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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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das Museum zu befehlen. Letztere sind nun, so weit sie bis jetzt vol¬
lendet, nicht blos der Technik, sondern auch dem Gedanken nach ganz
vortrefflich, denn was sie mit tausend Farben uns sagen, ist nichts
Anderes, als das göttlich-menschliche.- Es werde Licht! Ja, es werde
Licht, daran sollen diese Götter- und Heroenbilder uns mahnen, wenn
dunkle Gespenster zuweilen die Nacht heraufbeschwören wollen, die
Nacht am Horizont des deutschen Himmels, an welchem die Stern¬
bilder eines Luther und eines Lessing, eines Herder und eines Kant,
eines Schiller und eines Jean Paul glänzen und ewig leuchten wer¬
den. Ja, so sehr fordern jene Bilder auf, uns dem Einflüsse des
Lichtes hinzugeben, daß man nicht umhin konnte, sie auch des Nachts
auf künstlerische Weise zu beleuchten, was in der That einen feen¬
haften und zauberischen Anblick gewahrte, der sich an einigen Aben¬
den wiederholt hat.

Vier Professoren der hiesigen Universität, die Herren H. G. Ho-
tho, F. Benarv, W. Vatke und A. Bmary, haben so eben unter
dem Titel: "Actenstücke, betreffend die beabsichtigte Herausgabe der
kritischen Blätter für Leben und Wissenschaft" eine kleine Schrift her¬
ausgegeben, deren Ertrag für den Fond des zum Andenken des ver¬
storbenen Professors Gans gestifteten Universttätsstipendiums bestimmt,
deren actenmäßiger Inhalt jedoch unwiderleglich darthut, daß die Zeit,
in welcher Gans und sein Lehrer Hegel an der hiesigen Universität
gelehrt und gewirkt, gänzlich vorüber ist. Gedachte vier Professoren
hatten unterm 7. September 1843 bei dem Oberpräsidenten der Pro¬
vinz Brandenburg die Concession zur Herausgabe einer Wochenschrift
unter dem Titel: "Kritische Blätter für Leben und Wissenschaft" nach¬
gesucht und einen Prospect dieser Zeitschrift beigelegt, in welchem Re¬
ligion und Staat vorzüglich als die Gebiete bezeichnet wurden, auf
welchen dieselbe wirken sollte. Unter Anderm hieß es in diesem Pro¬
spect: "Was in der Theologie und in der Wissenschaft des Staates
Anspruch machen kann, den Gedanken fortzuführen, was Fortschritt,
was Entwickelung andeutet, was irgend geeignet ist, auf die öffentliche
Meinung tiefen, wahrhaften Einfluß zu üben, ja was endlich, ohne
sich dem Fortschritte hinzugeben, doch eine Anregung erhält und die
Behandlung wichtiger Fragen zu veranlassen vermag, wird unbedingt
seine vollständige Würdigung finden", und zwar befreit von Fach¬
formen, in einer Sprache, die, klar und bestimmt, Jedem zugänglich,
die Wissenschaft zum Gemeingut Aller machen kann, jdenen über¬
haupt die Sphäre des Geistes nicht verschlossen bleibt. Diese Gedan¬
ken des Prospektes waren es, die höheren Orts solchen Anstoß gaben,
daß zunächst der Minister der Unterrichtsangelegenheiten, Herr Eich¬
horn, die zu seinem Ressort gehörenden vier Professoren zu sich be¬
fehlet, und ihnen mündlich eröffnete, daß er ihnen, als Professoren uno
Docenten der Universität, die ohne praktisch lebendige Kenntniß von


das Museum zu befehlen. Letztere sind nun, so weit sie bis jetzt vol¬
lendet, nicht blos der Technik, sondern auch dem Gedanken nach ganz
vortrefflich, denn was sie mit tausend Farben uns sagen, ist nichts
Anderes, als das göttlich-menschliche.- Es werde Licht! Ja, es werde
Licht, daran sollen diese Götter- und Heroenbilder uns mahnen, wenn
dunkle Gespenster zuweilen die Nacht heraufbeschwören wollen, die
Nacht am Horizont des deutschen Himmels, an welchem die Stern¬
bilder eines Luther und eines Lessing, eines Herder und eines Kant,
eines Schiller und eines Jean Paul glänzen und ewig leuchten wer¬
den. Ja, so sehr fordern jene Bilder auf, uns dem Einflüsse des
Lichtes hinzugeben, daß man nicht umhin konnte, sie auch des Nachts
auf künstlerische Weise zu beleuchten, was in der That einen feen¬
haften und zauberischen Anblick gewahrte, der sich an einigen Aben¬
den wiederholt hat.

