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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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glied des Hauses in seinem besonderen Töpfchen, in welchem ihm
Eier, Schweinefleisch, Bohnen oder Erbsen, zuweilen auch A-travao.
xos (ehre Art großer Kichererbsen) schmackhaft zubereitet werden. --
Man kann sich im Winter, wenn der Schuee die rauhen Pyrenäen
bedeckt und der kalte Wind über die Gipfel herbraust, feinen gemüth¬
licheren Platz denken, als einen solchen baskischen Herd mit dem
stillen patriarchalischen Glück rings herum. -- Ueber dem Stallraum
hat das Haus gewöhnlich noch ein zweites Stockwerk, ebenfalls ge¬
pflastert; mit geräumigem Schlafzimmer und Vorrathskammern, die
oft nur durch leichte Wände von Schilfrohr getrennt sind. Die Fen¬
ster sind klein und nur mit hölzernen Blenden, selten mit Glasschei¬
ben versehen, weil diese im Lande besteuert; die vielbesungenen Bal¬
kone trifft man erst weiter abwärts in den navarresischen Thälern.
An die Stallungen hinter den Wohnhäusern, die durchgängig mit
Schiefer, seltener mit Schindeln gedeckt sind, stößt noch anderes,
meist unbedecktes, hohes Mauerwerk, gewöhnlich Ernteschober u. dergl.
In den Gebirgen gibt es einzeln gelegene Weiler, die oft eine sehr
romantische, immer eine sehr zweckmäßig ausgesuchte, geschützte Lage
haben; in den Thälern und namentlich in den reichen Ebenen von
Navarra und Alava sieht man außer den vielen und gewerbthätigen
Städtchen auch viele größere Flecken und Dörfer, die geräumig, groß
und massiv gebaut sind, in der Mitte zumeist einen weitern geräumigen
Platz um die Kirche und das Gemeindehaus und überhaupt ein
reinliches und wohlhabendes Ansehen haben. In keinem Dorfe, selbst
wo nur ein Paar Häuser zusammenstehen, fehlt der geräumige Platz,
der dem Ballspiel (der polot-d) gewidmet ist, welches der Baste von
allen Ständen leidenschaftlich liebt. Der Ball ist sehr groß, oft wie
ein Kindskopf, und wird mit einem großen hölzernen Handschuh fort¬
geschnellt, wobei es Gelegenheit gibt, viel körperliche Gewandtheit zu
entwickeln. Dieses Ballspiel und noch einige andere, ebenfalls auf
körperliche Gewandtheit berechnete Uebungen, wie das Schleudern
einer schweren eisernen Stange nach einem gesteckten Ziele u. tgi.,
bilden neben den beliebten NationaltäMn nach dem Tamburin oder
Pandero (baskische Trommel) die Belustigungen dieser Leute, in de¬
ren Bergasyl die Zerstreuungen der verderbten großen Welt noch
wenig Eingang gefunden.

