Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

den österreichischen Leopoldsorden zu verleihen geruhet. Was braucht
denn jeder Mensch zu wissen, warum? Ist es denn nothwendig, daß
Jedermann weiß, wie der neue Baron dem Staate durch Armeeliefe¬
rungen Millionen erspart, wie viel der neubeförderte Hofrath sein
Leben Bogen verschmiert, und daß der creirte Ordensritter einen ei¬
genhändigen Brief bei einem fremden Hofe übergeben und dabei noch
mündliche Empfehlungen und Grüße ausgerichtet hat. -- Ebenso
kann der Papst sich die Freude machen, Heilige zu ernennen, und
unsere Pflicht und Schuldigkeit ist, selbe anzubeten.


Lieutenant. Es ist wohl auch etwas von Wundern dabei
erwähnt,
Geistlicher. Glauben Sie, ich bin so dumm und weiß nicht,
daß Sie trotz Ihres affectirter Ernstes nur spotten? Sie haben erst
neulich behauptet, daß es gar keine Wunder gibt! --
Lieutenant. Damals habe ich vergessen, beizufügen, daß ich
doch Ein Wunder glaube!
Geistlicher. Welches denn?
Lieutenant. Daß Sie, geistlicher Herr, ein geistlicher Herr
sind; denn dieses ist gewiß ein größeres Wunder, als der heilige
Gandulphi an seiner Frau bewirkt hat.
Adjutant (zum Lieutenant). Ich glaube, Bruder, daß dieses
gerade kein Wunder ist; denn, was wäre er denn, wenn er nicht
geistlicher Herr wäre? Zum Arbeiten ist er zu schwach, zum Solda-
datcn zu klein; gelernt hat er Nichts, also mußte er ja geistlicher Herr
werden, und wenn er in seinem Streben nach höherer Ausbildung
ausharrt, so prophezeihe ich ihm, daß er noch ein Bischof von So¬
doma und Gomora in imrtilnis iiisulvllum wird.
Hauptmann. Lassen wir diese Discurse bei Seite! Wir
haben uns bisher recht gut unterhalten! (zum Lieutenant.) Sie hät¬
ten mit Ihrer Weisheit auch wo anders hingehen können, ohne uns
hier in unserer Unterhaltung zu stören. Sie haben, scheint mir, viel
gelesen und das Schlechteste davon behalte".


den österreichischen Leopoldsorden zu verleihen geruhet. Was braucht
denn jeder Mensch zu wissen, warum? Ist es denn nothwendig, daß
Jedermann weiß, wie der neue Baron dem Staate durch Armeeliefe¬
rungen Millionen erspart, wie viel der neubeförderte Hofrath sein
Leben Bogen verschmiert, und daß der creirte Ordensritter einen ei¬
genhändigen Brief bei einem fremden Hofe übergeben und dabei noch
mündliche Empfehlungen und Grüße ausgerichtet hat. — Ebenso
kann der Papst sich die Freude machen, Heilige zu ernennen, und
unsere Pflicht und Schuldigkeit ist, selbe anzubeten.


Lieutenant. Es ist wohl auch etwas von Wundern dabei
erwähnt,
Geistlicher. Glauben Sie, ich bin so dumm und weiß nicht,
daß Sie trotz Ihres affectirter Ernstes nur spotten? Sie haben erst
neulich behauptet, daß es gar keine Wunder gibt! —
Lieutenant. Damals habe ich vergessen, beizufügen, daß ich
doch Ein Wunder glaube!
Geistlicher. Welches denn?
Lieutenant. Daß Sie, geistlicher Herr, ein geistlicher Herr
sind; denn dieses ist gewiß ein größeres Wunder, als der heilige
Gandulphi an seiner Frau bewirkt hat.
Adjutant (zum Lieutenant). Ich glaube, Bruder, daß dieses
gerade kein Wunder ist; denn, was wäre er denn, wenn er nicht
geistlicher Herr wäre? Zum Arbeiten ist er zu schwach, zum Solda-
datcn zu klein; gelernt hat er Nichts, also mußte er ja geistlicher Herr
werden, und wenn er in seinem Streben nach höherer Ausbildung
ausharrt, so prophezeihe ich ihm, daß er noch ein Bischof von So¬
doma und Gomora in imrtilnis iiisulvllum wird.
Hauptmann. Lassen wir diese Discurse bei Seite! Wir
haben uns bisher recht gut unterhalten! (zum Lieutenant.) Sie hät¬
ten mit Ihrer Weisheit auch wo anders hingehen können, ohne uns
hier in unserer Unterhaltung zu stören. Sie haben, scheint mir, viel
gelesen und das Schlechteste davon behalte».


