Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Präger Skizzen
Von keinem Czechen.



I.

Oesterreich und der Zollverband.--Oesterreich und der Osten.--Die böhmischen
Landstände. -- Die Gymnastik in Böhmen. -- Der Dombau.

Das Gerücht von dein versuchsweisen Anschluß Böhmens ein
den deutschen Zollverein hat sich hier ebenfalls -- ob von Draußen
oder von Wien aus, ist schwer zu sagen -- schnell verbreitet und
hat nicht blos in der industriellen Welt große Sensation hervorgeru¬
fen. Die Industriellen mögen wohl mit Recht den Kopf dazu ge¬
schüttelt haben, obwohl sich die deutschen Gewerbtreibenden auch in
materieller Hinsicht großen Vortheil davon versprachen. Allein so
sehr das Gerücht von den vorwärts strebenden Deutschen wie ein
frischer Zukunstshauch begrüßt wurde, so sehr murrten Diejenigen,
welche jede noch so kleine Annäherung an Deutschland als Eingriff
in ihre vermeinten welthistorischen Rechte betrachten. Ich meine die
Herren, die so viel nach dem Stern im Osten schielen, der doch wahr¬
lich kein Morgenstern ist. --

Es fällt mir nicht ein, Verdächtigungen und Verketzerungen gegen
die Czechen im Allgemeinen laut werden zu lassen; man kann es
aber leider nicht länger verhehlen, daß es unter den Chorführern der
jungen Generation einige Russophilen und Germanophagen vom be¬
sten Wasser gibt; Leute, die sich sehnen nach moskowitischem Sporn
und moskowitischer Pfeife; die es für ehrenvoller halten, das mit
glänzender Schabracke bedeckte Leibroß des slavischen Großherrn zu
sein, das ihn zum Siege über freie Nationen trägt, als unter deut¬
schem Banner, wenn auch mühsam und langsam, selbst nach Freiheit
zu streben. Es sind freilich-nur Träumereien, was diese jungen


Grenzboten ". Zt)
Präger Skizzen
Von keinem Czechen.



I.

Oesterreich und der Zollverband.—Oesterreich und der Osten.—Die böhmischen
Landstände. — Die Gymnastik in Böhmen. — Der Dombau.

Das Gerücht von dein versuchsweisen Anschluß Böhmens ein
den deutschen Zollverein hat sich hier ebenfalls — ob von Draußen
oder von Wien aus, ist schwer zu sagen — schnell verbreitet und
hat nicht blos in der industriellen Welt große Sensation hervorgeru¬
fen. Die Industriellen mögen wohl mit Recht den Kopf dazu ge¬
schüttelt haben, obwohl sich die deutschen Gewerbtreibenden auch in
materieller Hinsicht großen Vortheil davon versprachen. Allein so
sehr das Gerücht von den vorwärts strebenden Deutschen wie ein
frischer Zukunstshauch begrüßt wurde, so sehr murrten Diejenigen,
welche jede noch so kleine Annäherung an Deutschland als Eingriff
in ihre vermeinten welthistorischen Rechte betrachten. Ich meine die
Herren, die so viel nach dem Stern im Osten schielen, der doch wahr¬
lich kein Morgenstern ist. —

Es fällt mir nicht ein, Verdächtigungen und Verketzerungen gegen
die Czechen im Allgemeinen laut werden zu lassen; man kann es
aber leider nicht länger verhehlen, daß es unter den Chorführern der
jungen Generation einige Russophilen und Germanophagen vom be¬
sten Wasser gibt; Leute, die sich sehnen nach moskowitischem Sporn
und moskowitischer Pfeife; die es für ehrenvoller halten, das mit
glänzender Schabracke bedeckte Leibroß des slavischen Großherrn zu
sein, das ihn zum Siege über freie Nationen trägt, als unter deut¬
schem Banner, wenn auch mühsam und langsam, selbst nach Freiheit
zu streben. Es sind freilich-nur Träumereien, was diese jungen