Was die religiösen Zustände unter den Basko-Navarresen an-


Gr-nzbvtcn I8it. II. ?S

glied des Hauses in seinem besonderen Töpfchen, in welchem ihm
Eier, Schweinefleisch, Bohnen oder Erbsen, zuweilen auch A-travao.
xos (ehre Art großer Kichererbsen) schmackhaft zubereitet werden. —
Man kann sich im Winter, wenn der Schuee die rauhen Pyrenäen
bedeckt und der kalte Wind über die Gipfel herbraust, feinen gemüth¬
licheren Platz denken, als einen solchen baskischen Herd mit dem
stillen patriarchalischen Glück rings herum. — Ueber dem Stallraum
hat das Haus gewöhnlich noch ein zweites Stockwerk, ebenfalls ge¬
pflastert; mit geräumigem Schlafzimmer und Vorrathskammern, die
oft nur durch leichte Wände von Schilfrohr getrennt sind. Die Fen¬
ster sind klein und nur mit hölzernen Blenden, selten mit Glasschei¬
ben versehen, weil diese im Lande besteuert; die vielbesungenen Bal¬
kone trifft man erst weiter abwärts in den navarresischen Thälern.
An die Stallungen hinter den Wohnhäusern, die durchgängig mit
Schiefer, seltener mit Schindeln gedeckt sind, stößt noch anderes,
meist unbedecktes, hohes Mauerwerk, gewöhnlich Ernteschober u. dergl.
In den Gebirgen gibt es einzeln gelegene Weiler, die oft eine sehr
romantische, immer eine sehr zweckmäßig ausgesuchte, geschützte Lage
haben; in den Thälern und namentlich in den reichen Ebenen von
Navarra und Alava sieht man außer den vielen und gewerbthätigen
Städtchen auch viele größere Flecken und Dörfer, die geräumig, groß
und massiv gebaut sind, in der Mitte zumeist einen weitern geräumigen
Platz um die Kirche und das Gemeindehaus und überhaupt ein
reinliches und wohlhabendes Ansehen haben. In keinem Dorfe, selbst
wo nur ein Paar Häuser zusammenstehen, fehlt der geräumige Platz,
der dem Ballspiel (der polot-d) gewidmet ist, welches der Baste von
allen Ständen leidenschaftlich liebt. Der Ball ist sehr groß, oft wie
ein Kindskopf, und wird mit einem großen hölzernen Handschuh fort¬
geschnellt, wobei es Gelegenheit gibt, viel körperliche Gewandtheit zu
entwickeln. Dieses Ballspiel und noch einige andere, ebenfalls auf
körperliche Gewandtheit berechnete Uebungen, wie das Schleudern
einer schweren eisernen Stange nach einem gesteckten Ziele u. tgi.,
bilden neben den beliebten NationaltäMn nach dem Tamburin oder
Pandero (baskische Trommel) die Belustigungen dieser Leute, in de¬
ren Bergasyl die Zerstreuungen der verderbten großen Welt noch
wenig Eingang gefunden.

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[0221] glied des Hauses in seinem besonderen Töpfchen, in welchem ihm Eier, Schweinefleisch, Bohnen oder Erbsen, zuweilen auch A-travao. xos (ehre Art großer Kichererbsen) schmackhaft zubereitet werden. — Man kann sich im Winter, wenn der Schuee die rauhen Pyrenäen bedeckt und der kalte Wind über die Gipfel herbraust, feinen gemüth¬ licheren Platz denken, als einen solchen baskischen Herd mit dem stillen patriarchalischen Glück rings herum. — Ueber dem Stallraum hat das Haus gewöhnlich noch ein zweites Stockwerk, ebenfalls ge¬ pflastert; mit geräumigem Schlafzimmer und Vorrathskammern, die oft nur durch leichte Wände von Schilfrohr getrennt sind. Die Fen¬ ster sind klein und nur mit hölzernen Blenden, selten mit Glasschei¬ ben versehen, weil diese im Lande besteuert; die vielbesungenen Bal¬ kone trifft man erst weiter abwärts in den navarresischen Thälern. An die Stallungen hinter den Wohnhäusern, die durchgängig mit Schiefer, seltener mit Schindeln gedeckt sind, stößt noch anderes, meist unbedecktes, hohes Mauerwerk, gewöhnlich Ernteschober u. dergl. In den Gebirgen gibt es einzeln gelegene Weiler, die oft eine sehr romantische, immer eine sehr zweckmäßig ausgesuchte, geschützte Lage haben; in den Thälern und namentlich in den reichen Ebenen von Navarra und Alava sieht man außer den vielen und gewerbthätigen Städtchen auch viele größere Flecken und Dörfer, die geräumig, groß und massiv gebaut sind, in der Mitte zumeist einen weitern geräumigen Platz um die Kirche und das Gemeindehaus und überhaupt ein reinliches und wohlhabendes Ansehen haben. In keinem Dorfe, selbst wo nur ein Paar Häuser zusammenstehen, fehlt der geräumige Platz, der dem Ballspiel (der polot-d) gewidmet ist, welches der Baste von allen Ständen leidenschaftlich liebt. Der Ball ist sehr groß, oft wie ein Kindskopf, und wird mit einem großen hölzernen Handschuh fort¬ geschnellt, wobei es Gelegenheit gibt, viel körperliche Gewandtheit zu entwickeln. Dieses Ballspiel und noch einige andere, ebenfalls auf körperliche Gewandtheit berechnete Uebungen, wie das Schleudern einer schweren eisernen Stange nach einem gesteckten Ziele u. tgi., bilden neben den beliebten NationaltäMn nach dem Tamburin oder Pandero (baskische Trommel) die Belustigungen dieser Leute, in de¬ ren Bergasyl die Zerstreuungen der verderbten großen Welt noch wenig Eingang gefunden. Was die religiösen Zustände unter den Basko-Navarresen an- Gr-nzbvtcn I8it. II. ?S

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/221>, abgerufen am 01.09.2024.