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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Porträt, eine" anderen auf die Dame lind lächeln. Sie bemerken
wahrscheinlich, daß das Bild der Tochter von Madame gleichen müßte,
wenn sie zufällig eine Tochter haben sollte. Doch, was geht das
uns an? Madame ist glücklich; sie nimmt daS Lächeln für ein Lä¬
cheln der Bewunderung, sie findet eS hier so hübsch, daß sie gar nicht
wieder fort will und sich einen Stuhl nimmt. -- Aber, mein Kind,
wagt der Herr Gemahl einzuwerfen, wollen wir nicht auch etwas
Anderes sehen? -- Jetzt noch nicht, nachher, und der kleine Mann
muß sich auf den Stuhl seiner Frau lehnen und das Porträt anse¬
hen, das er längst auswendig gewußt. Tritt Jemand näher, so fragt
Madame ziemlich laut: Wie viel geben wir doch für das Bild?
uwrauf er in derselben Tonart antwortet: Zwanzig Friedrichsdor und
fünfzehn Thaler für den Nahmen. -- Das thut Nichts, fährt Madame
fort, es ist doch ein hübsches Bild und zum Sprechen ähnlich.

Gegen zwei Uhr findet sich die Ixz-in in"n"Jo ein. Sehen Sie
jene vornehmen Damen in Begleitung zweier Dragonervfsiziere. Man
sieht Alles durch das Lorgnon an, obgleich man dadurch Nichts
sehen kann, und die beiden Lieutenants finden Alles: Bei Gott! fa¬
mos! ... nur schade, daß nicht mehr Pferde und Hunde gemalt
sind! -- Hier stoßen wir auf einen Kritiker, der sich Noten in den
Katalog schreibt. Er steht sehr finster aus; wehe dem Künstler, der
sein Mißfallen erregt hat! Es blitzt in seinen Mundwinkeln, es wird
bald donnern. -- Warum sieht man denn diesem Herrn, der eine
Dame führt, so sehr nach? Aha! ich merke. Es ist ein Schauspieler.
Der alte Geizhals gibt seiner Tochter einen Rippenstoß und flüstert
ihr zu: Da ist der Schauspieler. Armes Kind! sieh ihn Dir ordent¬
lich an, diesen einstigen Liebling der Berliner Damen; Du wirst ihn
so leicht nicht wieder zu sehen bekommen. Halt! da seh' ich noch
etwas .... den Ausgang! Das gefällt mir; gehen wir. -- Die
gypsene Venus von Medici auf der Treppe mit den gebrochenen
Armen und Beinen lächelt mir zu. Danke Dir, mitleidige Seele!
Einen Strauß Veilchen noch von dem kleinen Mädchen, das an der
Treppe sitzt, dann fort! Wie sie duften!


II.

Es war zwei Uhr, die Sonne schien für einen Septembertag
warm genug, und es war unter den Linden und in den Linden viel


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Porträt, eine» anderen auf die Dame lind lächeln. Sie bemerken
wahrscheinlich, daß das Bild der Tochter von Madame gleichen müßte,
wenn sie zufällig eine Tochter haben sollte. Doch, was geht das
uns an? Madame ist glücklich; sie nimmt daS Lächeln für ein Lä¬
cheln der Bewunderung, sie findet eS hier so hübsch, daß sie gar nicht
wieder fort will und sich einen Stuhl nimmt. — Aber, mein Kind,
wagt der Herr Gemahl einzuwerfen, wollen wir nicht auch etwas
Anderes sehen? — Jetzt noch nicht, nachher, und der kleine Mann
muß sich auf den Stuhl seiner Frau lehnen und das Porträt anse¬
hen, das er längst auswendig gewußt. Tritt Jemand näher, so fragt
Madame ziemlich laut: Wie viel geben wir doch für das Bild?
uwrauf er in derselben Tonart antwortet: Zwanzig Friedrichsdor und
fünfzehn Thaler für den Nahmen. — Das thut Nichts, fährt Madame
fort, es ist doch ein hübsches Bild und zum Sprechen ähnlich.

