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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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cher Eile erblickt, auf den Gedanken gebracht werden, daß es auf
eine Ueberrumpelung abgesehen gewesen. Franckh war auch schon
nach dem Empfang des ersten Schreibens und zwar "sogleich" abge¬
reist und traf noch Sonntag Mittags bei Gftörer ein. Sie bega¬
ben sich in Schlosser's Garten und trafen "zahlreiche Gesellschaft."
Der Ankläger sagt: "daß in so gemischter Gesellschaft nicht von
Geschäftssachen die Rede sein konnte, versteht sich wohl von
selbst. (!) Dagegen lud mich Herr Schlosser auf den nächsten Mor¬
gen ein, ihn zu besuchen, und gab Herrn Professor Gfrörer den
Auftrag, in Schlosser's Ole) Namen den Contract wegen der "Welt¬
geschichte" mit mir abzuschließen und nach Abschluß desselben, da er
alle von Herrn Gftörer zu stellenden Bedingungen im Voraus an¬
nehme, zur Unterschrift ihm zu bringen."

Auf diesem angeblichen Gespräche Franckh's mit Schlos¬
ser beruht eigentlich die ganze Anklage, und man sieht, wie ^sehr sie
in die Luft gebaut ist. Wir wollen die Versicherungen Franck's doch
ein wenig näher prüfen. Zuerst verwickelt Franckh sich in Wider¬
sprüche. Denn anfänglich gesteht er, daß von Geschäftssachen nicht
die Rede sein konnte, und nachher behauptet er doch, Schlosser habe
einen förmlichen und genau begrenzten Auftrag ertheilt. Wir wollen
nun diesen sogenannten Auftrag näher betrachten. Da ist es denn
erstlich doch gar zu unwahrscheinlich, daß ein Mann, der bereits
wohl dreißig Bände drucken ließ, den Contract über ein zwölf-
bändiges Werk, welches seine Erben reich machen könnte, in einer
solchen Art einem Verleger ertheilen und die Feststellung
aller Bedingungen w ganz und gar einem Dritten uneingeschränkt
übertragen sollte. Rechnet man nun noch zweitens dazu, daß Gftörer
nach diesem Zeugnisse der Generalbevollmächtigte Schlosser's sein
soll, während doch nach Franckh's früherer Erzählung S. 9 und
II, Gftörer in "meinem Auftrage" handelt, sich auch in letzterer
Eigenschaft in dem angeführten Briefe selbst geberdet, und in einem
späteren Schreiben Franckh's vom 6. Juli "mein Bevollmächtigter"
(S. 31) genannt wird, so dürfen wir fragen, ob Gftörer nicht viel¬
mehr Franckh's Bevollmächtigter war?-

Zu diesen inneren UnWahrscheinlichkeiten kommt eine widerspre-
ahmte Aussage des andern Betheiligten. F. VarrentrapP erklärt
nämlich später an Franckh (am 26. Septbr., S. 36) in Folge er-


cher Eile erblickt, auf den Gedanken gebracht werden, daß es auf
eine Ueberrumpelung abgesehen gewesen. Franckh war auch schon
nach dem Empfang des ersten Schreibens und zwar „sogleich" abge¬
reist und traf noch Sonntag Mittags bei Gftörer ein. Sie bega¬
ben sich in Schlosser's Garten und trafen „zahlreiche Gesellschaft."
Der Ankläger sagt: „daß in so gemischter Gesellschaft nicht von
Geschäftssachen die Rede sein konnte, versteht sich wohl von
selbst. (!) Dagegen lud mich Herr Schlosser auf den nächsten Mor¬
gen ein, ihn zu besuchen, und gab Herrn Professor Gfrörer den
Auftrag, in Schlosser's Ole) Namen den Contract wegen der „Welt¬
geschichte" mit mir abzuschließen und nach Abschluß desselben, da er
alle von Herrn Gftörer zu stellenden Bedingungen im Voraus an¬
nehme, zur Unterschrift ihm zu bringen."