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0612" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181171"/>
            <p xml:id="ID_1527" prev="#ID_1526"> den österreichischen Leopoldsorden zu verleihen geruhet. Was braucht<lb/>
denn jeder Mensch zu wissen, warum? Ist es denn nothwendig, daß<lb/>
Jedermann weiß, wie der neue Baron dem Staate durch Armeeliefe¬<lb/>
rungen Millionen erspart, wie viel der neubeförderte Hofrath sein<lb/>
Leben Bogen verschmiert, und daß der creirte Ordensritter einen ei¬<lb/>
genhändigen Brief bei einem fremden Hofe übergeben und dabei noch<lb/>
mündliche Empfehlungen und Grüße ausgerichtet hat. &#x2014; Ebenso<lb/>
kann der Papst sich die Freude machen, Heilige zu ernennen, und<lb/>
unsere Pflicht und Schuldigkeit ist, selbe anzubeten.</p><lb/>
            <note type="speaker"> Lieutenant. Es ist wohl auch etwas von Wundern dabei<lb/>
erwähnt,</note><lb/>
            <note type="speaker"> Geistlicher. Glauben Sie, ich bin so dumm und weiß nicht,<lb/>
daß Sie trotz Ihres affectirter Ernstes nur spotten? Sie haben erst<lb/>
neulich behauptet, daß es gar keine Wunder gibt! &#x2014;</note><lb/>
            <note type="speaker"> Lieutenant. Damals habe ich vergessen, beizufügen, daß ich<lb/>
doch Ein Wunder glaube!</note><lb/>
            <note type="speaker"> Geistlicher. Welches denn?</note><lb/>
            <note type="speaker"> Lieutenant. Daß Sie, geistlicher Herr, ein geistlicher Herr<lb/>
sind; denn dieses ist gewiß ein größeres Wunder, als der heilige<lb/>
Gandulphi an seiner Frau bewirkt hat.</note><lb/>
            <note type="speaker"> Adjutant (zum Lieutenant). Ich glaube, Bruder, daß dieses<lb/>
gerade kein Wunder ist; denn, was wäre er denn, wenn er nicht<lb/>
geistlicher Herr wäre? Zum Arbeiten ist er zu schwach, zum Solda-<lb/>
datcn zu klein; gelernt hat er Nichts, also mußte er ja geistlicher Herr<lb/>
werden, und wenn er in seinem Streben nach höherer Ausbildung<lb/>
ausharrt, so prophezeihe ich ihm, daß er noch ein Bischof von So¬<lb/>
doma und Gomora in imrtilnis iiisulvllum wird.</note><lb/>
            <note type="speaker"> Hauptmann. Lassen wir diese Discurse bei Seite! Wir<lb/>
haben uns bisher recht gut unterhalten! (zum Lieutenant.) Sie hät¬<lb/>
ten mit Ihrer Weisheit auch wo anders hingehen können, ohne uns<lb/>
hier in unserer Unterhaltung zu stören. Sie haben, scheint mir, viel<lb/>
gelesen und das Schlechteste davon behalte».</note><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0612] den österreichischen Leopoldsorden zu verleihen geruhet. Was braucht denn jeder Mensch zu wissen, warum? Ist es denn nothwendig, daß Jedermann weiß, wie der neue Baron dem Staate durch Armeeliefe¬ rungen Millionen erspart, wie viel der neubeförderte Hofrath sein Leben Bogen verschmiert, und daß der creirte Ordensritter einen ei¬ genhändigen Brief bei einem fremden Hofe übergeben und dabei noch mündliche Empfehlungen und Grüße ausgerichtet hat. — Ebenso kann der Papst sich die Freude machen, Heilige zu ernennen, und unsere Pflicht und Schuldigkeit ist, selbe anzubeten. Lieutenant. Es ist wohl auch etwas von Wundern dabei erwähnt, Geistlicher. Glauben Sie, ich bin so dumm und weiß nicht, daß Sie trotz Ihres affectirter Ernstes nur spotten? Sie haben erst neulich behauptet, daß es gar keine Wunder gibt! — Lieutenant. Damals habe ich vergessen, beizufügen, daß ich doch Ein Wunder glaube! Geistlicher. Welches denn? Lieutenant. Daß Sie, geistlicher Herr, ein geistlicher Herr sind; denn dieses ist gewiß ein größeres Wunder, als der heilige Gandulphi an seiner Frau bewirkt hat. Adjutant (zum Lieutenant). Ich glaube, Bruder, daß dieses gerade kein Wunder ist; denn, was wäre er denn, wenn er nicht geistlicher Herr wäre? Zum Arbeiten ist er zu schwach, zum Solda- datcn zu klein; gelernt hat er Nichts, also mußte er ja geistlicher Herr werden, und wenn er in seinem Streben nach höherer Ausbildung ausharrt, so prophezeihe ich ihm, daß er noch ein Bischof von So¬ doma und Gomora in imrtilnis iiisulvllum wird. Hauptmann. Lassen wir diese Discurse bei Seite! Wir haben uns bisher recht gut unterhalten! (zum Lieutenant.) Sie hät¬ ten mit Ihrer Weisheit auch wo anders hingehen können, ohne uns hier in unserer Unterhaltung zu stören. Sie haben, scheint mir, viel gelesen und das Schlechteste davon behalte».

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/612
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/612>, abgerufen am 23.12.2024.