Gegen zwei Uhr findet sich die Ixz-in in»n«Jo ein. Sehen Sie
jene vornehmen Damen in Begleitung zweier Dragonervfsiziere. Man
sieht Alles durch das Lorgnon an, obgleich man dadurch Nichts
sehen kann, und die beiden Lieutenants finden Alles: Bei Gott! fa¬
mos! ... nur schade, daß nicht mehr Pferde und Hunde gemalt
sind! — Hier stoßen wir auf einen Kritiker, der sich Noten in den
Katalog schreibt. Er steht sehr finster aus; wehe dem Künstler, der
sein Mißfallen erregt hat! Es blitzt in seinen Mundwinkeln, es wird
bald donnern. — Warum sieht man denn diesem Herrn, der eine
Dame führt, so sehr nach? Aha! ich merke. Es ist ein Schauspieler.
Der alte Geizhals gibt seiner Tochter einen Rippenstoß und flüstert
ihr zu: Da ist der Schauspieler. Armes Kind! sieh ihn Dir ordent¬
lich an, diesen einstigen Liebling der Berliner Damen; Du wirst ihn
so leicht nicht wieder zu sehen bekommen. Halt! da seh' ich noch
etwas .... den Ausgang! Das gefällt mir; gehen wir. — Die
gypsene Venus von Medici auf der Treppe mit den gebrochenen
Armen und Beinen lächelt mir zu. Danke Dir, mitleidige Seele!
Einen Strauß Veilchen noch von dem kleinen Mädchen, das an der
Treppe sitzt, dann fort! Wie sie duften!


II.

Es war zwei Uhr, die Sonne schien für einen Septembertag
warm genug, und es war unter den Linden und in den Linden viel


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[0151] Porträt, eine» anderen auf die Dame lind lächeln. Sie bemerken wahrscheinlich, daß das Bild der Tochter von Madame gleichen müßte, wenn sie zufällig eine Tochter haben sollte. Doch, was geht das uns an? Madame ist glücklich; sie nimmt daS Lächeln für ein Lä¬ cheln der Bewunderung, sie findet eS hier so hübsch, daß sie gar nicht wieder fort will und sich einen Stuhl nimmt. — Aber, mein Kind, wagt der Herr Gemahl einzuwerfen, wollen wir nicht auch etwas Anderes sehen? — Jetzt noch nicht, nachher, und der kleine Mann muß sich auf den Stuhl seiner Frau lehnen und das Porträt anse¬ hen, das er längst auswendig gewußt. Tritt Jemand näher, so fragt Madame ziemlich laut: Wie viel geben wir doch für das Bild? uwrauf er in derselben Tonart antwortet: Zwanzig Friedrichsdor und fünfzehn Thaler für den Nahmen. — Das thut Nichts, fährt Madame fort, es ist doch ein hübsches Bild und zum Sprechen ähnlich. Gegen zwei Uhr findet sich die Ixz-in in»n«Jo ein. Sehen Sie jene vornehmen Damen in Begleitung zweier Dragonervfsiziere. Man sieht Alles durch das Lorgnon an, obgleich man dadurch Nichts sehen kann, und die beiden Lieutenants finden Alles: Bei Gott! fa¬ mos! ... nur schade, daß nicht mehr Pferde und Hunde gemalt sind! — Hier stoßen wir auf einen Kritiker, der sich Noten in den Katalog schreibt. Er steht sehr finster aus; wehe dem Künstler, der sein Mißfallen erregt hat! Es blitzt in seinen Mundwinkeln, es wird bald donnern. — Warum sieht man denn diesem Herrn, der eine Dame führt, so sehr nach? Aha! ich merke. Es ist ein Schauspieler. Der alte Geizhals gibt seiner Tochter einen Rippenstoß und flüstert ihr zu: Da ist der Schauspieler. Armes Kind! sieh ihn Dir ordent¬ lich an, diesen einstigen Liebling der Berliner Damen; Du wirst ihn so leicht nicht wieder zu sehen bekommen. Halt! da seh' ich noch etwas .... den Ausgang! Das gefällt mir; gehen wir. — Die gypsene Venus von Medici auf der Treppe mit den gebrochenen Armen und Beinen lächelt mir zu. Danke Dir, mitleidige Seele! Einen Strauß Veilchen noch von dem kleinen Mädchen, das an der Treppe sitzt, dann fort! Wie sie duften! II. Es war zwei Uhr, die Sonne schien für einen Septembertag warm genug, und es war unter den Linden und in den Linden viel 19»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/151>, abgerufen am 05.12.2024.