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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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das Echo durch die Wälder hallen zu hören, man meint das Jo¬
deln ihrer Genossinnen zu vernehmen. -- Werden beide Gegensätze
so vertreten, da ist eS selbst Kunst zu entscheiden, welche schöner ist,
-- die gewaltige oder die liebliche Seite der Natur? -- Ein Bild
von LasynSki: Gustav Adolph empfiehlt seinen Ständen
bei seinem Abgang nach Deutschland seine Tochter Chri¬
stine, war schon auf der großen Ausstellung von 1842 und wurde
schon damals als ein Bild betrachtet, das weniger historisch sei,
als es einen historischen Moment zur Darstellung brächte.

Von historischen Bildern erinnern wir uns eine Semiramis,
der die Kunde deö Aufruhrs gebracht wird, von Köhler
gesehen zu haben; wir konnten eS leider nur einmal flüchtig sehen,
zählen es aber trotzdem zu den besten Bildern deö Salons. Ein
Bild von Blunck: Der Sonntag, muß rühmlichst erwähnt wer¬
den. Der Sonntag schwebt in der Figur eines Mädchens mit dem
Palmenzweige, von zwei Engeln begleitet, über die Erde. Die Zeich¬
nung hat jenen gräcivsen Charakter des Schwedens, (wohl zu Un¬
terscheiden vom Fliegen) den wir immer von Neuem bewundern
müssen. Und man ist überzeugt, daß solch ein Engel Frieden brin¬
gen muß. Er lächelt nicht, aber er ist so ruhig, daß es beruhigt,
ihn nur zu sehen. Eines der reizendsten Genrebilder ist das bekannte:
Die Rose von Sonderland. Wir hatten uns schon so oft an dem
Stück ergötzt, daß es uns eine angenehme Überraschung war, das
Bild selbst kennen zu lernen, in sein volles Leben hineinzuschauen.
Es will mir immer scheinen, als sei der Stich eines Bildes den" ge¬
lungenen Portrait eines Menschen zu vergleichen. Mag Beides noch
so schon sein, so ist es doch uicht Mensch, nicht Bild. Ein Mäd¬
chen, auf'S Meer blickend von Simonsen ist ein niedliches Bild,
obgleich eS zu einem empfindsam-lyrischen Genre gehört, das größten-
theils auf großen Ausstellungen so krank macht. Waldmüller hatte
ein zweites Bildchen dort: Ein Mädchen, zum Frohnleich-
nams fest geschmückt, das noch viel mehr gefallen haben würde,
wenn er ihm nicht selbst in seinem oben erwähnten Bilde einen mäch¬
tigen Rivalen zugegeben hätte. Ave Maria auf dem Starem-
berger See von Volker, konnte mit dem Bilde von Simonsen zu¬
sammengerannt werden, dessen Vortheile es hat, wie es seine Nach¬
theile besitzt. Baudin: Bettlerin mit ihrem Kinde, ist ein eigen-


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das Echo durch die Wälder hallen zu hören, man meint das Jo¬
deln ihrer Genossinnen zu vernehmen. — Werden beide Gegensätze
so vertreten, da ist eS selbst Kunst zu entscheiden, welche schöner ist,
— die gewaltige oder die liebliche Seite der Natur? — Ein Bild
von LasynSki: Gustav Adolph empfiehlt seinen Ständen
bei seinem Abgang nach Deutschland seine Tochter Chri¬
stine, war schon auf der großen Ausstellung von 1842 und wurde
schon damals als ein Bild betrachtet, das weniger historisch sei,
als es einen historischen Moment zur Darstellung brächte.

