn her¬
aus, derselbe sei nichts Anderes, als ein Paar Dovpclalleen in Up-
sala, kaum hundert Schritte lang, von denen Jedermann weiß, daß
ein hiesiger Professor sie vor etwa vierzig Jahren angelegt und ihnen
den Namen „0(Zi»s WM" gegeben hat. I^unä heißt nämlich Hain.
— Das ist absichtliche Schminke, und ohne vorurtheilsvoll zu°sein,
muß man glauben, daß dahinter blasse Lüge wohnt.

Sonst zeichnen sich die Studenten aber durch ernsthaften, wissen¬
schaftlichen Eifer aus. Die kleinen Bibliotheken der Landsmannschaf¬
ten fand ich überall wohl gewählt; auch die deutsche Literatur war
darin stets würdig repräsentirt, und namentlich besaß jede Nation die
Werke Hegel's. Dieser Philosoph nimmt zu Upsala den verdienten
Ehrenplatz ein, und man hat es hier im hohen Norden wenigstens
an Bemühungen nicht fehlen lassen, zum vollen Verständniß desselben
zu kommen. Atterbom suchte zuerst sein Lehrgebäude in Schweden
aufzurichten, denn er war über Schelling's kühne, aber haltlose Bi-
fröstbrücke auf directer Straße im sichern, festbegründeten Weisheits-
tempel Hegel's angelangt. Allein zum Apostel scheint Atterbom nicht
geschaffen, und von des Meisters Eigenthümlichkeiten besitzt er fast
nur die Unverständlichkeit. Durch und durch Poet, gleicht er, wenn


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[0257] „^ello^re' mille «r til iU? vinar, j>6et » t>ri^illo Kul; til gops vinar lixg'i^ g!>Anvej>ir, ^inde Iiann Siz kirr darinn/° Da meine holde Leserin wahrscheinlich so viel d. h. so we- — von der isländischen Sprache versteht, als ich, so werde ich mir erlauben, zugleich die Uebersetzung mitzutheilen: „Großer Umweg Ist zum bösen Freunde, Ob er auch am Wege wohne; Doch zu gutem Freunde Gehen Nichtsteige, Ob er auch ferne sei." In den Sieden prunkt eine Masse von erkünstelten Skandina- vierthum, das heute alle Beziehungen verloren hat. Mehrmals heißt es darin: „Wir haben in Odin'S uraltem heiligem Hain geschworen ze." Ich erkundigte mich nach diesem Hain und brachte denn her¬ aus, derselbe sei nichts Anderes, als ein Paar Dovpclalleen in Up- sala, kaum hundert Schritte lang, von denen Jedermann weiß, daß ein hiesiger Professor sie vor etwa vierzig Jahren angelegt und ihnen den Namen „0(Zi»s WM" gegeben hat. I^unä heißt nämlich Hain. — Das ist absichtliche Schminke, und ohne vorurtheilsvoll zu°sein, muß man glauben, daß dahinter blasse Lüge wohnt. Sonst zeichnen sich die Studenten aber durch ernsthaften, wissen¬ schaftlichen Eifer aus. Die kleinen Bibliotheken der Landsmannschaf¬ ten fand ich überall wohl gewählt; auch die deutsche Literatur war darin stets würdig repräsentirt, und namentlich besaß jede Nation die Werke Hegel's. Dieser Philosoph nimmt zu Upsala den verdienten Ehrenplatz ein, und man hat es hier im hohen Norden wenigstens an Bemühungen nicht fehlen lassen, zum vollen Verständniß desselben zu kommen. Atterbom suchte zuerst sein Lehrgebäude in Schweden aufzurichten, denn er war über Schelling's kühne, aber haltlose Bi- fröstbrücke auf directer Straße im sichern, festbegründeten Weisheits- tempel Hegel's angelangt. Allein zum Apostel scheint Atterbom nicht geschaffen, und von des Meisters Eigenthümlichkeiten besitzt er fast nur die Unverständlichkeit. Durch und durch Poet, gleicht er, wenn

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/257>, abgerufen am 01.09.2024.