Vier Professoren der hiesigen Universität, die Herren H. G. Ho-
tho, F. Benarv, W. Vatke und A. Bmary, haben so eben unter
dem Titel: „Actenstücke, betreffend die beabsichtigte Herausgabe der
kritischen Blätter für Leben und Wissenschaft" eine kleine Schrift her¬
ausgegeben, deren Ertrag für den Fond des zum Andenken des ver¬
storbenen Professors Gans gestifteten Universttätsstipendiums bestimmt,
deren actenmäßiger Inhalt jedoch unwiderleglich darthut, daß die Zeit,
in welcher Gans und sein Lehrer Hegel an der hiesigen Universität
gelehrt und gewirkt, gänzlich vorüber ist. Gedachte vier Professoren
hatten unterm 7. September 1843 bei dem Oberpräsidenten der Pro¬
vinz Brandenburg die Concession zur Herausgabe einer Wochenschrift
unter dem Titel: „Kritische Blätter für Leben und Wissenschaft" nach¬
gesucht und einen Prospect dieser Zeitschrift beigelegt, in welchem Re¬
ligion und Staat vorzüglich als die Gebiete bezeichnet wurden, auf
welchen dieselbe wirken sollte. Unter Anderm hieß es in diesem Pro¬
spect: „Was in der Theologie und in der Wissenschaft des Staates
Anspruch machen kann, den Gedanken fortzuführen, was Fortschritt,
was Entwickelung andeutet, was irgend geeignet ist, auf die öffentliche
Meinung tiefen, wahrhaften Einfluß zu üben, ja was endlich, ohne
sich dem Fortschritte hinzugeben, doch eine Anregung erhält und die
Behandlung wichtiger Fragen zu veranlassen vermag, wird unbedingt
seine vollständige Würdigung finden", und zwar befreit von Fach¬
formen, in einer Sprache, die, klar und bestimmt, Jedem zugänglich,
die Wissenschaft zum Gemeingut Aller machen kann, jdenen über¬
haupt die Sphäre des Geistes nicht verschlossen bleibt. Diese Gedan¬
ken des Prospektes waren es, die höheren Orts solchen Anstoß gaben,
daß zunächst der Minister der Unterrichtsangelegenheiten, Herr Eich¬
horn, die zu seinem Ressort gehörenden vier Professoren zu sich be¬
fehlet, und ihnen mündlich eröffnete, daß er ihnen, als Professoren uno
Docenten der Universität, die ohne praktisch lebendige Kenntniß von


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[0236] das Museum zu befehlen. Letztere sind nun, so weit sie bis jetzt vol¬ lendet, nicht blos der Technik, sondern auch dem Gedanken nach ganz vortrefflich, denn was sie mit tausend Farben uns sagen, ist nichts Anderes, als das göttlich-menschliche.- Es werde Licht! Ja, es werde Licht, daran sollen diese Götter- und Heroenbilder uns mahnen, wenn dunkle Gespenster zuweilen die Nacht heraufbeschwören wollen, die Nacht am Horizont des deutschen Himmels, an welchem die Stern¬ bilder eines Luther und eines Lessing, eines Herder und eines Kant, eines Schiller und eines Jean Paul glänzen und ewig leuchten wer¬ den. Ja, so sehr fordern jene Bilder auf, uns dem Einflüsse des Lichtes hinzugeben, daß man nicht umhin konnte, sie auch des Nachts auf künstlerische Weise zu beleuchten, was in der That einen feen¬ haften und zauberischen Anblick gewahrte, der sich an einigen Aben¬ den wiederholt hat. Vier Professoren der hiesigen Universität, die Herren H. G. Ho- tho, F. Benarv, W. Vatke und A. Bmary, haben so eben unter dem Titel: „Actenstücke, betreffend die beabsichtigte Herausgabe der kritischen Blätter für Leben und Wissenschaft" eine kleine Schrift her¬ ausgegeben, deren Ertrag für den Fond des zum Andenken des ver¬ storbenen Professors Gans gestifteten Universttätsstipendiums bestimmt, deren actenmäßiger Inhalt jedoch unwiderleglich darthut, daß die Zeit, in welcher Gans und sein Lehrer Hegel an der hiesigen Universität gelehrt und gewirkt, gänzlich vorüber ist. Gedachte vier Professoren hatten unterm 7. September 1843 bei dem Oberpräsidenten der Pro¬ vinz Brandenburg die Concession zur Herausgabe einer Wochenschrift unter dem Titel: „Kritische Blätter für Leben und Wissenschaft" nach¬ gesucht und einen Prospect dieser Zeitschrift beigelegt, in welchem Re¬ ligion und Staat vorzüglich als die Gebiete bezeichnet wurden, auf welchen dieselbe wirken sollte. Unter Anderm hieß es in diesem Pro¬ spect: „Was in der Theologie und in der Wissenschaft des Staates Anspruch machen kann, den Gedanken fortzuführen, was Fortschritt, was Entwickelung andeutet, was irgend geeignet ist, auf die öffentliche Meinung tiefen, wahrhaften Einfluß zu üben, ja was endlich, ohne sich dem Fortschritte hinzugeben, doch eine Anregung erhält und die Behandlung wichtiger Fragen zu veranlassen vermag, wird unbedingt seine vollständige Würdigung finden", und zwar befreit von Fach¬ formen, in einer Sprache, die, klar und bestimmt, Jedem zugänglich, die Wissenschaft zum Gemeingut Aller machen kann, jdenen über¬ haupt die Sphäre des Geistes nicht verschlossen bleibt. Diese Gedan¬ ken des Prospektes waren es, die höheren Orts solchen Anstoß gaben, daß zunächst der Minister der Unterrichtsangelegenheiten, Herr Eich¬ horn, die zu seinem Ressort gehörenden vier Professoren zu sich be¬ fehlet, und ihnen mündlich eröffnete, daß er ihnen, als Professoren uno Docenten der Universität, die ohne praktisch lebendige Kenntniß von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/236>, abgerufen am 01.09.2024.