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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Darstellungsweise auch dem Laien ein großes und mannichfaltiges
Interesse bieten. Auch leben hier Sulpiz Boisserve, der das
schöne Prachtwerk über den Kölner Dom herausgab, Nagler, Ver¬
fasser des höchst fleißig gearbeiteten Künstlerlerikons und Andere.

Ich wende mich, als uns Allen näher liegend, zu der producti-
ven Literatur Münchens zurück. Sie wissen und mit Ihnen Europa,
daß der regierende König Baierns mit der Würde eines Herrschers
auch die eines lyrischen Dichters verbindet, weshalb die Franzosen
ihn auch den rin-noi-to nennen; auch unser Kronprinz hat in dem
Taschenbuche Charitas, welches ein Vereinigungspunkt der baierischen
Dichter und Novellisten zu werden versprach oder verspricht, wohllau¬
tende Gedichte veröffentlicht; endlich hat Maximilian, Herzog in
Baiern, unter dem Namen PHantasus mehrere Bändchen Novel¬
len, ein "Skizzenbuch" u. s. w. herausgegeben, die sich sowohl durch
leichte und gewandte Erzählungsgabe als durch einen fröhlichen Le¬
bensmuth vortheilhaft auszeichnen. Bekannt ist desselben hohen Ver¬
fassers recht interessante "Wanderung nach dem Orient im Jahre
1838" (München, 1839; zweite Auflage 1840).

Aus diesen über meine Kritik hinausreichenden hohen Sphären
lasse ich mich wieder herab und nenne Ihnen noch Guido Gör-
res, Sohn des berühmten I. I. von Görres, den Herausgeberund
Verfasser der mystisch tiefen "Marienlieder"; Aurbacher, bekannt
als sehr humoristischer Dichter des Schwanks von den sieben Schwa¬
ben; Steub, welcher erst ganz kürzlich ein sehr gelehrtes, aber auch
hypothescnreichcs Werk über die Verwandtschaft der rhätischen Sprache
mit der Etruskischen geschrieben hat. Ohne die Bedeutung und den
wissenschaftlichen Zweck dieses Buches zu verkennen, enthalte ich mich
doch jedes Urtheils, da ich von dem Rhätischen und Ezruskischen nicht
ein Wort verstehe, überhaupt auch zweifle, ob ich je in die Verlegen¬
heit kommen werde, mich mit einem Altrhätier oder AltetruSker in
deren Landessprache zu unterhalten. Dagegen habe ich Steub'ö frü¬
her erschienenen "Bilder aus Griechenland" ihrer Frische und Leben¬
digkeit, und theilweise selbst humoristischen Auffassung wegen in den
Blättern für literarische Unterhaltung zu loben Gelegenheit gehabt;
neulich aber mußte ich in einer im Morgenblatt mitgetheilten Cor-
respondenz aus München lesen, daß Steub "genial" sei. Gott be-
hüte uns vor unseren Freunden! Wie schwer.wird es von jetzt an


Darstellungsweise auch dem Laien ein großes und mannichfaltiges
Interesse bieten. Auch leben hier Sulpiz Boisserve, der das
schöne Prachtwerk über den Kölner Dom herausgab, Nagler, Ver¬
fasser des höchst fleißig gearbeiteten Künstlerlerikons und Andere.

Ich wende mich, als uns Allen näher liegend, zu der producti-
ven Literatur Münchens zurück. Sie wissen und mit Ihnen Europa,
daß der regierende König Baierns mit der Würde eines Herrschers
auch die eines lyrischen Dichters verbindet, weshalb die Franzosen
ihn auch den rin-noi-to nennen; auch unser Kronprinz hat in dem
Taschenbuche Charitas, welches ein Vereinigungspunkt der baierischen
Dichter und Novellisten zu werden versprach oder verspricht, wohllau¬
tende Gedichte veröffentlicht; endlich hat Maximilian, Herzog in
Baiern, unter dem Namen PHantasus mehrere Bändchen Novel¬
len, ein „Skizzenbuch" u. s. w. herausgegeben, die sich sowohl durch
leichte und gewandte Erzählungsgabe als durch einen fröhlichen Le¬
bensmuth vortheilhaft auszeichnen. Bekannt ist desselben hohen Ver¬
fassers recht interessante „Wanderung nach dem Orient im Jahre
1838" (München, 1839; zweite Auflage 1840).