Grenzboten „. Zt)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0157" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181341"/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Präger Skizzen<lb/><note type="byline"> Von keinem Czechen.</note></head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="2">
            <head> I.</head><lb/>
            <note type="argument"> Oesterreich und der Zollverband.&#x2014;Oesterreich und der Osten.&#x2014;Die böhmischen<lb/>
Landstände. &#x2014; Die Gymnastik in Böhmen. &#x2014; Der Dombau.</note><lb/>
            <p xml:id="ID_466"> Das Gerücht von dein versuchsweisen Anschluß Böhmens ein<lb/>
den deutschen Zollverein hat sich hier ebenfalls &#x2014; ob von Draußen<lb/>
oder von Wien aus, ist schwer zu sagen &#x2014; schnell verbreitet und<lb/>
hat nicht blos in der industriellen Welt große Sensation hervorgeru¬<lb/>
fen. Die Industriellen mögen wohl mit Recht den Kopf dazu ge¬<lb/>
schüttelt haben, obwohl sich die deutschen Gewerbtreibenden auch in<lb/>
materieller Hinsicht großen Vortheil davon versprachen. Allein so<lb/>
sehr das Gerücht von den vorwärts strebenden Deutschen wie ein<lb/>
frischer Zukunstshauch begrüßt wurde, so sehr murrten Diejenigen,<lb/>
welche jede noch so kleine Annäherung an Deutschland als Eingriff<lb/>
in ihre vermeinten welthistorischen Rechte betrachten. Ich meine die<lb/>
Herren, die so viel nach dem Stern im Osten schielen, der doch wahr¬<lb/>
lich kein Morgenstern ist. &#x2014;</p><lb/>
            <p xml:id="ID_467" next="#ID_468"> Es fällt mir nicht ein, Verdächtigungen und Verketzerungen gegen<lb/>
die Czechen im Allgemeinen laut werden zu lassen; man kann es<lb/>
aber leider nicht länger verhehlen, daß es unter den Chorführern der<lb/>
jungen Generation einige Russophilen und Germanophagen vom be¬<lb/>
sten Wasser gibt; Leute, die sich sehnen nach moskowitischem Sporn<lb/>
und moskowitischer Pfeife; die es für ehrenvoller halten, das mit<lb/>
glänzender Schabracke bedeckte Leibroß des slavischen Großherrn zu<lb/>
sein, das ihn zum Siege über freie Nationen trägt, als unter deut¬<lb/>
schem Banner, wenn auch mühsam und langsam, selbst nach Freiheit<lb/>
zu streben.  Es sind freilich-nur Träumereien, was diese jungen</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten &#x201E;. Zt)</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0157] Präger Skizzen Von keinem Czechen. I. Oesterreich und der Zollverband.—Oesterreich und der Osten.—Die böhmischen Landstände. — Die Gymnastik in Böhmen. — Der Dombau. Das Gerücht von dein versuchsweisen Anschluß Böhmens ein den deutschen Zollverein hat sich hier ebenfalls — ob von Draußen oder von Wien aus, ist schwer zu sagen — schnell verbreitet und hat nicht blos in der industriellen Welt große Sensation hervorgeru¬ fen. Die Industriellen mögen wohl mit Recht den Kopf dazu ge¬ schüttelt haben, obwohl sich die deutschen Gewerbtreibenden auch in materieller Hinsicht großen Vortheil davon versprachen. Allein so sehr das Gerücht von den vorwärts strebenden Deutschen wie ein frischer Zukunstshauch begrüßt wurde, so sehr murrten Diejenigen, welche jede noch so kleine Annäherung an Deutschland als Eingriff in ihre vermeinten welthistorischen Rechte betrachten. Ich meine die Herren, die so viel nach dem Stern im Osten schielen, der doch wahr¬ lich kein Morgenstern ist. — Es fällt mir nicht ein, Verdächtigungen und Verketzerungen gegen die Czechen im Allgemeinen laut werden zu lassen; man kann es aber leider nicht länger verhehlen, daß es unter den Chorführern der jungen Generation einige Russophilen und Germanophagen vom be¬ sten Wasser gibt; Leute, die sich sehnen nach moskowitischem Sporn und moskowitischer Pfeife; die es für ehrenvoller halten, das mit glänzender Schabracke bedeckte Leibroß des slavischen Großherrn zu sein, das ihn zum Siege über freie Nationen trägt, als unter deut¬ schem Banner, wenn auch mühsam und langsam, selbst nach Freiheit zu streben. Es sind freilich-nur Träumereien, was diese jungen Grenzboten „. Zt)

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/157
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/157>, abgerufen am 05.12.2024.