Von historischen Bildern erinnern wir uns eine Semiramis,
der die Kunde deö Aufruhrs gebracht wird, von Köhler
gesehen zu haben; wir konnten eS leider nur einmal flüchtig sehen,
zählen es aber trotzdem zu den besten Bildern deö Salons. Ein
Bild von Blunck: Der Sonntag, muß rühmlichst erwähnt wer¬
den. Der Sonntag schwebt in der Figur eines Mädchens mit dem
Palmenzweige, von zwei Engeln begleitet, über die Erde. Die Zeich¬
nung hat jenen gräcivsen Charakter des Schwedens, (wohl zu Un¬
terscheiden vom Fliegen) den wir immer von Neuem bewundern
müssen. Und man ist überzeugt, daß solch ein Engel Frieden brin¬
gen muß. Er lächelt nicht, aber er ist so ruhig, daß es beruhigt,
ihn nur zu sehen. Eines der reizendsten Genrebilder ist das bekannte:
Die Rose von Sonderland. Wir hatten uns schon so oft an dem
Stück ergötzt, daß es uns eine angenehme Überraschung war, das
Bild selbst kennen zu lernen, in sein volles Leben hineinzuschauen.
Es will mir immer scheinen, als sei der Stich eines Bildes den» ge¬
lungenen Portrait eines Menschen zu vergleichen. Mag Beides noch
so schon sein, so ist es doch uicht Mensch, nicht Bild. Ein Mäd¬
chen, auf'S Meer blickend von Simonsen ist ein niedliches Bild,
obgleich eS zu einem empfindsam-lyrischen Genre gehört, das größten-
theils auf großen Ausstellungen so krank macht. Waldmüller hatte
ein zweites Bildchen dort: Ein Mädchen, zum Frohnleich-
nams fest geschmückt, das noch viel mehr gefallen haben würde,
wenn er ihm nicht selbst in seinem oben erwähnten Bilde einen mäch¬
tigen Rivalen zugegeben hätte. Ave Maria auf dem Starem-
berger See von Volker, konnte mit dem Bilde von Simonsen zu¬
sammengerannt werden, dessen Vortheile es hat, wie es seine Nach¬
theile besitzt. Baudin: Bettlerin mit ihrem Kinde, ist ein eigen-


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[0579] das Echo durch die Wälder hallen zu hören, man meint das Jo¬ deln ihrer Genossinnen zu vernehmen. — Werden beide Gegensätze so vertreten, da ist eS selbst Kunst zu entscheiden, welche schöner ist, — die gewaltige oder die liebliche Seite der Natur? — Ein Bild von LasynSki: Gustav Adolph empfiehlt seinen Ständen bei seinem Abgang nach Deutschland seine Tochter Chri¬ stine, war schon auf der großen Ausstellung von 1842 und wurde schon damals als ein Bild betrachtet, das weniger historisch sei, als es einen historischen Moment zur Darstellung brächte. Von historischen Bildern erinnern wir uns eine Semiramis, der die Kunde deö Aufruhrs gebracht wird, von Köhler gesehen zu haben; wir konnten eS leider nur einmal flüchtig sehen, zählen es aber trotzdem zu den besten Bildern deö Salons. Ein Bild von Blunck: Der Sonntag, muß rühmlichst erwähnt wer¬ den. Der Sonntag schwebt in der Figur eines Mädchens mit dem Palmenzweige, von zwei Engeln begleitet, über die Erde. Die Zeich¬ nung hat jenen gräcivsen Charakter des Schwedens, (wohl zu Un¬ terscheiden vom Fliegen) den wir immer von Neuem bewundern müssen. Und man ist überzeugt, daß solch ein Engel Frieden brin¬ gen muß. Er lächelt nicht, aber er ist so ruhig, daß es beruhigt, ihn nur zu sehen. Eines der reizendsten Genrebilder ist das bekannte: Die Rose von Sonderland. Wir hatten uns schon so oft an dem Stück ergötzt, daß es uns eine angenehme Überraschung war, das Bild selbst kennen zu lernen, in sein volles Leben hineinzuschauen. Es will mir immer scheinen, als sei der Stich eines Bildes den» ge¬ lungenen Portrait eines Menschen zu vergleichen. Mag Beides noch so schon sein, so ist es doch uicht Mensch, nicht Bild. Ein Mäd¬ chen, auf'S Meer blickend von Simonsen ist ein niedliches Bild, obgleich eS zu einem empfindsam-lyrischen Genre gehört, das größten- theils auf großen Ausstellungen so krank macht. Waldmüller hatte ein zweites Bildchen dort: Ein Mädchen, zum Frohnleich- nams fest geschmückt, das noch viel mehr gefallen haben würde, wenn er ihm nicht selbst in seinem oben erwähnten Bilde einen mäch¬ tigen Rivalen zugegeben hätte. Ave Maria auf dem Starem- berger See von Volker, konnte mit dem Bilde von Simonsen zu¬ sammengerannt werden, dessen Vortheile es hat, wie es seine Nach¬ theile besitzt. Baudin: Bettlerin mit ihrem Kinde, ist ein eigen- 72 »

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/579>, abgerufen am 01.10.2024.