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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Georg in Verzweiflung und vermaß sich hoch und theuer, er wolle
sich auf der Stelle, wo er Laura zuerst gesehen, in das Meer stürzen
und der Welt Adje sagen, wenn seine Geliebte eines Andern Weib
werden sollte.'

Da schüttelte der Wale den Kopf, denn Georgs Leid ging ihm
sehr zu Herzen, und doch sah er nicht, wie er ihm helfen konnte.
Endlich fragte er: Weiß eS denn das Mädchen, daß Du sie liebst?

-- Ach, entgegnete Georg, als ich sie sah, sah sie mich; ich
wurde roth, sie wurde roth; ich schenkte ihr eine Kette, sie schenkte
mir eine Kette, und seitdem lieben wir uns, und sie mag auch keinen
Andern, als mich!

-- Eine schöne Geschichte! murmelte der Kaufherr in den Bart,
legte die Stirn an die Fensterscheiben und starrte hinaus auf die
Stadt. Georg stand unterdessen da, wie ein armer Sünder.

Endlich kehrte der Wale sich um, gab Georg die Hand und
sagte: Lieber Sohn, ich habe noch eine schwache Hoffnung, Dich an
das Ziel Deiner Wünsche zu führen. Fasse jetzt Muth und vertraue
mir! Liebt Dich das Mädchen wirklich, so kann vielleicht noch Alles
gut werden!

Das war Balsam auf das kranke Herz unseres guten Georg,
und getröstet ging er von dannen. Als er aus dem Cabinet und
in sein Zimmer kam, sand er Laura's Bruder, der gekommen war,
ihn zu einer Spazierfahrt abzuholen. Der schüttelte über Georg's
Aussehen den Kopf, sagte aber kein Wort. Doch als sie in ihrer
Gondel, die derselbe Schiffer führte, welcher den Mordversuch gemacht
hatte, zwischen all den hundert Barken, die schöne Frauen und schmucke
junge Männer trugen, zwischen den jodelnden Fischern und den lau¬
tenschlagenden Liebhabern umherfuhren, so fragte endlich der junge
Venetianer: Aber Georg, wie kommst Du mir vor, was ist Dir
widerfahren?

Da stürzte der Freund schluchzend an seine Brust und rief: Vei>
zeihe mir, daß ich ein Geheimniß so lange Dir vorenthalten habe;
ich muß eS Dir aber endlich sagen, aus die Gefahr hin, daß Du die
Freundschaft mit mir abbrichst!

-- Georg, sagte der Venetianer, Du hast mir das Leben ge¬
rettet, und ich werde ewig Dein Schuldner bleibt n. Vertraue mir
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Georg in Verzweiflung und vermaß sich hoch und theuer, er wolle
sich auf der Stelle, wo er Laura zuerst gesehen, in das Meer stürzen
und der Welt Adje sagen, wenn seine Geliebte eines Andern Weib
werden sollte.'

Da schüttelte der Wale den Kopf, denn Georgs Leid ging ihm
sehr zu Herzen, und doch sah er nicht, wie er ihm helfen konnte.
Endlich fragte er: Weiß eS denn das Mädchen, daß Du sie liebst?

— Ach, entgegnete Georg, als ich sie sah, sah sie mich; ich
wurde roth, sie wurde roth; ich schenkte ihr eine Kette, sie schenkte
mir eine Kette, und seitdem lieben wir uns, und sie mag auch keinen
Andern, als mich!

— Eine schöne Geschichte! murmelte der Kaufherr in den Bart,
legte die Stirn an die Fensterscheiben und starrte hinaus auf die
Stadt. Georg stand unterdessen da, wie ein armer Sünder.

Endlich kehrte der Wale sich um, gab Georg die Hand und
sagte: Lieber Sohn, ich habe noch eine schwache Hoffnung, Dich an
das Ziel Deiner Wünsche zu führen. Fasse jetzt Muth und vertraue
mir! Liebt Dich das Mädchen wirklich, so kann vielleicht noch Alles
gut werden!

