Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.Verführerisches, was dem Beobachter die kleinste Stadteigenthümlich- Der bekannte dramatische Schriftsteller, F. v. Elsholtz, Ge¬ Verführerisches, was dem Beobachter die kleinste Stadteigenthümlich- Der bekannte dramatische Schriftsteller, F. v. Elsholtz, Ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0554" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181113"/> <p xml:id="ID_1354" prev="#ID_1353"> Verführerisches, was dem Beobachter die kleinste Stadteigenthümlich-<lb/> keil lieb und werth macht. Viele, welche ohne besonders günstige Erwar¬<lb/> tungen und nur eines temporären Aufenthalts wegen hierher kamen<lb/> und sich für Jahre, ja für die Dauer ihres Lebens hier fesseln ließen,<lb/> gestehen dies ein und zeugen dafür. Die eigentlich raisonnirfertigen<lb/> und vorzugsweise nach Außen lebenden Naturen werden in München<lb/> freilich den ihnen entsprechenden Boden nicht finden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1355" next="#ID_1356"> Der bekannte dramatische Schriftsteller, F. v. Elsholtz, Ge¬<lb/> schäftsträger mehrerer sächsischen Herzoge am königlich baierischen<lb/> Hofe, stiftete eine literarische Dienstagsgesellschaft, auch die Gesell-<lb/> schaft der Zwanglosen genannt, weil, wie Fernau bemerkt, „den<lb/> Mitgliedern auch Bier zu trinken und zu rauchen erlaubt ist". Ge¬<lb/> genwärtig versammelt sie sich in der Weinhandlung von Ott, früher<lb/> bei Junemann; ihre größeren Festschmäuse feiert sie zum Theil auf<lb/> der Menterschwaige. Sie ist keine speciell literarische Gesellschaft,<lb/> sondern hat auch viele nicht literarische Elemente in sich aufgenom¬<lb/> men, so daß sie, abgesehen von dem Vorlesen von Fest- und Gele¬<lb/> genheitsgedichten, als eine mehr gesellige Zusammenkunft zu betrach¬<lb/> ten ist. Mehrere ihrer liebenswürdigsten und belebend-belebtesten<lb/> Mitglieder hat sie bereits eingebüßt, so den edlen Freiherrn August<lb/> von Zu-Rhein, welcher seinem amtlichen Rufe nach Regensburg<lb/> gefolgt und ein freundlicher Liederdichter ist. Zugleich gehörte er zu<lb/> jenen einflußreichen Protectoren der Literatur, die in dem Kreise, auf<lb/> den sie wirken, geistiges Leben zu verbreiten und die vorhandenen<lb/> literarischen Kräfte anzuregen und zusammenzuhalten wissen. Gegen¬<lb/> wärtig werden derartiger Personen, welche mehr als Genießende an<lb/> der Literatur fördersam Theil nehmen, leider immer weniger. Ihm<lb/> an Gesinnung und redlichem Streben verwandt, zeigte sich Apol-<lb/> lonius von Maltitz, Verfasser mancher sinnvollen Gedichte, auch<lb/> als dramatischer Schriftsteller beachtenswert!), jetzt in Weimar. Beide<lb/> vertraten mit Ernst und Würde als Förderer und Patrone des<lb/> geistigen und literarischen Lebens die noble Richtung der älteren Adels¬<lb/> bildung. F. von Elsholtz, der eigentliche Stifter der Zwanglo¬<lb/> sen, residirt in seiner reizend am Starnberger See gelegenen Villa<lb/> und mag wohl schon deshalb nur noch selten an den Versammlungen<lb/> der Gesellschaft Theil nehmen. Stieglitz träumt über den Lagunen<lb/> Venedigs, Ehrenbaum, der Verfasser eines Romans: „Der Psy-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0554]
Verführerisches, was dem Beobachter die kleinste Stadteigenthümlich-
keil lieb und werth macht. Viele, welche ohne besonders günstige Erwar¬
tungen und nur eines temporären Aufenthalts wegen hierher kamen
und sich für Jahre, ja für die Dauer ihres Lebens hier fesseln ließen,
gestehen dies ein und zeugen dafür. Die eigentlich raisonnirfertigen
und vorzugsweise nach Außen lebenden Naturen werden in München
freilich den ihnen entsprechenden Boden nicht finden.
Der bekannte dramatische Schriftsteller, F. v. Elsholtz, Ge¬
schäftsträger mehrerer sächsischen Herzoge am königlich baierischen
Hofe, stiftete eine literarische Dienstagsgesellschaft, auch die Gesell-
schaft der Zwanglosen genannt, weil, wie Fernau bemerkt, „den
Mitgliedern auch Bier zu trinken und zu rauchen erlaubt ist". Ge¬
genwärtig versammelt sie sich in der Weinhandlung von Ott, früher
bei Junemann; ihre größeren Festschmäuse feiert sie zum Theil auf
der Menterschwaige. Sie ist keine speciell literarische Gesellschaft,
sondern hat auch viele nicht literarische Elemente in sich aufgenom¬
men, so daß sie, abgesehen von dem Vorlesen von Fest- und Gele¬
genheitsgedichten, als eine mehr gesellige Zusammenkunft zu betrach¬
ten ist. Mehrere ihrer liebenswürdigsten und belebend-belebtesten
Mitglieder hat sie bereits eingebüßt, so den edlen Freiherrn August
von Zu-Rhein, welcher seinem amtlichen Rufe nach Regensburg
gefolgt und ein freundlicher Liederdichter ist. Zugleich gehörte er zu
jenen einflußreichen Protectoren der Literatur, die in dem Kreise, auf
den sie wirken, geistiges Leben zu verbreiten und die vorhandenen
literarischen Kräfte anzuregen und zusammenzuhalten wissen. Gegen¬
wärtig werden derartiger Personen, welche mehr als Genießende an
der Literatur fördersam Theil nehmen, leider immer weniger. Ihm
an Gesinnung und redlichem Streben verwandt, zeigte sich Apol-
lonius von Maltitz, Verfasser mancher sinnvollen Gedichte, auch
als dramatischer Schriftsteller beachtenswert!), jetzt in Weimar. Beide
vertraten mit Ernst und Würde als Förderer und Patrone des
geistigen und literarischen Lebens die noble Richtung der älteren Adels¬
bildung. F. von Elsholtz, der eigentliche Stifter der Zwanglo¬
sen, residirt in seiner reizend am Starnberger See gelegenen Villa
und mag wohl schon deshalb nur noch selten an den Versammlungen
der Gesellschaft Theil nehmen. Stieglitz träumt über den Lagunen
Venedigs, Ehrenbaum, der Verfasser eines Romans: „Der Psy-
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