Aus diesen über meine Kritik hinausreichenden hohen Sphären
lasse ich mich wieder herab und nenne Ihnen noch Guido Gör-
res, Sohn des berühmten I. I. von Görres, den Herausgeberund
Verfasser der mystisch tiefen „Marienlieder"; Aurbacher, bekannt
als sehr humoristischer Dichter des Schwanks von den sieben Schwa¬
ben; Steub, welcher erst ganz kürzlich ein sehr gelehrtes, aber auch
hypothescnreichcs Werk über die Verwandtschaft der rhätischen Sprache
mit der Etruskischen geschrieben hat. Ohne die Bedeutung und den
wissenschaftlichen Zweck dieses Buches zu verkennen, enthalte ich mich
doch jedes Urtheils, da ich von dem Rhätischen und Ezruskischen nicht
ein Wort verstehe, überhaupt auch zweifle, ob ich je in die Verlegen¬
heit kommen werde, mich mit einem Altrhätier oder AltetruSker in
deren Landessprache zu unterhalten. Dagegen habe ich Steub'ö frü¬
her erschienenen „Bilder aus Griechenland" ihrer Frische und Leben¬
digkeit, und theilweise selbst humoristischen Auffassung wegen in den
Blättern für literarische Unterhaltung zu loben Gelegenheit gehabt;
neulich aber mußte ich in einer im Morgenblatt mitgetheilten Cor-
respondenz aus München lesen, daß Steub „genial" sei. Gott be-
hüte uns vor unseren Freunden! Wie schwer.wird es von jetzt an


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[0558] Darstellungsweise auch dem Laien ein großes und mannichfaltiges Interesse bieten. Auch leben hier Sulpiz Boisserve, der das schöne Prachtwerk über den Kölner Dom herausgab, Nagler, Ver¬ fasser des höchst fleißig gearbeiteten Künstlerlerikons und Andere. Ich wende mich, als uns Allen näher liegend, zu der producti- ven Literatur Münchens zurück. Sie wissen und mit Ihnen Europa, daß der regierende König Baierns mit der Würde eines Herrschers auch die eines lyrischen Dichters verbindet, weshalb die Franzosen ihn auch den rin-noi-to nennen; auch unser Kronprinz hat in dem Taschenbuche Charitas, welches ein Vereinigungspunkt der baierischen Dichter und Novellisten zu werden versprach oder verspricht, wohllau¬ tende Gedichte veröffentlicht; endlich hat Maximilian, Herzog in Baiern, unter dem Namen PHantasus mehrere Bändchen Novel¬ len, ein „Skizzenbuch" u. s. w. herausgegeben, die sich sowohl durch leichte und gewandte Erzählungsgabe als durch einen fröhlichen Le¬ bensmuth vortheilhaft auszeichnen. Bekannt ist desselben hohen Ver¬ fassers recht interessante „Wanderung nach dem Orient im Jahre 1838" (München, 1839; zweite Auflage 1840). Aus diesen über meine Kritik hinausreichenden hohen Sphären lasse ich mich wieder herab und nenne Ihnen noch Guido Gör- res, Sohn des berühmten I. I. von Görres, den Herausgeberund Verfasser der mystisch tiefen „Marienlieder"; Aurbacher, bekannt als sehr humoristischer Dichter des Schwanks von den sieben Schwa¬ ben; Steub, welcher erst ganz kürzlich ein sehr gelehrtes, aber auch hypothescnreichcs Werk über die Verwandtschaft der rhätischen Sprache mit der Etruskischen geschrieben hat. Ohne die Bedeutung und den wissenschaftlichen Zweck dieses Buches zu verkennen, enthalte ich mich doch jedes Urtheils, da ich von dem Rhätischen und Ezruskischen nicht ein Wort verstehe, überhaupt auch zweifle, ob ich je in die Verlegen¬ heit kommen werde, mich mit einem Altrhätier oder AltetruSker in deren Landessprache zu unterhalten. Dagegen habe ich Steub'ö frü¬ her erschienenen „Bilder aus Griechenland" ihrer Frische und Leben¬ digkeit, und theilweise selbst humoristischen Auffassung wegen in den Blättern für literarische Unterhaltung zu loben Gelegenheit gehabt; neulich aber mußte ich in einer im Morgenblatt mitgetheilten Cor- respondenz aus München lesen, daß Steub „genial" sei. Gott be- hüte uns vor unseren Freunden! Wie schwer.wird es von jetzt an

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/558>, abgerufen am 23.12.2024.