Das war Balsam auf das kranke Herz unseres guten Georg,
und getröstet ging er von dannen. Als er aus dem Cabinet und
in sein Zimmer kam, sand er Laura's Bruder, der gekommen war,
ihn zu einer Spazierfahrt abzuholen. Der schüttelte über Georg's
Aussehen den Kopf, sagte aber kein Wort. Doch als sie in ihrer
Gondel, die derselbe Schiffer führte, welcher den Mordversuch gemacht
hatte, zwischen all den hundert Barken, die schöne Frauen und schmucke
junge Männer trugen, zwischen den jodelnden Fischern und den lau¬
tenschlagenden Liebhabern umherfuhren, so fragte endlich der junge
Venetianer: Aber Georg, wie kommst Du mir vor, was ist Dir
widerfahren?

Da stürzte der Freund schluchzend an seine Brust und rief: Vei>
zeihe mir, daß ich ein Geheimniß so lange Dir vorenthalten habe;
ich muß eS Dir aber endlich sagen, aus die Gefahr hin, daß Du die
Freundschaft mit mir abbrichst!

— Georg, sagte der Venetianer, Du hast mir das Leben ge¬
rettet, und ich werde ewig Dein Schuldner bleibt n. Vertraue mir
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[0589] Georg in Verzweiflung und vermaß sich hoch und theuer, er wolle sich auf der Stelle, wo er Laura zuerst gesehen, in das Meer stürzen und der Welt Adje sagen, wenn seine Geliebte eines Andern Weib werden sollte.' Da schüttelte der Wale den Kopf, denn Georgs Leid ging ihm sehr zu Herzen, und doch sah er nicht, wie er ihm helfen konnte. Endlich fragte er: Weiß eS denn das Mädchen, daß Du sie liebst? — Ach, entgegnete Georg, als ich sie sah, sah sie mich; ich wurde roth, sie wurde roth; ich schenkte ihr eine Kette, sie schenkte mir eine Kette, und seitdem lieben wir uns, und sie mag auch keinen Andern, als mich! — Eine schöne Geschichte! murmelte der Kaufherr in den Bart, legte die Stirn an die Fensterscheiben und starrte hinaus auf die Stadt. Georg stand unterdessen da, wie ein armer Sünder. Endlich kehrte der Wale sich um, gab Georg die Hand und sagte: Lieber Sohn, ich habe noch eine schwache Hoffnung, Dich an das Ziel Deiner Wünsche zu führen. Fasse jetzt Muth und vertraue mir! Liebt Dich das Mädchen wirklich, so kann vielleicht noch Alles gut werden! Das war Balsam auf das kranke Herz unseres guten Georg, und getröstet ging er von dannen. Als er aus dem Cabinet und in sein Zimmer kam, sand er Laura's Bruder, der gekommen war, ihn zu einer Spazierfahrt abzuholen. Der schüttelte über Georg's Aussehen den Kopf, sagte aber kein Wort. Doch als sie in ihrer Gondel, die derselbe Schiffer führte, welcher den Mordversuch gemacht hatte, zwischen all den hundert Barken, die schöne Frauen und schmucke junge Männer trugen, zwischen den jodelnden Fischern und den lau¬ tenschlagenden Liebhabern umherfuhren, so fragte endlich der junge Venetianer: Aber Georg, wie kommst Du mir vor, was ist Dir widerfahren? Da stürzte der Freund schluchzend an seine Brust und rief: Vei> zeihe mir, daß ich ein Geheimniß so lange Dir vorenthalten habe; ich muß eS Dir aber endlich sagen, aus die Gefahr hin, daß Du die Freundschaft mit mir abbrichst! — Georg, sagte der Venetianer, Du hast mir das Leben ge¬ rettet, und ich werde ewig Dein Schuldner bleibt n. Vertraue mir jchjn scM n?'? nM?« 'et'M !eng?jZ n; WnlMs.'M ,,1 MW,?!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/589>, abgerufen am 23.12.2024.