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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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i.
Aus Berlin.

Die Fresken am königlichen Museum. -- Es werde Licht! -- Bier Professo¬
ren, oder der Staat und das Verhältniß der Wissenschaft zum Leben.

Es wäre gewiß unrecht, in diesen Blättern nicht auch der seit
der Mitte Octobers in der westlichen Hälfte der Säulenhalle des kö¬
niglichen Museums sichtbaren Freskobilder zu gedenken, da dies das
edelste Kunstwerk ist, das die Stadt Berlin dem regierenden Könige
bisher zu verdanken hat. Der verstorbene Schinkel, der große Bau¬
meister dieses Museums, hatte allerdings auch schon diese Fresken an¬
geordnet, ja sogar vollständig in ihren Zeichnungen entworfen, aber
Friedrich Wilhelm III. liebte es, fast alle unter seiner Regierung aus¬
geführten Bauwerke auf ihrer letzten Station unfertig zu lassen, gleichsam
als hätte er ein Vorurtheil dagegen gehabt, etwas ganz zu vollenden.
So fehlen z. B. auf dem im Jahre 1821 erbauten Schauspielhause
die beiden, damals ebenfalls von Schinkel gezeichneten plastischen Grup¬
pen auf den Sockeln der großen Freitreppe auch heute noch; ebenso
sind die schönen Granitpicdestale auf der Schloßbrücke ohne die Sta¬
tuen geblieben, die der Brücke erst ihre volle Schönheit verleihen wür¬
den, und nicht minder haben die -- wie man jetzt sieht -- für die
künstlerische Wirkung der Vorderseite des Museums so sehr berechne¬
ten Fresken, gemeinschaftlich mit den plastischen Gruppen der Mu-
seums-Freitreppe, -- wo jetzt leider die so wenig dahin passende Kiß'-
sche "Amazone" aufgestellt ist -- auf den Regierungsantritt des jez-
zigcn Königs warten müssen, um den schönen Gedanken Schinkel's
in's Leben gerufen zu sehen. Glücklicherweise ist der regierende Monarch
ein Mann voll Schönheitssinn, besonders für architectonische Kunst¬
werke; eine seiner ersten Anordnungen war daher auch die Ausfüh¬
rung sowohl der Statuen für die Schloßbrücke, als der Fresken für


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i.
Aus Berlin.

Die Fresken am königlichen Museum. — Es werde Licht! — Bier Professo¬
ren, oder der Staat und das Verhältniß der Wissenschaft zum Leben.

Es wäre gewiß unrecht, in diesen Blättern nicht auch der seit
der Mitte Octobers in der westlichen Hälfte der Säulenhalle des kö¬
niglichen Museums sichtbaren Freskobilder zu gedenken, da dies das
edelste Kunstwerk ist, das die Stadt Berlin dem regierenden Könige
bisher zu verdanken hat. Der verstorbene Schinkel, der große Bau¬
meister dieses Museums, hatte allerdings auch schon diese Fresken an¬
geordnet, ja sogar vollständig in ihren Zeichnungen entworfen, aber
Friedrich Wilhelm III. liebte es, fast alle unter seiner Regierung aus¬
geführten Bauwerke auf ihrer letzten Station unfertig zu lassen, gleichsam
als hätte er ein Vorurtheil dagegen gehabt, etwas ganz zu vollenden.
So fehlen z. B. auf dem im Jahre 1821 erbauten Schauspielhause
die beiden, damals ebenfalls von Schinkel gezeichneten plastischen Grup¬
pen auf den Sockeln der großen Freitreppe auch heute noch; ebenso
sind die schönen Granitpicdestale auf der Schloßbrücke ohne die Sta¬
tuen geblieben, die der Brücke erst ihre volle Schönheit verleihen wür¬
den, und nicht minder haben die — wie man jetzt sieht — für die
künstlerische Wirkung der Vorderseite des Museums so sehr berechne¬
ten Fresken, gemeinschaftlich mit den plastischen Gruppen der Mu-
seums-Freitreppe, — wo jetzt leider die so wenig dahin passende Kiß'-
sche „Amazone" aufgestellt ist — auf den Regierungsantritt des jez-
zigcn Königs warten müssen, um den schönen Gedanken Schinkel's
in's Leben gerufen zu sehen. Glücklicherweise ist der regierende Monarch
ein Mann voll Schönheitssinn, besonders für architectonische Kunst¬
werke; eine seiner ersten Anordnungen war daher auch die Ausfüh¬
rung sowohl der Statuen für die Schloßbrücke, als der Fresken für


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[0235] T a g e b u es. i. Aus Berlin. Die Fresken am königlichen Museum. — Es werde Licht! — Bier Professo¬ ren, oder der Staat und das Verhältniß der Wissenschaft zum Leben. Es wäre gewiß unrecht, in diesen Blättern nicht auch der seit der Mitte Octobers in der westlichen Hälfte der Säulenhalle des kö¬ niglichen Museums sichtbaren Freskobilder zu gedenken, da dies das edelste Kunstwerk ist, das die Stadt Berlin dem regierenden Könige bisher zu verdanken hat. Der verstorbene Schinkel, der große Bau¬ meister dieses Museums, hatte allerdings auch schon diese Fresken an¬ geordnet, ja sogar vollständig in ihren Zeichnungen entworfen, aber Friedrich Wilhelm III. liebte es, fast alle unter seiner Regierung aus¬ geführten Bauwerke auf ihrer letzten Station unfertig zu lassen, gleichsam als hätte er ein Vorurtheil dagegen gehabt, etwas ganz zu vollenden. So fehlen z. B. auf dem im Jahre 1821 erbauten Schauspielhause die beiden, damals ebenfalls von Schinkel gezeichneten plastischen Grup¬ pen auf den Sockeln der großen Freitreppe auch heute noch; ebenso sind die schönen Granitpicdestale auf der Schloßbrücke ohne die Sta¬ tuen geblieben, die der Brücke erst ihre volle Schönheit verleihen wür¬ den, und nicht minder haben die — wie man jetzt sieht — für die künstlerische Wirkung der Vorderseite des Museums so sehr berechne¬ ten Fresken, gemeinschaftlich mit den plastischen Gruppen der Mu- seums-Freitreppe, — wo jetzt leider die so wenig dahin passende Kiß'- sche „Amazone" aufgestellt ist — auf den Regierungsantritt des jez- zigcn Königs warten müssen, um den schönen Gedanken Schinkel's in's Leben gerufen zu sehen. Glücklicherweise ist der regierende Monarch ein Mann voll Schönheitssinn, besonders für architectonische Kunst¬ werke; eine seiner ersten Anordnungen war daher auch die Ausfüh¬ rung sowohl der Statuen für die Schloßbrücke, als der Fresken für

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/235>, abgerufen am 01.09.2024.