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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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und habe sich durch dieses Monument an Kaiser Franz rächen wol-
len, wenn der Meister nicht Orden trüge. -- Auch wenn eS an politischen
Gründen fehlt, scheut man sich nicht, Ausländer dem Heimischen vorzu¬
ziehen. -- So gab man vor Kurzem mit Uebergehung der vater¬
ländischen Künstler einem berühmten Münchner den Auftrag, die
Statue für einen neuen Brunnen auf der Freiung zu fertigen. Die
Strafe folgte auf dem Fuß. Der berühmte Münchner schickte die
geschmackloseste Composition ein. --- Wenn ein Weiser fehlt, fehlt er
recht, heißt es im Sprichwort. -- Aber der Contract war geschlos¬
sen, und die hiesigen Künstler weinen mit dem einen Auge, während
sie mit dem andern schadenfroh und spöttisch zwinkern. -- Wo soll
den Zurückgesetzten der Muth herkommen, woher die Begeisterung?
Der schöne Quell nationaler Inspiration wird ihnen ja auf diese
Weise nur verbittert, und unsere Kunst ist noch zu schwach, zu arm,
als daß sie auf eigene Faust keck und frei in die Welt greifen und sich
um keine ihrer Umgebungen kümmern könnte. -- Sie geht noch im¬
mer nach Brod und wird wohl noch lange darnach gehen. Die
Details der Ausstellung beweisen das.

Wie dem Dichter, der ein gesetzmäßiger Oesterreich"? bleiben
will, Nichts als die Lyrik, so bleibt dem österreichischen Maler Nichts
als die Natur im engsten, äußerlichsten Sinne des Wortes. Die
Geschichte muß ihm verschlossen bleiben, denn über den Pinsel wie
über die Feder wacht die Alles schwarz sehende Censur. -- Wir
werden nie Historienmaler haben, wie wir keine Geschichtsschreiber
besitzen. So kommt es, daß die Landschaftsmalern eine ungeheure
Ausdehnung gewonnen, die noch größer werden konnte, wenn ihr
nicht der beschränkte patriotische Sinn der Oesterreicher im Wege
stünde. Steiermark, Ober-Oesterreich, Tyrol sind ewige Quellen, aus
denen sie schöpft; zum Glück gehört nun auch der Lombardische Gar¬
ten zu Oesterreich, und unsere Maler sind glücklich, auch dahin manch¬
mal einen Ausflug machen zu dürfen, ohne die schwarz und gelben
Schranken zu überschreiten. Dieser Localpatriotismus aber ist die
Ursache der unendlichsten Monotonie: die Herren Teid, Gauermann,
Hannußk, Schödelberger, Steinfeld sind immer und ewig dieselben.
Gauermann fühlt das und blieb von der diesjährigen Ausstellung weg,
er, der doch noch der angenehmste, poetischste von Allen war. -- Beim


und habe sich durch dieses Monument an Kaiser Franz rächen wol-
len, wenn der Meister nicht Orden trüge. — Auch wenn eS an politischen
Gründen fehlt, scheut man sich nicht, Ausländer dem Heimischen vorzu¬
ziehen. — So gab man vor Kurzem mit Uebergehung der vater¬
ländischen Künstler einem berühmten Münchner den Auftrag, die
Statue für einen neuen Brunnen auf der Freiung zu fertigen. Die
Strafe folgte auf dem Fuß. Der berühmte Münchner schickte die
geschmackloseste Composition ein. -— Wenn ein Weiser fehlt, fehlt er
recht, heißt es im Sprichwort. — Aber der Contract war geschlos¬
sen, und die hiesigen Künstler weinen mit dem einen Auge, während
sie mit dem andern schadenfroh und spöttisch zwinkern. — Wo soll
den Zurückgesetzten der Muth herkommen, woher die Begeisterung?
Der schöne Quell nationaler Inspiration wird ihnen ja auf diese
Weise nur verbittert, und unsere Kunst ist noch zu schwach, zu arm,
als daß sie auf eigene Faust keck und frei in die Welt greifen und sich
um keine ihrer Umgebungen kümmern könnte. — Sie geht noch im¬
mer nach Brod und wird wohl noch lange darnach gehen. Die
Details der Ausstellung beweisen das.

Wie dem Dichter, der ein gesetzmäßiger Oesterreich«? bleiben
will, Nichts als die Lyrik, so bleibt dem österreichischen Maler Nichts
als die Natur im engsten, äußerlichsten Sinne des Wortes. Die
Geschichte muß ihm verschlossen bleiben, denn über den Pinsel wie
über die Feder wacht die Alles schwarz sehende Censur. — Wir
werden nie Historienmaler haben, wie wir keine Geschichtsschreiber
besitzen. So kommt es, daß die Landschaftsmalern eine ungeheure
Ausdehnung gewonnen, die noch größer werden konnte, wenn ihr
nicht der beschränkte patriotische Sinn der Oesterreicher im Wege
stünde. Steiermark, Ober-Oesterreich, Tyrol sind ewige Quellen, aus
denen sie schöpft; zum Glück gehört nun auch der Lombardische Gar¬
ten zu Oesterreich, und unsere Maler sind glücklich, auch dahin manch¬
mal einen Ausflug machen zu dürfen, ohne die schwarz und gelben
Schranken zu überschreiten. Dieser Localpatriotismus aber ist die
Ursache der unendlichsten Monotonie: die Herren Teid, Gauermann,
Hannußk, Schödelberger, Steinfeld sind immer und ewig dieselben.
Gauermann fühlt das und blieb von der diesjährigen Ausstellung weg,
er, der doch noch der angenehmste, poetischste von Allen war. — Beim


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/58>, abgerufen am 23.12.2024.