Auf diesem angeblichen Gespräche Franckh's mit Schlos¬
ser beruht eigentlich die ganze Anklage, und man sieht, wie ^sehr sie
in die Luft gebaut ist. Wir wollen die Versicherungen Franck's doch
ein wenig näher prüfen. Zuerst verwickelt Franckh sich in Wider¬
sprüche. Denn anfänglich gesteht er, daß von Geschäftssachen nicht
die Rede sein konnte, und nachher behauptet er doch, Schlosser habe
einen förmlichen und genau begrenzten Auftrag ertheilt. Wir wollen
nun diesen sogenannten Auftrag näher betrachten. Da ist es denn
erstlich doch gar zu unwahrscheinlich, daß ein Mann, der bereits
wohl dreißig Bände drucken ließ, den Contract über ein zwölf-
bändiges Werk, welches seine Erben reich machen könnte, in einer
solchen Art einem Verleger ertheilen und die Feststellung
aller Bedingungen w ganz und gar einem Dritten uneingeschränkt
übertragen sollte. Rechnet man nun noch zweitens dazu, daß Gftörer
nach diesem Zeugnisse der Generalbevollmächtigte Schlosser's sein
soll, während doch nach Franckh's früherer Erzählung S. 9 und
II, Gftörer in „meinem Auftrage" handelt, sich auch in letzterer
Eigenschaft in dem angeführten Briefe selbst geberdet, und in einem
späteren Schreiben Franckh's vom 6. Juli „mein Bevollmächtigter"
(S. 31) genannt wird, so dürfen wir fragen, ob Gftörer nicht viel¬
mehr Franckh's Bevollmächtigter war?-

Zu diesen inneren UnWahrscheinlichkeiten kommt eine widerspre-
ahmte Aussage des andern Betheiligten. F. VarrentrapP erklärt
nämlich später an Franckh (am 26. Septbr., S. 36) in Folge er-


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[0212] cher Eile erblickt, auf den Gedanken gebracht werden, daß es auf eine Ueberrumpelung abgesehen gewesen. Franckh war auch schon nach dem Empfang des ersten Schreibens und zwar „sogleich" abge¬ reist und traf noch Sonntag Mittags bei Gftörer ein. Sie bega¬ ben sich in Schlosser's Garten und trafen „zahlreiche Gesellschaft." Der Ankläger sagt: „daß in so gemischter Gesellschaft nicht von Geschäftssachen die Rede sein konnte, versteht sich wohl von selbst. (!) Dagegen lud mich Herr Schlosser auf den nächsten Mor¬ gen ein, ihn zu besuchen, und gab Herrn Professor Gfrörer den Auftrag, in Schlosser's Ole) Namen den Contract wegen der „Welt¬ geschichte" mit mir abzuschließen und nach Abschluß desselben, da er alle von Herrn Gftörer zu stellenden Bedingungen im Voraus an¬ nehme, zur Unterschrift ihm zu bringen." Auf diesem angeblichen Gespräche Franckh's mit Schlos¬ ser beruht eigentlich die ganze Anklage, und man sieht, wie ^sehr sie in die Luft gebaut ist. Wir wollen die Versicherungen Franck's doch ein wenig näher prüfen. Zuerst verwickelt Franckh sich in Wider¬ sprüche. Denn anfänglich gesteht er, daß von Geschäftssachen nicht die Rede sein konnte, und nachher behauptet er doch, Schlosser habe einen förmlichen und genau begrenzten Auftrag ertheilt. Wir wollen nun diesen sogenannten Auftrag näher betrachten. Da ist es denn erstlich doch gar zu unwahrscheinlich, daß ein Mann, der bereits wohl dreißig Bände drucken ließ, den Contract über ein zwölf- bändiges Werk, welches seine Erben reich machen könnte, in einer solchen Art einem Verleger ertheilen und die Feststellung aller Bedingungen w ganz und gar einem Dritten uneingeschränkt übertragen sollte. Rechnet man nun noch zweitens dazu, daß Gftörer nach diesem Zeugnisse der Generalbevollmächtigte Schlosser's sein soll, während doch nach Franckh's früherer Erzählung S. 9 und II, Gftörer in „meinem Auftrage" handelt, sich auch in letzterer Eigenschaft in dem angeführten Briefe selbst geberdet, und in einem späteren Schreiben Franckh's vom 6. Juli „mein Bevollmächtigter" (S. 31) genannt wird, so dürfen wir fragen, ob Gftörer nicht viel¬ mehr Franckh's Bevollmächtigter war?- Zu diesen inneren UnWahrscheinlichkeiten kommt eine widerspre- ahmte Aussage des andern Betheiligten. F. VarrentrapP erklärt nämlich später an Franckh (am 26. Septbr., S. 36) in Folge er-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/212>, abgerufen am 01.09.2024.