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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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Versuch gemacht, so viel ich weiß. Das Absurde jenes Verlangens
darzuthun, ist sicher unnöthig! Hätte sich aber Therese die Dudevam
wirklich zum Vorbild und leuchtenden Muster gewählt, so würde sie
dennoch wohl die thatsächliche Emancipation auf eigene Hand, im
weitesten Sinne des Wortes, davon ausgeschlossen haben. Uebrigens
hat sie, wie ich auf Ehrenwort versichern kann, keine Ahnung von der
Einsendung dieser Zeilen."

"Moritz von Sachsen hat bei uns kein Glück gemacht. Die
Kritik applaudirt, ganz wie das Publicum, nur bedingungsweise, und
mehr der subjectiven Gesinnung des Dichters, als ihrem kunstgerech¬
ten Verschmelzen mit seinen dramatischen Charakteren, denen wirklich
die tönendsten Phrasen wie coquettirende Schminkpflästerchen aufgeklebt
scheinen. Prutz hat ein ganzes Feuerwerk freisinniger Redensarten
verkrallt und verpufft, aber das Alles läßt keinen nachhaltigen Ein¬
druck zurück. Wundern mußt' ich mich übrigens hinsichtlich der schnel¬
len Auffassung und des vollstimmiger Applauses, welcher jenen kecken
Schlagwörtern auch bei unserem mercantilischen Publicum geworden.
Baison als Moritz und Grunert als Karl V. waren gleich brav. Nur
fehlte dem Ersteren ein genügender Anflug von Poesie und Roman¬
tik, welcher ein dem Egmont verwandter Charakter wohl mitbrin¬
gen dürfte, und dem Letzteren der vollkommene Ausdruck eherner Ma¬
jestät und imponirender Herrfcherhoheit. -- Zwischen dem Stadt- und
Thaliatheater sind in auswärtigen Blattern sehr überflüssige und wi¬
derwärtige Awistigkeiten ausgebrochen, welche bereits in llicu ein Jour¬
nal- und Broschüren-Echo fanden und weiter führen könnten, als
beiden Parteien lieb sein dürfte.


IV.
Aus Berlin.

Leipziger Meßfremde in Berlin. -- Königliches Jndustriefest in Potsdam. --
Herr von Falckenstein. -- "Ein Glaubensbekenntnis!" vonFreiliarath. --Spon-
rini und das neue Opernhaus. -- Die Berichtigung des Herrn Prof. Gubitz.

Noch immer dauern die Festtage der Industrie fort; die Leipzi¬
ger Messe findet zum Theil in Berlin statt, indem fast sämmtliche
Meßfremde die kurze Fahrt auf der Eisenbahn hierher unternehmen,
um sich die Herrlichkeiten der GeWerbeausstellung und nebenbei auch
die Kunstausstellung, den neuen zoologischen Garten, das Museum
und die Theater anzusehen. Fast an allen Orten begegnet man' jetzt
fremden Gesichtern, und für einheimische Berliner ist in den hiesigen
kleineren Schauspielhäusern kaum mehr ein Platz zu erlangen, da die
vollgepropften Gasthöfe schon im Voraus die Logen und das Parquet
in Beschlag zu nehmen pflegen. Wenn das so fortgeht, wenn immer
neue Gäste ankommen und nur wenige abreisen, weil die meisten dle


Versuch gemacht, so viel ich weiß. Das Absurde jenes Verlangens
darzuthun, ist sicher unnöthig! Hätte sich aber Therese die Dudevam
wirklich zum Vorbild und leuchtenden Muster gewählt, so würde sie
dennoch wohl die thatsächliche Emancipation auf eigene Hand, im
weitesten Sinne des Wortes, davon ausgeschlossen haben. Uebrigens
hat sie, wie ich auf Ehrenwort versichern kann, keine Ahnung von der
Einsendung dieser Zeilen."

„Moritz von Sachsen hat bei uns kein Glück gemacht. Die
Kritik applaudirt, ganz wie das Publicum, nur bedingungsweise, und
mehr der subjectiven Gesinnung des Dichters, als ihrem kunstgerech¬
ten Verschmelzen mit seinen dramatischen Charakteren, denen wirklich
die tönendsten Phrasen wie coquettirende Schminkpflästerchen aufgeklebt
scheinen. Prutz hat ein ganzes Feuerwerk freisinniger Redensarten
verkrallt und verpufft, aber das Alles läßt keinen nachhaltigen Ein¬
druck zurück. Wundern mußt' ich mich übrigens hinsichtlich der schnel¬
len Auffassung und des vollstimmiger Applauses, welcher jenen kecken
Schlagwörtern auch bei unserem mercantilischen Publicum geworden.
Baison als Moritz und Grunert als Karl V. waren gleich brav. Nur
fehlte dem Ersteren ein genügender Anflug von Poesie und Roman¬
tik, welcher ein dem Egmont verwandter Charakter wohl mitbrin¬
gen dürfte, und dem Letzteren der vollkommene Ausdruck eherner Ma¬
jestät und imponirender Herrfcherhoheit. — Zwischen dem Stadt- und
Thaliatheater sind in auswärtigen Blattern sehr überflüssige und wi¬
derwärtige Awistigkeiten ausgebrochen, welche bereits in llicu ein Jour¬
nal- und Broschüren-Echo fanden und weiter führen könnten, als
beiden Parteien lieb sein dürfte.


IV.
Aus Berlin.

Leipziger Meßfremde in Berlin. — Königliches Jndustriefest in Potsdam. —
Herr von Falckenstein. — „Ein Glaubensbekenntnis!" vonFreiliarath. —Spon-
rini und das neue Opernhaus. — Die Berichtigung des Herrn Prof. Gubitz.

Noch immer dauern die Festtage der Industrie fort; die Leipzi¬
ger Messe findet zum Theil in Berlin statt, indem fast sämmtliche
Meßfremde die kurze Fahrt auf der Eisenbahn hierher unternehmen,
um sich die Herrlichkeiten der GeWerbeausstellung und nebenbei auch
die Kunstausstellung, den neuen zoologischen Garten, das Museum
und die Theater anzusehen. Fast an allen Orten begegnet man' jetzt
fremden Gesichtern, und für einheimische Berliner ist in den hiesigen
kleineren Schauspielhäusern kaum mehr ein Platz zu erlangen, da die
vollgepropften Gasthöfe schon im Voraus die Logen und das Parquet
in Beschlag zu nehmen pflegen. Wenn das so fortgeht, wenn immer
neue Gäste ankommen und nur wenige abreisen, weil die meisten dle


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/140>, abgerufen am 05.12.2024.