Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.vinzm, in deren Gebiet die Besitzung gehört; Trieft, der Hauptsitz In der Nähe von den beiden Villen Elisa und Vicentina spricht DaS Meer, welches sich von der illyrischen Küste zurückzieht, Von dem uralten hohen Campanile aus überschauten wir das Die Grafen Cassis -- egyptisch-koptischen Ursprungs -- kamen vinzm, in deren Gebiet die Besitzung gehört; Trieft, der Hauptsitz In der Nähe von den beiden Villen Elisa und Vicentina spricht DaS Meer, welches sich von der illyrischen Küste zurückzieht, Von dem uralten hohen Campanile aus überschauten wir das Die Grafen Cassis — egyptisch-koptischen Ursprungs — kamen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0086" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180645"/> <p xml:id="ID_182" prev="#ID_181"> vinzm, in deren Gebiet die Besitzung gehört; Trieft, der Hauptsitz<lb/> ihres Gouvernements, liegt acht und zwanzig Miglien weiter, Udine<lb/> zehn, Görz, wo die verbannte ältere Linie der Bourbonen lebt, acht,<lb/> Aquileja fünf, die nächste Poststation auf der großen Straße nach Wien<lb/> heißt Romans.</p><lb/> <p xml:id="ID_183"> In der Nähe von den beiden Villen Elisa und Vicentina spricht<lb/> man noch ein etwas corrumpirtes Italienisch, da die Einwohner, wie<lb/> der Name besagt, italienische Colonisten sind; in geringer Entfer¬<lb/> nung aber ist Alles slavisch. Was einen saubern Tuchrock trägt,<lb/> spricht auch schlecht oder gut Deutsch. Deutsch und Italienisch sind<lb/> die Sprachen der Regierung, der Herrschaft, der Bildung und des<lb/> Progresses!</p><lb/> <p xml:id="ID_184"> DaS Meer, welches sich von der illyrischen Küste zurückzieht,<lb/> hat Moräste hinterlassen, die vier bis fünf Miglien von Villa-Elisa<lb/> beginnen, von Aquileja, sonst ein Seehafen, ist es jetzt mehrere Mig¬<lb/> lien entfernt, und Malaria herrscht in der ehemals so glänzenden Stadt,<lb/> dem Sitz eines Patriarchats, der ehemaligen römischen Kolonie und<lb/> Hauptstadt der Venetier. Die Jämmerlichkeit deS jetzigen Aquileja<lb/> mit tausend fünfhundert Einwohnern und einem armen Pfarrer, der<lb/> früher Caplan in Villa-Vicentina war, läßt sich gar nicht beschrei¬<lb/> ben, und das Einzige, was noch Zeugniß von der versunkenen Pracht<lb/> gibt, sind die römischen Münzen und Alterthümer, welche man fort-<lb/> während daselbst ausgräbt.</p><lb/> <p xml:id="ID_185"> Von dem uralten hohen Campanile aus überschauten wir das<lb/> weite Lagunenland, welches sich vor uns ausbreitete. Die Prinzessin<lb/> erzählte mir dabei, wie im Jahr 1815 ihr Oheim, der einstige König<lb/> von Westphalen, sich hier ankaufen gewollt und die Unterhandlungen<lb/> mit dem Grafen Cassis, dem fast ganz Aquileja nebst dessen Gebiet<lb/> gehört, bereits dem Abschlüsse nahe gewesen. Auch die österreichische<lb/> Regierung begünstigte dies Project und wollte dem ehemaligen König<lb/> den Titel eines Herzogs von Aquileja ertheilen, als die Rückkehr<lb/> Napoleons von Elba Alles wieder über den Haufen stürzte.</p><lb/> <p xml:id="ID_186" next="#ID_187"> Die Grafen Cassis — egyptisch-koptischen Ursprungs — kamen<lb/> unter Maria Theresia, vor einer Christenverfolgung fliehend, mit ih¬<lb/> ren Schätzen in den Hafen von Trieft und in's Land, sind aber seit¬<lb/> dem verarmt und immer verschuldeter geworden, so daß jetzt Advoca-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0086]
vinzm, in deren Gebiet die Besitzung gehört; Trieft, der Hauptsitz
ihres Gouvernements, liegt acht und zwanzig Miglien weiter, Udine
zehn, Görz, wo die verbannte ältere Linie der Bourbonen lebt, acht,
Aquileja fünf, die nächste Poststation auf der großen Straße nach Wien
heißt Romans.
In der Nähe von den beiden Villen Elisa und Vicentina spricht
man noch ein etwas corrumpirtes Italienisch, da die Einwohner, wie
der Name besagt, italienische Colonisten sind; in geringer Entfer¬
nung aber ist Alles slavisch. Was einen saubern Tuchrock trägt,
spricht auch schlecht oder gut Deutsch. Deutsch und Italienisch sind
die Sprachen der Regierung, der Herrschaft, der Bildung und des
Progresses!
DaS Meer, welches sich von der illyrischen Küste zurückzieht,
hat Moräste hinterlassen, die vier bis fünf Miglien von Villa-Elisa
beginnen, von Aquileja, sonst ein Seehafen, ist es jetzt mehrere Mig¬
lien entfernt, und Malaria herrscht in der ehemals so glänzenden Stadt,
dem Sitz eines Patriarchats, der ehemaligen römischen Kolonie und
Hauptstadt der Venetier. Die Jämmerlichkeit deS jetzigen Aquileja
mit tausend fünfhundert Einwohnern und einem armen Pfarrer, der
früher Caplan in Villa-Vicentina war, läßt sich gar nicht beschrei¬
ben, und das Einzige, was noch Zeugniß von der versunkenen Pracht
gibt, sind die römischen Münzen und Alterthümer, welche man fort-
während daselbst ausgräbt.
Von dem uralten hohen Campanile aus überschauten wir das
weite Lagunenland, welches sich vor uns ausbreitete. Die Prinzessin
erzählte mir dabei, wie im Jahr 1815 ihr Oheim, der einstige König
von Westphalen, sich hier ankaufen gewollt und die Unterhandlungen
mit dem Grafen Cassis, dem fast ganz Aquileja nebst dessen Gebiet
gehört, bereits dem Abschlüsse nahe gewesen. Auch die österreichische
Regierung begünstigte dies Project und wollte dem ehemaligen König
den Titel eines Herzogs von Aquileja ertheilen, als die Rückkehr
Napoleons von Elba Alles wieder über den Haufen stürzte.
Die Grafen Cassis — egyptisch-koptischen Ursprungs — kamen
unter Maria Theresia, vor einer Christenverfolgung fliehend, mit ih¬
ren Schätzen in den Hafen von Trieft und in's Land, sind aber seit¬
dem verarmt und immer verschuldeter geworden, so daß jetzt Advoca-
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